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Voluminöses Unbehagen Projekt Kristallpalast in der Kritik - „Wir haben das Baudezernat zu lange allein gelassen“

Die Freude über die geplante Kristallpalast-Investition ist nicht mehr ungetrübt. Die Stadtplaner Tom Fischer und Holger Schmidt erklärten dies am Samstag den Bürgern vor Ort.

Von Thomas Steinberg 21.06.2021, 15:13
Bürgerdialog zur Bebauung des Kristallpalastes mit Tom Fischer und Holger Schmidt
Bürgerdialog zur Bebauung des Kristallpalastes mit Tom Fischer und Holger Schmidt Foto:thomas ruttke

Dessau - Am Ende bleibt das Unbehagen. Es steht Wirtschaftsdezernent Robert Reck ebenso ins Gesicht geschrieben wie seinem Konkurrenten um den OB-Posten Eiko Adamek. Und der Vorgänger des einen oder des anderen, Ex-OB Hans-Georg Otto, konstatiert nüchtern: „Wir haben das Baudezernat zu lange allein gelassen.“

Der geplante Neubau eines Seniorenheimes in der Zerbster Straße ist ins Gerede geraten. Erreicht haben das Holger Schmidt und Tom Fischer. Beide sind Stadtplaner, beide Dessauer, beide lehren an der TU Kaiserslautern. Und sie haben ein 3-D-Modell gebaut, das anders als die Pläne auch Laien anschaulich zeigt, wie groß das Seniorenheim werden wird.

Fischer und Schmidt haben am Samstagnachmittag einen kleinen Stand gegenüber der Kristallpalast-Ruine aufgebaut. Trotz der Hitze kommen etwa 20 interessierte Dessauer. Vor deren Augen pflückt Schmidt einen DDR-typischen Plattenbau aus der Teichstraße und setzt diesen auf das geplante Gebäude – der Plattenbau wirkt in seiner Dimension geradezu bescheiden.

Fischer und Schmidt meinen: So geht das nicht. Rein rechtlich ist die Planung okay. Doch das Grundstück wird maximal ausgenutzt. Den künftigen Bewohnern bliebe wenig Freiraum, wer auf der Nordseite wohnt, schaut aufs sieben, acht Meter entfernte Parkhaus. Und die historische Fassade wird zwar wiederhergestellt, ist aber wirklich nicht mehr als das: Eine Fassade, nämlich eine Mauer mit Pultdach, von hinten abgestützt mit einer Stahlkonstruktion.

Modellskizze des geplanten Neubaus nach jetziger Planung
Modellskizze des geplanten Neubaus nach jetziger Planung
(Foto: Ruttke)

Volker Siewert, einer der Besucher des Standes, fürchtet: Wenn man jetzt nicht baue, werde wieder 20 Jahre nichts geschehen, der Kristallpalast Ruine bleiben. Schmidt und Fischer fürchten das nicht. Für das Seniorenheim könne die Stadt den Investoren ein anders Grundstück anbieten. Allein vier, sagt Fischer, ohne konkret zu werden, gebe es in der Nähe. So, wie jetzt geplant, ginge es auf keinen Fall. Der das Vorhaben betreuende Kollege im Stadtplanungsamt, so sein Urteil, „hat seinen Beruf verfehlt“.

Und was könnte statt eines Seniorenheimes am Ort des historischen Kristallpalastes entstehen? Schmidt und Fischer hielten die Verlegung der Musikschule in die Innenstadt für eine Option. Die allerdings hat erst 2005 einen neuen Standort im Akazienwäldchen bezogen.

Noch ist zum Kristallpalast-Projekt nichts endgültig entschieden. Noch bis zum 9. Juli können Bürgerinnen und Bürger Einwände erheben, und im September dürfte das Thema wieder beim Stadtrat und den Ausschüssen liegen. So wie es am Sonnabend klang, könnte es in den politischen Gremien einigen Gesprächsbedarf geben.