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Wahlkreis 70 Leonard Schneider ist 20-jähriger SPD-Direktkandidat für den Bundestag und sieht genau jetzt seine Chance

Leonard Schneider ist mit 20 Jahren jüngster Kandidat der SPD. Der Wittenberger scheut sich nicht, auch radikalere Forderungen zu artikulieren.

Von Marcel Duclaud 13.09.2021, 12:13
Den Wittenberger Leonard Schneider,  gerade 20 Jahre alt, zieht es in die große Politik.
Den Wittenberger Leonard Schneider, gerade 20 Jahre alt, zieht es in die große Politik. (Foto: Duclaud)

Wittenberg/MZ - Mit Texten und ihrer Darbietung kennt sich Leonard Schneider aus. Der junge Mann ist gerade zum Poetry-Slam-Vizelandesmeister gekürt worden. Was ihn ein bisschen ärgert. Warum nur Vize?

In Theatern ist der Wittenberger obendrein aktiv, wenn die Corona-Lage es denn zulässt. Zum Clack-Theater gehört Schneider seit 2017, bei „Rotkäppchen“ spielt er den Jäger. Er kam im Gymnasium mit der Faszination des Schauspiels in Berührung. In der „Dunkelbunt“-Truppe von Heike Masser durfte der Schüler damals Bühnen-Erfahrung sammeln: „Die schönste Gruppe, die es am Luther-Melanchthon-Gymnasium gibt“, schwärmt er und kann sich vorstellen, Schauspielerei zum Beruf zu machen.

„Das Parlament sollte die Gesellschaft abbilden. Meine Generation fehlt“

Später, vielleicht. Denn gerade mischt der eloquente, 20 Jahre junge Mann in der Politik mit. Er tritt an für die SPD zur Bundestagswahl und ist damit der jüngste Kandidat der Sozialdemokraten bundesweit. Das Durchschnittsalter in der SPD soll gegenwärtig bei 60 Jahren liegen, der Wittenberger drückt es erheblich.

Und mit voller Absicht. „Das Parlament sollte die Gesellschaft abbilden. Meine Generation fehlt“, begründet er seine Kandidatur. Sich nur aufzuregen und selbst nicht zu gestalten, reiche einfach nicht. Politik sei spannend und bestimme das Leben.

Und wo, wenn nicht in einer Partei, habe man „so direkten Zugriff auf Politik?“ Dass es die SPD wurde, hat damit zu tun, dass Schneider „eine starke sozialdemokratische Kraft“ wichtig ist. Die habe er in Gefahr gesehen: „Ich möchte helfen.“

Der 20-Jährige gibt sich mit weichgespülten Antworten nicht gerne zufrieden

Dass ihn Sorgen um den Zustand der Welt umtreiben, das räumt der junge Mann ebenfalls ein. Da ist die beängstigende Klimasituation, da sei der „unangenehme Rechtstrend“, da sei das Großmachtstreben Chinas, das nicht nur wirtschaftliche, sondern auch militärische Stärke anstrebe. China stelle die Demokratie in Frage. Um diese Herausforderungen bestehen zu können, brauche es eine starke Nato und ein vereinigtes Europa, glaubt er.

Überhaupt gibt sich der 20-Jährige mit weichgespülten Antworten nicht gerne zufrieden. Er bevorzugt klare Ansagen: Zentralabitur und elternunabhängiges, nicht zurückzuzahlendes Bafög zum Beispiel. Der Föderalismus in der Bildung sei ein Problem. In Sachen Klimaschutz fordert er Klimaneutralität, so schnell wie möglich, einen deutlich attraktiveren Öffentlichen Nahverkehr, Solaranlagen auf öffentlichen Dächern, die weitere Erforschung und den Einsatz der Wasserstofftechnologie.

„Wir müssen mit den Impfungen voran kommen und weiter kostenlos testen“

Dass Sprit teurer wird, sei klar. Daher müsse den Menschen der Umstieg auf Bus und Bahn möglichst leicht gemacht werden. Schneider plädiert für „Richtung Nulltarif“ beim Öffentlichen Nahverkehr, den es umfassend auszubauen gelte, damit ländliche Regionen nicht abgehängt werden. Um die Wirtschaft anzukurbeln, brauche es unter anderem den höheren Mindestlohn, der auf zwölf Euro steigen soll. Sachsen-Anhalt sollte aus Sicht des Kandidaten zweierlei tun: Agrarland bleiben und moderne Technologien fördern, um mithalten zu können.

Was die Corona-Krise betrifft, deren Einschränkungen Schneider selbst in verschiedener Weise getroffen haben - etwa als Student und eben auch als Schauspieler im Clack - sagt er deutlich: „Es darf keinen weiteren Lockdown geben.“ Existenzen stehen auf dem Spiel. „Wir müssen mit den Impfungen voran kommen und weiter kostenlos testen.“ Notfalls müsse mit der sogenannten Zwei-G-Regel gegengehalten werden.

Eine bessere Chance für den Bundestag dank starker Umfragewerte für Olaf Scholz?

Im Bundestag sieht sich der wenig bekannte Politik-Neuling Leonard Schneider zwar noch nicht. Dennoch glaubt er an „eine kleine Chance“ auf das Direktmandat. „Sie ist nicht groß, aber sie ist vorhanden.“

Das hat natürlich wesentlich mit dem aktuell guten Lauf der SPD zu tun, mit Spitzenkandidat Olaf Scholz, auch mit dem „ziemlich geilen Programm“: „Ich habe es gehofft, ich bin ja Optimist. Aber dass wir die Union überholen, daran haben selbst viele Optimisten nicht geglaubt.“

Zur Person

Leonard Schneider ist 20 Jahre alt, in Wiesigk bei Wittenberg aufgewachsen und hat vor einem Jahr sein Abitur abgelegt: „Mitten in der Corona-Zeit.“ Auf ein Freiwilliges Soziales Jahr verzichtete er wegen der Pandemie. Inzwischen studiert Schneider in Halle Politikwissenschaften sowie Deutsche Sprache und Literatur.

Neben eher geistigen Hobbys wie Poetry Slam oder Theaterspielen war und ist der 20-Jährige auch sportlich aktiv. Er hat mehrere Jahre lang Karate gemacht und widmet sich gegenwärtig über den Uni-Sport einer anderen Kampfsportart: Mixed Martial Arts.