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Digitaler Junkers-Schatz Landesamt veröffentlicht spektakuläre Luftbilder von Dessau und Roßlau aus dem Jahr 1928

1928 lichtete die Junkers-Lufbildzentrale große Teile von Dessau und Roßlau ab. Die Fotos sind jetzt frei im Netz verfügbar.

10.04.2021, 12:41

Dessau-Rosslau

- „Bilder von oben“ gehören heute zum Alltag. Sei es als leicht verfügbare Satellitenaufnahmen oder als Drohnenfotos. Sehr viel rarer sind da schon historische Luftbilder, wie jene, die seit Jahresbeginn vom Landesamt für Vermessung und Geoinformation Sachsen-Anhalt für Dessau und Teile Roßlaus im Web bereitgestellt werden. Sie stammen aus dem Jahre 1928 und wurden von Junkers gemacht. Es handelt sich um sogenannte Orthofotos, bei denen genau senkrecht aus größerer Höhe fotografiert wird. So werden Verzerrungen minimiert.

Junkers-Aufnahmen lassen Details von bis zu einem Meter erkennen

Die Junkers-Aufnahmen lassen Details von bis zu einem Meter erkennen und zeigen eine Stadt vor ihrer Zerstörung im Zweiten Weltkrieg. Die Innenstadt ist dicht bebaut, das Bauhaus steht auf fast freier Fläche, bei den Junkers-Werken parken einzelne Maschinen auf dem Vorfeld, auf der Elbe sind etliche Schiffe unterwegs.

Die Fotos können über eine Karte auf der Webseite des Landesamtes ausgewählt und heruntergeladen werden. Das ist etwas mühsam, weil maximal fünf Bilder in einem Rutsch auf die eigene Festplatte befördert werden können - mit Blick auf die Dateigrößen ist es indes eine verständliche Begrenzung. Zudem erweist es sich als etwas „fummelig“, die jeweils gewünschten Aufnahmen auszuwählen.

Die eigentliche Arbeit beginnt aber erst danach. Beim Überflug kam es den Himmelsfotografen nicht darauf an, Sehenswürdigkeiten in Szene zu setzen. Ob Feldweg oder Rathaus - alles war gleichermaßen wichtig. Zudem sind die Bilder nicht sauber wie Kacheln voneinander getrennt - ihre Ausschnitte überlagern sich und sind nur selten exakt nach Norden ausgerichtet, so dass einzelne Fotokacheln sogar um 90 oder 180 Grad verdreht sind.

Nach dem Download ist deshalb eine Bildbearbeitung vonnöten, um mehrere Bilder nahtlos zu einem zusammenzufügen. Das setzt eine entsprechende Software, etwas Know-how, einen nicht zu schwachbrüstigen Rechner und Geduld voraus.

Die Bilder dürfen frei verwendet werden, auch kommerziell. Einzige Bedingung: Sowohl die Quelle muss vermerkt werden als auch eine eventuelle Bearbeitung des Materials.

Junkers stieg erst spät in die Luftbildfotografie ein

Junkers stieg übrigens recht spät in die Luftbildfotografie ein. Als das Unternehmen 1919 Luftbilder von den eigenen Werken machen lassen wollte, musste es sich noch eines externen Dienstleisters bedienen. Der nutzte einen Doppeldecker - was nach einem Aufsatz von Angelika Hoffmann zu Spekulationen führte, Spione seien am Werk.

Zu dieser Zeit war die Aerofotografie längst etabliert. Den Anfang machte ein Franzose, der 1859 von einem Ballon aus die Schlacht von Solferino ablichtete, ein Gemetzel im Sardinischen Krieg zwischen Österreich und Sardinien, das Henry Dunant zur Gründung des Roten Kreuzes veranlasste.

Was folgte, war eine Zeit des Experimentierens. Berühmt wurde das Panorama des erdbebenzerstörten San Francisco im Jahre 1906. Aufgenommen hatte es George R. Lawrence, der seine Kamera noch von Drachen in die Luft hieven ließ. Das Negativ brachte es auf das beeindruckende Format von 122 mal 45 Zentimeter.

Ihren Aufschwung nahm die Luftbildfotografie schließlich im Ersten Weltkrieg - als Instrument der militärischen Aufklärung. Danach verbreitete sie sich mehr und mehr im zivilen Bereich, sowohl für Vermessungszwecke als auch für Aufnahmen, bei denen ästhetische Aspekte im Vordergrund standen.

Bei Junkers ignorierte man zunächst diesen Trend und konzentrierte sich auf die Passagierluftfahrt. 1924 entstand endlich die Junkers-Luftbildzentrale und sicherte sich in Deutschland und weltweit Aufträge für Luftbildvermessung. Und überdies machte man bei Junkers mit Luftbildern Aufnahmen für Werbung in eigener Sache.Vorteile gegenüber Satellit

Luftbildfotografie hat Vorteile gegenüber Satellitenfotos

Und heute? Ist die Luftbildfotografie angesichts von Satelliten überflüssig geworden? Keineswegs, sagt Eric Kommnick vom Landesamt für Vermessung und Geoinformation. Luftbilder liefern immer noch die höhere Auflösung. Und sie können den Zustand eines Gebietes praktisch zu einem Zeitpunkt darstellen, während Satellitenaufnahmen dagegen häufig aus etlichen, über einen längeren Zeitraum gemachten Aufnahmen zusammengestellt werden müssen. Denn die Erdtrabanten blicken häufig nicht auf die Erdoberfläche, sondern auf Wolken.