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Museum für Stadtgeschichte Dessau lädt ein Museum für Stadtgeschichte Dessau lädt ein: "Eisfrei" - Ausstellung zum Wintersport eröffnet

Von Danny Gitter 15.02.2016, 07:53
Sibylle Hofter stellt im Dachgeschoss vom Johannbau aus.
Sibylle Hofter stellt im Dachgeschoss vom Johannbau aus. Sebastian Lizenz

Dessau - Ist es Heimatkunde mit einem gehörigen Schuss Nostalgie oder gar ein politischer Diskurs? Die neue Sonderausstellung „Eisfrei - Schlittschuhlaufen im Gartenreich - Kunst, Dokumentation und Erfahrung“ im Museum für Stadtgeschichte von der Berliner Künstlerin Sibylle Hofter ist von allem etwas. Vor allem ist die am Montag eröffnete Schau für Karin Weigt vom Museum der Beweis, „dass die künstlerische Auseinandersetzung mit Themen immer neue Facetten und Aspekte des Lebens erzählt, wie es manches museale Prunkstück nicht vermag. „Eisfrei“ berichtet von Dessauern und anderen, die im Gartenreich leben und die Kulturlandschaft immer wieder für sportliche Bewegung an kalten Wintertagen nutzen.

Übers Wasser laufen

13 Menschen verschiedener Generationen aus Dessau und dem Wörlitzer Winkel haben für die Ausstellung ihre Geschichten zum Schlittschuhlaufen und Eishockey erzählt und aufnehmen lassen. Ihnen kann der Besucher an neun Audio-Stationen lauschen. Zeitzeugen der Vorkriegsgeneration erinnern sich an regelmäßig krachend kalte Winter, an denen Mulde und Elbe sowie die Seen im Dessau-Wörlitzer Gartenreich so zugefroren waren, dass man sprichwörtlich übers Wasser laufen konnte.

Ein Spätgeborener in dieser Erzählerriege ist dagegen Klaus Meier. 42 Lenze zählt er. In Waldersee aufgewachsen, schwärmt er noch heute von den Seen, Wiesen und Feldern rund um den Vorort, die in den 80ern den Kindern und Jugendlichen als große Eisbahnen optimale Bedingungen zum Schlittschuhlaufen und Eishockeyspielen boten. Kein Wunder, dass da manch sehnlichster Weihnachtswunsch ein paar „Hackenreißer“ waren.

„Eisfrei“ von Sibylle Hofter ist noch bis zum 28. März von Mittwoch bis Sonntag, jeweils 10 bis 17 Uhr, im Museum für Stadtgeschichte zu sehen.

Für eine begleitende Dokumentation werden noch schriftlich festgehaltene Geschichten ums Schlittschuhlaufen und andere Wintersportarten im Gartenreich gesucht. Sie können an der Kasse im Museum abgegeben werden, um ausgestellt und für weitere künstlerische Projekte archiviert zu werden.

Dieser Spitzname wurde den Schlittschuhen verliehen, die in der späten DDR nicht nur Winterfreizeitsportler glücklich machten, sondern als Exponate unter vielen die Vitrinen der Sonderausstellung zieren. „Die Tage“, wie es Meier zur Vernissage erzählt „ an denen unter Eis und Schnee die ganze Landschaft eins war“, die werden immer weniger.

Geschichte vom Klimawandel

Deshalb ist „Eisfrei“ auch ein Stück weit politisch. „Die Pole schmelzen. Immer öfter fehlt der Schnee für Skisportler. “Gibt es Eis bald nur noch im Museum“, fragte deshalb gestern Johanna Bartl vom Büro Otto Koch, das Hofter unterstützte, ihr künstlerisches Konzept für das Stadtmuseum umzusetzen. „Die Ausstellung erzählt viele Geschichten, auch die vom Klimawandel“, sagt die ausstellende Künstlerin. Schlittschuhlaufen ist exemplarisch dafür. Fotos, Bücher, Werkzeuge und Sportgeräte sind die stummen Zeitzeugen der Ausstellung. Die Zeitzeugengespräche geben dem Thema ein menschliches Antlitz.

In der Kombination aus allen Elementen ist die Ausstellung eine Heimattour und Zeitreise der besonderen Art, für die man Zeit mitbringen sollte und die selbst Heimatinteressierte noch überraschen mag. Denn wer hätte schon gewusst, was Wörlitzer Haie und Oranienbaumer Wölfe mit leidenschaftlichen Wintersport-Duellen im Wörlitzer Park zu tun haben? Die Ausstellung verrät auch das. (mz)