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Nach Messerstecherei im RathauscenterNach Messerstecherei im Rathauscenter Dessau: Jugendarrest und Geldstrafe für die Angeklagten

Von Thomas Steinberg 04.09.2018, 05:00
Eine Video zeigte die damalige Auseinandersetzung vor dem Rathauscenter in Dessau.
Eine Video zeigte die damalige Auseinandersetzung vor dem Rathauscenter in Dessau. Facebook/Der Schild

Dessau - Die juristische Aufarbeitung einer Messerstecherei vor dem Rathauscenter im März vorigen Jahres ist am Montag abgeschlossen worden. In der Verhandlung vor dem Landgericht Dessau hatten sowohl die beiden Angeklagten als auch die Staatsanwaltschaft ihre Berufungen zurückgenommen.

Damit wurde das Urteil des Amtsgerichts - 14 Tage Jugendarrest für Younes K. und 120 Tagessätze à 10 Euro für Ali A. - rechtskräftig. Verurteilt wurden die beiden aus Syrien stammenden Männer wegen gefährlicher Körperverletzung.

Die Tat hatte im vorigen Jahr für erhebliches Aufsehen gesorgt, nicht zuletzt, weil ein Video des Geschehens sich rasant im Internet verbreitet hatte. Es wurde damals unter anderem von der - zumindest im Netz derzeit nicht aktiven - rechten identitären Gruppierung „Der Schild“ verbreitet.

Beide Parteien hätten „wechselseitig körperlich aufeinander eingewirkt“

Ihren Anfang genommen hatte die Auseinandersetzung im Dessauer Rathauscenter. Dort saß laut Urteil des Amtsgerichts das spätere Opfer mit seiner Frau und Kindern. Die beiden jungen Syrer schauten ihn an, der Mann, so wörtlich im Urteil, „schaute zurück. Beide Seiten fühlten sich provoziert“. Man habe dann kurz miteinander gesprochen, worüber, hatte sich am Amtsgericht nicht mehr feststellen lassen. Doch sei man sich einig gewesen: Es gäbe da noch was zu klären.

Die „Klärung“ folgte kurz darauf am Rathaus-Eingang des Centers mit Schubsereien. Wer damit angefangen hatte, konnte das Gericht nicht mehr feststellen. Beide Parteien hätten „wechselseitig körperlich aufeinander eingewirkt“ und das Rathauscenter durch die Drehtür verlassen. Auch draußen beruhigte sich die Situation nicht, weshalb ein Passant dazwischen ging und versuchte, die Männer zu trennen.

Die Opfer wurden vor dem Landgericht nicht noch einmal vernommen

In dieser Situation zog K. das Messer und stach insgesamt dreimal zu, zweimal in den Oberschenkel des Mannes, ein Mal in den Oberschenkel des Helfers, der stürzte und sich das Handgelenk brach. Die Angriffe seien von hinten erfolgt, stellte der Amtsrichter fest, und hätten damit nicht der Abwehr gedient. A. setzte zudem Pfefferspray ein, setzte sich damit jedoch vor allem selbst außer Gefecht.

Die Opfer, so heißt es im Urteil des Amtsgerichtes, hätten keine dauerhaften Schäden davongetragen. Vor dem Landgericht wurden sie nicht nochmals vernommen, nachdem der vorsitzende Richter vorgeschlagen hatte, man möge aus pragmatischen Gründen das Verfahren abkürzen, indem alle Seiten ihre Berufungen zurücknehmen.

Im vorliegenden Fall wären bei einer Verurteilung kaum geringere Strafen zu erwarten gewesen

Berufungen werden relativ häufig zurückgenommen, weil man sie manchmal vor allem aus taktischen Erwägungen stellt. Zeichnet sich dann in der Verhandlung ab, dass der erhoffte Erfolg nicht eintreten wird, ist der Weg zum Rückzug oft kurz.

Im vorliegenden Fall wären bei einer Verurteilung kaum geringere Strafen zu erwarten gewesen und ein Freispruch etwa wegen Notwehr schien aussichtslos. Zudem spielen die Urteile unterm Strich vermutlich keine große Rolle: Beide Männer sitzen wegen weiterer Taten in U-Haft und müssen sich auf weitere Verfahren einstellen. (mz)