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Lesung in Bibliothek Lesung in der Wissenschaftlichen Bibliothek Dessau: Karl Thiele wollte kein Schauspieler werden

02.12.2017, 11:00
Schauspieler Karl Thiele ging 2014 in den Ruhestand und schrieb nun eine biografische Rückschau.
Schauspieler Karl Thiele ging 2014 in den Ruhestand und schrieb nun eine biografische Rückschau. Lutz Sebastian

Dessau - Ein Buch wollte Karl Thiele nie schreiben. Seit Dezember vorigen Jahres ist dennoch eines auf dem Markt. Eine biografische Rückschau auf sein Wirken am Anhaltischen Theater Dessau ist es geworden, 300 Seiten dick.

Vom Förderverein der Anhaltischen Landesbücherei wurde der Schauspieler für den 14. Dezember zu einer Lesung eingeladen. Im Gespräch mit MZ-Redakteurin Sylke Kaufhold stimmt er sich und die Dessau-Roßlauer darauf ein.

Wie wurden Sie zum Autor, wenn das doch gar nicht geplant war?
Thiele: Schuld war meine Anfrage beim Manuela Kinzel Verlag, ob man aus meinen Notizen etwas machen könne. Die sagten schnell Ja - und so nahmen die Dinge ihren Lauf. Aufgeschrieben hatte ich Erinnerungen an meinen beruflichen Werdegang, an Kollegen, Ereignisse, Episoden aus dem Theateralltag. Gedacht waren sie für die Familie.

Wann haben Sie mit dem Schreiben angefangen?
Als Rentner! (lacht) Ich bin im Oktober 2014 als festes Ensemblemitglied verabschiedet worden. Da hatte ich die Idee für eine Familienchronik schon im Kopf, 2015 habe ich dann angefangen.

Was war ausschlaggebend für Ihren Anruf beim Verlag?
Das war meine Auszeichnung mit der Ehrenplakette der Stadt Dessau-Roßlau. Die stand ja für mein Engagement für das Anhaltische Theater. Ich wollte etwas zurückgeben, sozusagen beweisen, dass ich die Auszeichnung zurecht bekommen habe.

„Hier bleibe ich kein Jahr!“ haben Sie ihr Buch überschrieben. Wollten sie wirklich nicht bleiben?
Nein. Als ich im August 1971 das erste Mal das Landestheater Dessau, meinen neuen Arbeitsort, sah, verschlug mir dessen Größe den Atem. Und als ich später bei der Belegschaftsversammlung auf der Hauptbühne das erste Mal dort saß, flößte mir allein die Dimension von Seitenbühnen, Hinterbühne, Bühnenhimmel, Schnürboden und des riesigen Zuschauerraumes einen solchen Respekt ein, dass mir ganz mulmig wurde bei dem Gedanken, auf dieser Bühne spielen zu müssen. „Hier bleibe ich kein Jahr!“ war tatsächlich mein erster Gedanke.

Inzwischen stehen Sie 46 Jahre auf dieser Bühne. Sie haben sie bezwungen, wie es scheint?
Nicht nur das, ich fühle mich auch ausgesprochen wohl auf diesen Brettern. Diese Affinität zur Selbstdarstellung, die man als Schauspieler braucht, war mir gegeben.

Dabei wollten Sie eigentlich gar kein Schauspieler werden?
Nein, es war immer klar, dass ich in die Baubranche einsteige. Meine Eltern hatten einen Baubetrieb. Deshalb habe ich zunächst auch an der TU Dresden Bauwesen studiert - später bin ich an die Filmhochschule Potsdam-Babelsberg gewechselt.

Wie fühlt sich das Rentnerdasein an?
(Lacht) Von Ruhestand kann ich wirklich nicht sprechen, ich stehe ja nach wie vor auf der Bühne. Derzeit spiele ich in drei Stücken, im „Wintermärchen“, in „Lady Hamilton“ und neu in „Kiss me Kate“. Auch von kleineren Bühnen aus der Region gibt es Anfragen. Aber es ist natürlich doch etwas anderes als vorher, denn ich kann mir ja jetzt aussuchen, was ich mache und ob ich es mache.

Bald wird der neue Theatervertrag mit dem Land ausgehandelt. Welche Gedanken haben Sie dabei?
Wir müssen aufpassen, dass das Dessauer Theater nicht kaputt gespart wird. Die drei Millionen Euro-Kürzungen der letzten Runde spürt man an allen Ecken. Wenn es aber auch das Publikum sieht und merkt, ist es zu spät. Wir stehen kurz davor.

Lesung mit Karl Thiele am 14. Dezember, 19 Uhr, in der Wissenschaftlichen Bibliothek. Wegen begrenzter Platzkapazität wird um Voranmeldung unter Tel.: 0340/2 04 24 48 gebeten. (mz)