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Regionalgeschichte Möbelkombinat Dessau: Ein Berliner geht auf Spurensuche nach seinen alten Kollegen

Warum ihn die Erinnerungen an sein Arbeitsleben im Möbelkombinat Dessau nicht loslassen und er auf Spurensuche geht.

Von Silvia Bückmann 19.03.2022, 12:00
Mittlerweile auch schon 50 Jahre alt: Das 1972 errichtete Sozialgebäude  des Möbelkombinates Dessau in der  Kühnauer Straße.
Mittlerweile auch schon 50 Jahre alt: Das 1972 errichtete Sozialgebäude des Möbelkombinates Dessau in der Kühnauer Straße. (Fotos: Heinz Müller)

Dessau/MZ - Das Möbelwerk Dessau in der Kühnauer Straße ist Geschichte: Nach der Wende 1991 wurde der Betrieb in sieben Kapitalgesellschaften aufgeteilt. Die Systemmöbel Dessau GmbH als eine davon musste 2014 Insolvenz anmelden. Heute ist der historische Standort in der Kühnauer Straße 7 Sitz der Goldbach und Kirchner Raumkonzepte GmbH.

Dass aber die Geschichte der Dessauer Möbelindustrie und weiterer Fabriken in der Region nicht in Vergessenheit gerät, ist Anliegen von Heinz Möller. Er ist ein Fachmann von Hause aus und zum Chronisten, Rechercheur und Buchautoren geworden.

Kombinat umfasste einst 11.000 Mitarbeiter aus 55 Möbelbetrieben der Bezirke Halle und Magdeburg

Der 73-Jährige hat lange in leitender Funktion im VEB Möbelkombinat (MK) Dessau gearbeitet, zu dem in der Blütezeit 55 Betriebe aus den beiden Bezirken Halle und Magdeburg mit insgesamt rund 11.000 Mitarbeitern gehörten. Insgesamt gab es nach dem Territorialprinzip in der DDR sieben Möbelkombinate (MK) zwischen Ribnitz, Berlin, Dresden und Suhl.

Stammsitz des 1979 gebildeten Möbelkombinates Dessau war die Stadt an der Mulde mit ihrem Möbelwerk, das hier bereits 1952 gegründet wurde. Der Stammbetrieb in Dessau hatte zur Kombinatsgründung etwa 1.200 Mitarbeiter und stellte Möbel für Wohnzimmer, Küchen und Bäder her. Der Jahresumsatz lag bei etwa 100.00 Mark der DDR. Unter den 55 Kombinatsbetrieben befanden sich große wie die Möbelwerke in Wittenberg, Weißenfels und Naumburg (Wi-We-Na), in Quedlinburg oder in Roßlau mit dem Spanplattenwerk, aber auch viele kleine Betriebe mit 50 bis 100 Mitarbeitern.

In den späten Jahren der DDR wurde Kombinat zersplittert - Möbelwerk in Dessau hielt noch durch

1985 wurde das MK Dessau nach Ministerratsbeschluss aufgelöst und regional aufgeteilt. Von den 55 Kombinatsbetrieben gehörten ab 1986 allle Betriebe nördlich von Dessau zum MK Berlin. In diesen Jahren entwickelte das Möbelwerk Dessau noch ein neues Küchenmöbelprogramm mit Namen Wörlitz, sowie das Badmöbelprogramm Marin. Alle südlich gelegenen Betriebe des MK Dessau, also auch aus dem Raum um Halle, wurden dem MK Dresden zugeteilt.

Der heutige Berliner Heinz Möller geht aus Spurensuche nach Dokumenten und Geschichten aus dem einstigen Möbelkombinat  Dessau.
Der heutige Berliner Heinz Möller geht aus Spurensuche nach Dokumenten und Geschichten aus dem einstigen Möbelkombinat Dessau.
(Foto: Heinz Möller)

Aussagen für die Gründe für diese Zersplitterung hat Chronist Müller bei seinen Nachforschungen bisher nicht gefunden, nur den kurzen Hinweis zur Abberufung des glücklos agierenden Kombinatsdirektors Klaus Geithner.

Heinz Möller ist seit der Neuzuordnung auch privat nach Berlin gezogen und beschäftigt sich seit etwa drei Jahren intensiv mit der Geschichte der Möbelwerke. Wie er der MZ sagte, hat er einige dieser spannenden Regionalgeschichten bereits als Bücher oder Broschüren veröffentlicht, wie über die „Möbelfolie aus Biesenthal“.

Suche nach bisher spurlose verschwundenem Betriebsarchiv

So weit ist er mit dem Möbelwerk und -kombinat Dessau noch nicht gekommen. „Hier fehlen mir noch die verlässlich belegten Inhalte“, sagt er. Besonders schmerzt ihn der Verlust des Betriebsarchives, das die einstige Hauptbuchhalterin Riecke über lange Jahre sorgfältig geführt habe. Diese reiche Quelle sei nun spurlos verschwunden.

Eine Küche aus Dessauer Produktion. Unverkennbar  waren die   Schalengriffe.
Eine Küche aus Dessauer Produktion. Unverkennbar waren die Schalengriffe.
(Foto: Heinz Möller)

Trotzdem hält Heinz Möller fest an seinem Vorhaben für eine ausführliche Chronik zum Möbelwerk/Möbelkombinat Dessau. Der Rentner betreibt dazu umfangreiche Recherchen in Archiven und Bibliotheken. Gleichzeitig sucht er aber auch noch Zeitzeugen, die ihm Informationen und Materialien zur Verfügung stellen können. Das können auch Fotos oder Brigadetagebücher sein. Auch persönliche Erinnerungen von ehemaligen Mitarbeitern sind gefragt. Die Arbeit an der Geschichte der Betriebe des VEB Möbelkombinat Dessau soll in einem Buch der Regionalliteratur münden.

Kontakt per E-Mail an [email protected] oder per Telefon: 0172/3208883