Löwe wird zum Schwein

Von Andreas Behling 18.04.2005, 17:53

Wörlitz/MZ/ab. - Ralf Laaß, dessen Frau Marina die Geschicke des Hauses zukünftig lenkt, hat recherchiert, dass die erste Bürger- und Ratsschenke im Ort 1691 erstmals erwähnt wurde. 1742 ging sie dann in den Besitz einer Familie Konrad über, deren Nachfahren bis in die jüngste Vergangenheit hinein die Gastwirtschaft betrieben. Anfang 2000 schloss der "Goldene Löwe", ein Neuanfang - nach den zwei Bränden der Jahre 1710 und 1906 stets optimistisch in Angriff genommen - schien mehr als ungewiss.

Der Eigentümer musste das Insolvenzverfahren einleiten. "In der Folge gab es mehrere Runden zur Versteigerung des Objektes, die ohne Ergebnis endeten", erinnert sich Laaß. "Weil zu dem Zeitpunkt unser Interesse aber längst erwacht war, suchten wir das Gespräch mit den Gläubigern. Zum nächsten Termin der Zwangsversteigerung, es war der 28. Mai 2003, erhielten wir den Zuschlag." Da war es mehr als zwei Jahre her, dass Gäste bedient wurden.

Eine beherzte Entrümpelung erlaubte bald genauere Blicke auf die vorhandene Substanz, die sich in nicht unerwartetem Zustand präsentierte. "Das Haupthaus sah gut aus, die Nebengebäude hingegen sehr desolat", resümiert Laaß. Und die Sichtung zog noch ein anderes Ergebnis nach sich: Sollten im Obergeschoss zunächst zwei Mietwohnungen entstehen und für die Gastwirtschaft ein Pächter gesucht werden, entschlossen sich Marina und Ralf Laaß für ein anderes Konzept. Der "Goldene Löwe" soll als Gasthaus und Pension von sich reden machen.

Im aktuellen Wörlitz-Prospekt wird bereits mit den Stichworten "gemütliches Restaurant" sowie "Weinstube und Biergarten unter alten Bäumen" die Werbetrommel gerührt. Ebenfalls wiederaufleben lassen die neuen Besitzer den historischen Namen der Gastwirtschaft. Aus dem "Goldenen Löwen" wird "Zum hauenden Schwein". Eine gewöhnungsbedürftige Verwandlung? Laaß sieht die Namensgebung unverkrampft. "Die meisten Leute haben uns - und dies durchaus überraschend - in der Wahl bestärkt. Und ich selbst bin ein Mensch, der das geschichtliche Erbe schätzt, auf seine Bewahrung Wert legt."

Laaß geht davon aus, dass die 14 Doppelzimmer und 80 Sitzplätze in der Gaststätte das Geschäft der etablierten Häuser in Wörlitz keinesfalls schmälern. "Durch die Konzentration auf den Fahrradtourismus operieren wir mit einer ganz anderen Preisstruktur", so der Parkstädter. Das Haus ist ganz aufs englischsprachige Motto "Bed and Bike" zugeschnitten.

Marina Laaß wird in wenigen Wochen die Chefin von drei Mitarbeitern sein. "Wir starten mit einem Koch und zwei Servicekräften", verrät ihr Mann, der im Gasthaus "Zum hauenden Schwein" im Übrigen kein zusätzliches Standbein für sich sieht. "Selbstverständlich ist man in der Politik so schnell draußen wie drin. Aber gerade deshalb war es kein Thema, meinen eigentlichen Job als Unternehmensberater aufzugeben. Werde ich nicht wieder gewählt, stürze ich nicht ins Bodenlose", so der Wörlitzer CDU-Landtagsabgeordnete. Laaß ist froh darüber, dass es trotz der Lage des Hauses im denkmalträchtigen Innenstadtbereich mit den Behörden nur wenige Reibungspunkte gab.

Ein wenig ärgerlich war lediglich, dass der Bauantrag ein Vierteljahr beim Landkreis Anhalt-Zerbst lag. Aber hier für Erleichterungen zu sorgen - etwa im Zuge einer Novellierung der Bauordnung -, dies ist dann schon wieder die Sache des Landtagsabgeordneten Laaß.