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Lycoming verwirklicht Junkers-Ideen

Von Steffen Brachert 25.07.2005, 17:11

Dessau/MZ. - Erst Avco Lycoming stellte Sprenger an. Der Anruf kam, als der junge Mann gerade zwei Tage als Skilehrer arbeitete. Der Grund war einfach: Lycoming-Chef war Anselm Franz, ein Österreicher, der bei Junkers in Dessau gearbeitet hatte, nach dem Krieg in die USA geholt wurde und dort das Jumo 004 serienreif machte. Es war das erste Axial-Strahltriebwerk der Welt. Es war eines der Triebwerke für den Me 262, den ersten einsatzfähigen Düsenjäger der Welt. "Anselm kannte diese Art von Lebensläufen." Der konnte einschätzen, was Sprenger wirklich kann.

Vierzig Jahre später steht Sprenger mit den Kollegen von einst im Dessauer Technikmuseum "Hugo Junkers" und besichtigt ein Modell des Jumo 004. Jochen Schauenburg hat die radelnde Truppe samt Frauen für eine ganze Woche nach Dessau gebracht. Aus alter Verbundenheit. Im Januar 1945 kam Schauenburg auf der Flucht aus Posen nach Dessau, lebte bis Juli in der Hardenbergstraße 11, ehe seine Familie vor den Russen flüchtete. Dessau blieb immer in Erinnerung.

Schauenburgs Truppe ist Luftfahrtgeschichte wie das Museum: In den 60er Jahren zog es die Ingenieure in die USA. Des Geldes wegen. "Damals ging es uns richtig gut", lacht Schauenburg. Aus Abenteuerlust. Das Land der unbegrenzten Möglichkeiten lockte mit fast unbegrenzten Möglichkeiten. "Die haben", erinnert sich Lutz Groenke, mit 70 Jahren der Älteste in der Runde, "riesigen Forschungsbedarf gehabt." Und genügend Geld, diese Forschung auch umzusetzen.

Anselm Franz, mit zehn ehemaligen Junkers-Leuten das Lycoming-Management bildend, hatte in Stratford in Connecticut Motoren- und Flugzeugbauer aus der ganzen Welt um sich geschart. Groenke entwickelte Treibstoff, der sich bei Beschuss nicht entzündet. Sprenger suchte nach Lösungen, um Sand, den Hubschrauber beim Starten und Landen aufwirbeln, vom Triebwerk wegzuhalten. Schauenburg war ein Rechenkünstler. Helmut Meinel arbeitete in der Konstruktion. Mit einem polnischen Chef, der fast kein Wort mit ihm redete. "Nachts kritzelte er an meinen Skizzen rum." Dutzende Geschichten werden erzählt, wenn sich die US-Truppe von einst alle sechs Monate wiedertrifft.

Bekannt wurden Lycoming und Anselm durch ein neuartiges Triebwerkskonzept mit einem Radialkompressor, der ganz andere Druckverhältnisse ermöglichte, als T 53 und T 55 zur Serienreife kam und noch heute bei der Bundeswehr im Hubschrauber Bell UH D1 eingebaut ist. "Die Grundzüge wurden noch während der Kriegszeit in Dessau entwickelt. Es war nur ein Konzept, aber es war entscheidend. Das Triebwerk hätte es sonst nicht gegeben", sagt Schauenburg, verwundert, dass dies im Dessauer Museum kaum eine Rolle spielt. "Junkers ist mehr als die Ju 52", findet Schauenburg. Das Angebot der pensionierten Luftfahrtingenieure steht: "Wir werden uns um ein T 53 bemühen. Der gehört in das Dessauer Museum."