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RB-Leipzig-Testspiel in Dessau RB-Leipzig-Testspiel in Dessau: Hitlergruß gezeigt - Rechter Fan wird freigesprochen

Von Ullrich Kroemer 19.04.2018, 08:52
Der Angeklagte und sein Verteidiger
Der Angeklagte und sein Verteidiger Lutz Sebastian

Dessau - In der Fußballersprache nennt man das einen dreckigen Sieg. Juristen sprechen von einem Freispruch zweiter Klasse. Holger J., der vor dem Amtsgericht Dessau angeklagt war, am Rande des Fußball-Testspiels zwischen Dessau 05 und Bundesligist RB gleich zweimal den Hitlergruß gezeigt zu haben, wurde am Mittwoch überraschend freigesprochen.

Die Aussagen zweier Bereitschaftspolizisten, die J. am 14. Juli vorigen Jahres festgenommen und des Stadions verwiesen hatten, widersprachen sich, so dass die Beweislage nicht für eine Verurteilung ausreichte. „Das ist nicht das Einsehen Ihrer Unschuld, sondern Zweifel an Ihrer Schuld“, begründete der Richter das Urteil gegenüber Holger J.

Wie die Beamten beobachteten, hatte Holger J. - gedrungene Statur, Glatze, Tattoo bis zur Nackenfalte - mit einer Gruppe lautstark das Gelände des Dessauer Paul-Greifzu-Stadions betreten. Zum Teil seien die Anhänger „szenetypisch gekleidet, in Schwarz und mit schwarzen Fischerhüten“ gewesen.

Polizisten widersprechen sich in ihren Aussagen zum Hitlergruß

Von dem, was dann geschah, gibt es zwei unterschiedliche Versionen. Die Beamten bezeugten, dass J. auf dem Stadionvorplatz gleich zweimal hintereinander den Hitlergruß gezeigt haben soll. Daraufhin war der Mann aus Markkleeberg auf dem Weg auf die Ränge festgenommen, einem Alkoholtest unterzogen (1,3 Promille) und des Stadions verwiesen worden. Der Angeklagte erklärte hingegen, dass er nur Mitgliedern seiner Gruppe, die gerade vom Klo gekommen seien, zugewunken habe. Mit erhobenem rechten Arm, aber offener Hand.

Die beiden als Zeugen geladenen und mit Einsätzen bei Fußballspielen erfahrenen Polizisten waren sich sicher, dass es sich „eindeutig um einen Hitlergruß“ gehandelt habe. Das sei „definitiv kein Winken“ gewesen. Der Angeklagte habe dabei „Haltung angenommen“, so ein Beamter.

Doch was den genauen Ort und die Richtung des Grüßens angeht, widersprachen sich die Zeugen gegenseitig und den vorliegenden Berichten. Auch weil unklar blieb, welche Aussagen tatsächlich erinnert waren und welche aus den schriftlichen Aussagen der Beamten mit nahezu identischem Wortlaut stammten, musste die Staatsanwältin konstatieren: „Die Erinnerung der Polizeibeamten ist nicht in Einklang zu bringen. Auf dieser Beweislage kann ich die Einlassungen des Angeklagten nicht hinreichend widerlegen.“

Der Angeklagte gehörte zum Zeitpunkt der Tat der umstrittenen Leipziger Fangruppierung L.E. United an

Dass sich auch J. in Widersprüche verstrickte, plötzlich nicht mehr wusste, wer mit ihm auf dem Stadionvorplatz auf die Klogänger gewartet hatte, war hinfällig.

Der heute 47-Jährige gehörte zum Zeitpunkt der Tat der umstrittenen Leipziger Fangruppierung L.E. United (LEU) an. Die Gruppe hatte sich nach den Angriffen auf RB-Fans im vergangenen Jahr in Dortmund als wehrhafte Auswärtsgruppierung zusammengefunden, was in der sonst friedlichen und diskriminierungsarmen Leipziger Fanszene für Unruhe sorgt.

Unter den Mitgliedern von LEU waren und sind auch welche, die sich in sozialen Netzwerken fremdenfeindlich präsentieren. Auch auf J.'s Facebook-Profil finden sich unter anderem Likes für Seiten wie „Deutschland erhebe dich und wehre dich“ und „Wir wollen keinen Islam in Deutschland und Österreich“. RB Leipzig wollte sich auf MZ-Anfrage nicht zum aktuellen Fall und dem weiteren Umgang mit LEU äußern. (mz)