1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Dessau-Roßlau
  6. >
  7. Reaktionen zur Landtagswahl: Reaktionen zur Landtagswahl: Verschiebung der Kräfteverhältnisse in Dessau-Roßlau

Reaktionen zur Landtagswahl Reaktionen zur Landtagswahl: Verschiebung der Kräfteverhältnisse in Dessau-Roßlau

Von Steffen Brachert und Lisa Garn 14.03.2016, 09:31
Ralf Schönemann (linke) gratuliert Andreas Mrosek (AfD) zum Gewinn des Direktmandates im Wahlkreis 26.
Ralf Schönemann (linke) gratuliert Andreas Mrosek (AfD) zum Gewinn des Direktmandates im Wahlkreis 26. Lutz Sebastian

Dessau-Roßlau - Die Erschütterungen dieses Wahl-Sonntags haben im Dessauer Ratssaal für ungläubige Stille gesorgt. Als gegen 18.30 Uhr die ersten Ergebnisse auf der Leinwand sichtbar werden, gibt es Enttäuschung bei den Sozialdemokraten und den Linken und später einen kurzen Jubel bei der Alternative für Deutschland (AfD). Reiner Haseloff verteidigt sein Direktmandat im Dessau-Roßlau-Wittenberger Wahlkreis 27, muss aber Federn lassen. Sein CDU-Parteikollege Jens Kolze verliert den Wahlkreis 26 nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen an Andreas Mrosek (AfD).

Die Kräfteverhältnisse in der Stadt haben sich erheblich verschoben: Insbesondere die SPD und Die Linke müssen herbe Verluste einstecken. Die Christdemokraten verlieren ebenso Wähler, bleiben aber stärkste Kraft. Immerhin: Die Wahlbeteiligung in Dessau-Roßlau fällt höher als zur Landtagswahl 2011 aus (52,8 Prozent) und lag am Ende bei 61,8 Prozent.

Wahlkreis 26

Für Jens Kolze war es ein bitterer Abend. Dreimal hatte der CDU-Mann in den vergangenen Jahren das Direktmandat im Dessau-Roßlauer Wahlkreis 26 gewonnen. Diesmal fehlten ihm am Ende 160 Stimmen auf Andreas Mrosek, der mit 25,5 Prozent den Wahlkreis holte. Mrosek hatte mit einem guten Ergebnis gerechnet. „Die Bürger wollen eine Veränderung.“ Doch der Eindruck, dass die AfD monothematisch auf Flüchtlingspolitik setze, trüge. Es gebe weitere Themen wie „Wirtschaft, Sport und Innere Sicherheit“, so Mrosek. „Das ist das, was die Leute beschäftigt.“

Kolze holte 24,9 Prozent der Erststimmen - und wirkte enttäuscht. „Wir haben seinen sehr engagieren Wahlkampf geführt. Doch: Themen haben keine Rolle gespielt“, sagte der Politiker, der die Zweit-Stimmen-Kampagne seiner CDU kritisierte. „Dann denken manche eben, die Erststimme ist nicht so wichtig.“ Ob sein Listenplatz 14 für einen Wiedereinzug in den Landtag reicht, ist offen.

Ähnlich enttäuscht wie Kolze war sein ewiger Rivale Ralf Schönemann (Die Linke). Der holte zwar mit 23,2 Prozent der Erststimmen ein respektables Ergebnis. Schönemann zeigte sich am Wahlabend aber dennoch ernüchtert über das Abschneiden seiner Partei. „Das Thema Flüchtlingspolitik und die politische Verunsicherung hat alles überlagert. Und wir haben es nicht geschafft, die Bürger in diesen Fragen abzuholen.“ Dafür kassiere man nun die Quittung.

Wahlkreis 27

Im Wahlkreis 27 musste sich Ministerpräsident Reiner Haseloff überraschend lange der AfD-Konkurrentin Carola Marx erwehren. Stand 23.20 Uhr, als 57 von 58 Wahlkreisen ausgezählt waren, hatte Haseloff 32,9 Prozent, Marx kam auf 25,5 Prozent.

„Ich habe den Wahlkreis aller Voraussicht nach gewonnen und das war mir wichtig. Für mich ist die Verwurzelung in meiner Heimat wichtig. Das haben die Wähler offenkundig honoriert und dafür bin ich sehr dankbar“, sagte Haseloff. Bei der Landtagswahl 2011 hatte der Ministerpräsident mit 39,9 Prozent noch einen stattlichen Vorsprung vor seinem politischen Kontrahenten Frank Hoffmann (Die Linke) erzielt.

Hoffmann sprach am Sonntag von einer Protestwahl, die eine Zäsur für Sachsen-Anhalt bedeute. „Das Ergebnis ist die Bestätigung, dass das Thema Flüchtlinge alle anderen überdeckt hat. Es rächt sich nun, dass die Auseinandersetzung mit dem Programm der AfD nicht wirklich stattgefunden hat.“ Die AfD habe Ängste und Verunsicherung in der Bevölkerung geschürt und damit den Solidaritätsgedanken verdrängt. „Die Wähler haben der AfD nun ein Ticket ausgestellt, ohne zu wissen, wen sie da auf die Reise schicken. Aber sie hatten nicht den Mut, einer rot-rot-grünen Regierung die Chance für eine andere Politik zu geben. Das enttäuscht mich.“

Die Sozialdemokraten hatten mit Verlusten gerechnet. Für Holger Hövelmann war es dennoch „ein Ergebnis, das schmerzt“. „Ich bin entsetzt und enttäuscht über das Abschneiden der SPD insgesamt und auch über mein persönliches“, erklärte er. „Ich sorge mich um den weiteren Weg meiner Partei. Mit Blick auf das Abschneiden der AfD sorge ich mich aber auch um die Demokratie in unserem Land.“ (mz)

Darauf einen Siegersekt: Andreas Mrosek stößt mit AfD-Fraktionskollegin im Stadtrat Silke Benckenstein an.
Darauf einen Siegersekt: Andreas Mrosek stößt mit AfD-Fraktionskollegin im Stadtrat Silke Benckenstein an.
Lutz Sebastian
Punkt 18 Uhr: Im Rathaus werden unter Aufsicht von Wahlbezirksleiterin Katja Erxleben (hinten r.) die Wahlurnen geöffnet.
Punkt 18 Uhr: Im Rathaus werden unter Aufsicht von Wahlbezirksleiterin Katja Erxleben (hinten r.) die Wahlurnen geöffnet.
Lutz Sebastian