Mord an junger Syrerin in Dessau Mord an junger Syrerin in Dessau: Haftbefehl gegen Vater

Dessau - Am Montag hatte Staatsanwalt Christian Preissner alle Auskünfte noch abgelehnt. Aus ermittlungstaktischen Gründen. Am Tag darauf wurde die Zurückhaltung abgelegt.
Im Mordfall Rokstan M. hat das Amtsgericht Dessau Haftbefehl gegen Hisso Malak, den 49-jährigen Vater der jungen Syrerin, erlassen. Malak wird verdächtigt, seine 20-jährige Tochter umgebracht zu haben. Wo sich der Mann derzeit aufhält, ist unklar. Deutschland, Türkei oder sogar Syrien? Die Polizei will nichts ausschließen. Es wird im In- und Ausland gesucht.
Ermittlungen unter Hochdruck
Über eine Woche hatten die Ermittler mit Hochdruck an dem dramatischen Fall gearbeitet. Früh hatten Polizei und Staatsanwaltschaft den Verdacht, „dass ein naher Angehöriger die Tat aus kulturellen Motiven begangen hat“. Doch die Vernehmungen im Familienumfeld von Rokstan M. gestalteten sich schwierig. Nicht nur wegen der sprachlichen Barrieren. Der Vater war verschwunden und konnte bis heute nicht befragt werden. Ob der 49-Jährige beispielsweise der einzige Verdächtige ist, dazu machte die Staatsanwaltschaft keine Angaben.
Suche nach Zeugen
Mit dem Fahndungsaufruf ist zugleich die Suche nach neuen Zeugen verbunden - für Mittwoch, den 30. September, und den Zeitraum zwischen 12 und 24 Uhr. Das lässt auf eine Eingrenzung des Tatzeitraums schließen. Rokstan M. war erst zwei Tage später, am Freitag, den 2. Oktober, tot in der Dessauer Kleingartensparte „Küchengarten“ gefunden worden.
„Es gibt Gründe, dass die Polizei diesen Zeitraum geklärt haben möchte“, sagte Staatsanwalt Frank Pieper und verwies auf Rückschlüsse aus der Obduktion, ohne ins Detail zu gehen. Gesucht werden Zeugen, die am 30. September „Personenbewegungen syrischer Bürger zwischen dem Rathauscenter und der Kleingartensparte Küchengarten festgestellt haben“. Die Familie von Rokstan M. hatte am Schloßplatz im Stadtzentrum gewohnt. Die Kleingartensparte im Vorderen Tiergarten ist ein paar hundert Meter entfernt.
Die Ermittler fragen aber auch: Wer hat in dieser Zeit möglicherweise auch das Opfer Rokstan M. gesehen? Wer war an diesem Nachmittag im „Küchengarten“? Wer hat speziell im Garten 86 irgendetwas beobachtet. Dort war Rokstan M. ermordet aufgefunden worden. Ob Fundort gleich Tatort ist, dazu schweigen die Ermittler bislang.
Dass der Vater als Tatverdächtiger gilt, überrascht. Aus einem Interview, das Rokstan M. wenige Wochen vor ihrem Tod einem Dessauer Autor gegeben hatte, ging eigentlich hervor, dass die Syrerin an ihrem Vater hing, in der Familie aber auch einen schweren Stand hatte. Die 20-Jährige hatte berichtet, in Syrien vergewaltigt worden zu sein. Vor allem die Mutter soll das nicht entschuldigt haben.
Rokstan M. und ihre Familie waren dem krebskranken Vater vor eineinhalb Jahren nach Deutschland gefolgt. Nach der Flucht hatte die junge Syrerin schnell die Sprache gelernt, war als Integrationslotsin tätig, half anderen Syrern, flüchtete aber nach einem Gewaltausbruch in der Familie auch einmal in Frauenhäuser in Bitterfeld und Berlin. Auf Bitten der Familie war die 20-Jährige nach Dessau zurückgekehrt.
Viele Fragen sind noch offen
Was danach passiert ist, versuchen die Dessauer Ermittler gerade aufzuklären. Dabei gilt es auch herauszufinden, ob eine Schwangerschaft und eine geplatzte Hochzeit mit einem 17-jährigen Araber die Situation in der Familie haben eskalieren lassen. Ein Großteil der offenen Fragen kann nur Hisso Malak beantworten. (mz)
Hinweise nimmt die Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Ost unter der Telefonnummer (0800) 6000-670 oder per E-Mail an [email protected] entgegen.
