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Kühnauer Heide ist bis heute tabu

Von Annette Gens 14.06.2007, 16:27

Dessau/MZ. - Im Wald war ein Schießplatz russischer Streitkräfte. Überhaupt war die komplette Gegend früher Militärgelände.

Eingeschränkte Jagd

Jens Teichmann (Kleinkühnau) ärgert, dass 17 Jahre nach der Wende das Gelände noch immer Sperrgebiet ist. Er sieht in einer Verbindung zwischen Mosigkau und Kleinkühnau touristische Potenziale. Weshalb werden diese nicht genutzt? Weshalb finden in diesem Areal dann Jagden statt?

"Über die Keinkühnauer Heide wird viel spekuliert", weiß Förster Oliver Habelitz, der das Gebiet vom Forstamt Susigke aus betreut. Seit russische Truppen abzogen, wird die 970 Hektar große Wald- und Heidelandschaft (knapp die Hälfte befindet sich auf dem Territorium der Stadt Dessau) vom Bundesinstitut für Immobilienwirtschaft, für das Habelitz arbeitet, verwaltet und teilweise auch bejagt. Letzteres allerdings mit erheblichen Einschränkungen: Im so genannten Kerngebiet der Heide herrsche totales Betretungsverbot, verweist Habelitz auf die Gefahrenabwehrverordnung des Landes Sachsen-Anhalt. Die Jäger müssten zudem eine Haftungsverzichtserklärung unterschreiben, wenn sie in der Kühnauer Heide jagen gehen. Es gebe weitere strenge Auflagen.

Wollte man die Heide für touristische Zwecke nutzen, müsste Sachsen-Anhalts Kampfmittelbeseitigungsdienst Teile des Areals beräumen. Dessen Belastung durch russische Streitkräfte sei das eine. Das andere: "Wir wissen, dass in den 30er und 40er Jahren durch die Junkerswerke der Wald mit Bordkanonen beschossen wurde", erinnert Wolfgang Brezing, Leiter des Bundesforstamtes Roßlau der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, an die Produktion von Flugzeugen in Dessau für Kriegszwecke. Der Kampfmittelbeseitigungsdienst gehe deshalb davon aus, dass die komplette Heide nur zu beräumen sei, wenn Kampfmittel-Experten den Boden bis zu einer Tiefe von mehreren Metern untersuchen würden. "Eine Tiefenberäumung hätte die Zerstörung des Naturschutzgebietes zur Folge", schildert Brezing das Folgeproblem.

Weg am Heiderand?

Planungen der Stadt beziehen sich derzeit nur auf den Rand der Heide. Dort könnte theoretisch der Ring des Fürst-Franz-Rundwanderweges geschlossen werden. Die Finanzierung des Vorhabens ist jedoch nur durch Fördermittel möglich, heißt es aus der Verwaltung. "Deshalb bemüht sich die Stadt gegenwärtig, das Projekt in das Leader-Programm einzubringen", sagte Pressesprecher Carsten Sauer. Für das Vorhaben sei der Bau einer Brücke notwendig. Die Gartenreichtour Fürst Franz ist als Rundtour konzipiert und soll mittelfristig realisiert werden.

In der Kleinkühnauer Heide erobert sich derzeit die Natur zurück, was ihr einst genommen worden ist. Teile der Heide sind als FFH-Gebiet ausgewiesen. Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie - kurz FFH - ist eine Naturschutz-Richtlinie der Europäischen Union, die 1992 beschlossen wurde. In den Mischwaldgebieten sind u. a. Schwarzspecht, Wespenbussard, Ziegenmelker oder Neuntöter zu Hause.