Lehrermangel an der Grundschule Ziebigk Lehrermangel an der Grundschule Ziebigk: Eltern setzen Ministerium eine Frist

Dessau - 30 bis 35 Schüler in einer Klasse, mehr als die Hälfte der 13 Lehrer ist krank. Die Situation an der Grundschule Ziebigk „ist seit Monaten nicht hinnehmbar“, sagt Schulelternrat Hans-Jürgen Eiserfey. Hoffnung, dass sich etwas ändert, hat der Vater nicht, denn Ziebigk, denkt er, ist kein Einzelfall. „Man versucht sich in die Sommerpause hineinzuhangeln“, erklärt er in Richtung Landesschulamt und Kultusministerium.
Klassen aufgeteilt
Dorthin hatten sich Anfang Mai mit Jaqueline Weber, Martina Picek und Sandra Henze die Elternratsvorsitzenden der drei ersten Klassen der Grundschule mit einem offenen Brief gewandt. Ihr Ziel: eine Krankheitsvertretung zu erreichen, da eine Klassenlehrerin der ersten Klassen schwer erkrankt ist und über Monate fehlen wird. Deshalb musste eine der ersten Klassen auf die anderen beiden aufgeteilt werden. Statt 19 Kinder folgen nun 28 bzw. 29 dem Unterricht. „Die Lehr- und Lernqualität der Erstklässler kann damit nicht in ausreichendem Maße sichergestellt werden“, sagen die Elternvertreter und auch, dass die anderen Lehrer durch den Ausfall an ihre Leistungsgrenze gebracht werden. „Allein im März musste die Schule 512 nicht planmäßig erteilte Unterrichtsstunden bei einem monatlichen Gesamtbedarf von 1.423 melden. Das entspricht fast einem Drittel. Davon sind 167 Stunden ganz ausgefallen“, so die Mütter.
Durch die hohe Klassenstärke sei ein differenzierter und individualisierter Unterricht nicht mehr möglich, schon gar nicht, da die Schüler unterschiedliche Lernvoraussetzungen und -leistungen haben. Auch eine gezielte Präventionsarbeit durch die Förderschullehrerin könne nicht mehr in ausreichendem Umfang geleistet werden, beklagen sie. Und da die fehlende Lehrerin Musik unterrichtete, falle in der kompletten ersten und zweiten Klassenstufe der Musikunterricht aus. „Unsere Kinder dürfen nicht die Leidtragenden dieser Situation werden“, schreiben die Eltern in dem Brief und appellieren an Kultusminister Stephan Dorgerloh, „unseren Kindern und Lehrern schnellstmöglich zu helfen“. Da dem Land nach sechswöchiger Krankheitsdauer keine zusätzlichen Personalkosten entstehen, fordern sie in ihrem Schreiben den Kultusminister auf, für die Dauer der Krankheit der Klassenlehrerin eine sachgrundbefristete Einstellung vorzunehmen.
Eine rasche Unterstützung wie von den Eltern erhofft, gab es aus dem Kultusministerium nicht. Im Gegenteil. Die Situation an der Grundschule hat sich in den vergangenen sechs Wochen weiter verschärft. Inzwischen sind weitere Klassenlehrer erkrankt, so dass derzeit alle Klassen der ersten bis dritten Klassenstufen (die vierte Klasse besteht nur aus zwei Klassen) jeweils zusammengelegt werden mussten. „Somit ergibt sich eine für Schüler und Lehrer unzumutbare Klassenstärke von bis zu 33 Kindern“, stellen die Elternvertreter fest. Und: Der Unterricht in den Kernfächern ist nicht mehr abgesichert.
Wie das Ministerium reagierte und was die Elternvertreter daraufhin unternahmen, lesen Sie auf der nächsten Seite.
Eine Reaktion hatten die Eltern aber schon erhalten - von Egbert Rätzke. Der Referent im Referat Bedarfsplanung, Prognosen, Unterrichtsversorgung im Kultusministerium stellt lediglich fest, dass sie keine Adresse oder E-Mail-Adresse angegeben hätten. Er bat daher die Schule um Übermittlung einer Möglichkeit, die Eltern per Brief oder E-Mail zu erreichen.
Die Eltern sind sprachlos. Sie hatten mit einer raschen Reaktion und Rückmeldung an die Leitung der Grundschule gerechnet. Zumal die unhaltbaren Unterrichtszustände in Ziebigk vor wenigen Tagen auch im Rahmen der Evaluation des Landesinstitutes Schulqualität und Lehrerbildung Sachsen-Anhalt offenbar wurden. Wie Martina Picek (nun mit Angabe ihrer Privatadresse) an den Referenten schreibt, seien die Mitarbeiter auch im Interview mit den Elternvertretern wirklich bestürzt gewesen „und konnten nicht nachvollziehen, dass man seitens des Landesschulamtes nicht gewillt ist, Lehrkräfte als Krankheitsvertretung an unsere Schule abzuordnen“. Die Eltern haben Rätzke nun eine Frist gesetzt. Sie erwarten bis zum 26. Juni eine konkrete Lösung. Vertrösten lassen wollen sie sich nicht länger. Zur Problematik an der Grundschule hat sich die MZ an das Kultusministerium gewandt. Die Antwort steht allerdings noch aus. (mz)