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Niedriger Elbestand Roßlauer Hafen  Niedriger Elbestand Roßlauer Hafen : Lkw ersetzen Schiffsverkehr

Von THOMAS Steinberg 18.02.2016, 08:49
Der Hafenkran „Fritz“ hofft auf mehr Wasser in der Elbe und einen größeren Bewegungsspielraum. Der Ausbau des Hafens ist geplant.
Der Hafenkran „Fritz“ hofft auf mehr Wasser in der Elbe und einen größeren Bewegungsspielraum. Der Ausbau des Hafens ist geplant. Thomas Ruttke

Roßlau - Der Verbund der Oberelbehäfen, zu denen der Industriehafen Roßlau gehört, hat 2015 das drittbeste Umschlagergebnis seit 1990 erreicht – trotz des seither niedrigstens Wasserstandes. „Ein Großteil der Güter ist auf den Lkw ausgewichen“, erklärte Gunto Möhrer, Chef des Roßlauer Hafens, das vermeintliche Paradoxon. Für den Standort Roßlau heißt das in Zahlen: von den insgesamt rund 430.000 umgeschlagenen Tonnen wurden 336.000 Tonnen und mithin 78 Prozent mit Lkw an- und abgefahren. Mit 45.000 beziehungsweise 48.000 Tonnen entfielen jeweils rund elf Prozent auf Binnenschiff und Bahn.

Umschlag über Schienen und Straßen

Trotz des Gesamtumschlages von 2,7 Millionen Tonnen in den sieben Häfen der Sächsischen Binnenhäfen Oberelbe GmbH (SBO) sprach deren Geschäftsführer Heiko Loroff von einem „sehr schwierigen Jahr“, da die Elbe an sieben Monaten nicht schiffbar war. In Dessau etwa fiel der Pegel bis auf 55 Zentimeter. Insgesamt, erklärte Klaus Kautz vom Wasser- und Schifffahrtsamt Dresden, habe die Elbe die niedrigsten Wasserstände seit 60 Jahren geführt.

Seit dem Hochwasser 2013 führt die Elbe beinahe durchgängig Niedrigwasser. Der mittlere Wasserstand von 2,27 Metern am Pegel Dessau wurde meistens unterschritten. Von Mitte Mai bis Dezember 2015 pendelte der Pegel bei Dessau-Roßlau um die Ein-Meter-Marke und lag häufig unter dieser – Schiffsverkehr ist damit vollkommen ausgeschlossen.

Erst Ende Dezember entspannte sich die Situation, der Pegel stieg auf über zwei Meter und lag am Mittwoch in Dessau bei knapp 2,80 Metern. (tst)

Die SBO-Häfen von Roßlau, Torgau, Mühlberg, Riesa, Dresden, Decin und Lovosice (die beiden letzteren befinden sich in Tschechien) haben sich der grundsätzlich schwierigen Situation auf der Elbe längst angepasst. „Deshalb ist der Begriff Hafen fast geschäftsschädigend“, sagte Mörer, assoziiert der doch vor allem Umschlag übers Wasser – während ein Großteil tatsächlich schon geraume Zeit über Schiene und Straße erfolgt.

In Sachsen haben die Häfen mit staatlicher Unterstützung während der letzten Jahre kräftig investiert. „Dem Kunden ist es egal, wie wir seine Ware transportieren, so lange wir zuverlässig sind“, so Loroff.

In Roßlau hingegen stehen Investitionen aus. Dessau-Roßlaus Oberbürgermeister Peter Kuras versprach am Mittwoch, dass Bewegung in die Sache komme. Der Förderbescheid des Landes liege vor, demnächst solle die Ausführungsplanung und Anfang 2017 mit dem Bau begonnen werden. Über zehn Millionen Euro werden investiert. Kuras pries den Hafen Roßlau als einen der wenigen Industriestandorte in Dessau-Roßlau an, der über freie Kapazitäten verfüge. „Wegen der Schutzgebiete rings um die Stadt haben wir sonst wenig Spielraum.“

Dass sich kurzfristig etwas an der Dominanz des Lkw etwas ändert, scheint ausgeschlossen. „Im Moment“, sagte Loroff, „brauchen wir da bloß auf die Preise an der Zapfsäule zu schauen.“ Zudem hätte die Unsicherheiten beim Elbeausbau dazu geführt, dass immer weniger Schiffe zur Verfügung stünden - „und über deren Alter müssen wir gar nicht erst reden“. Tschechien immerhin habe ein Programm zur Erneuerung der Antriebe aufgelegt. Die SBO selbst hat reagiert, mittlerweile zwei eigene Schiffe gechartert und einen Vertrag mit einem Hamburger Reeder geschlossen.

Jährlich neue Engstellen

Loroff kritisierte bei der Vorstellung der Geschäftszahlen, dass es seit 2002 kein festgesetztes Ausbauziel für die Elbe mehr gebe, bis dahin waren von der Politik 1,60 Meter in der Fahrrinne nahezu ganzjährig versprochen worden. Derzeit beschränke man sich auf die Reparatur von Buhnen und vor allem die Stabilisierung der Sohle, sagte Kautz. Mit der Zugabe von Geschiebe wolle man die Eintiefung des Flusses verhindern. Zu künftigen Ausbauzielen konnte der Wasserbauer nichts sagen. „In diesem Jahr soll das Nutzungskonzept vorliegen, in dem zwischen allen Beteiligten ein Kompromiss für den Umgang mit der Elbe ausgehandelt wird.“

Für Loroff ist klar: An den einst festgesetzten 1,60 Metern darf nicht gerüttelt werden. „Die Wirtschaft kann keinen anderen Standpunkt haben.“ Momentan rutsche das Ziel aber in immer weitere Ferne. „Wir bekommen in jedem Jahr neue Engstellen.“

Mit Blick auf das prognostizierte Transportvolumen für das Jahr 2030 wäre aber dringender Handlungsbedarf gegeben. Werde nicht mehr Güterverkehr auf die Flüsse und Kanäle verlagert, gebe es auf den Straßen nur noch Dauerstau. Die Bahn sei jetzt schon zu 90 Prozent ausgelastet. „Und neue Bahnstrecken bekommen sie bis dahin nicht gebaut.“ (mz)