Kriminalpolizei Kriminalpolizei: Mit Serienhelden kein Vergleich
Bernburg/MZ. - Kriminalhauptmeister Achmed Bergmann steuert sein Dienstfahrzeug durch die Kustrenaer Straße. Eine Aufenthaltsermittlung steht an. Bergmann ist mit seinem Kollegen Roland Hamplewski, Polizeihauptmeister, unterwegs. Beide gehören zur Operativen Fahndungsgruppe des Polizeireviers Bernburg.
Die Operative Fahndungsgruppe ist ein Novum auf Revierebene. Ins Leben gerufen wurde sie am 1. November 2003. Fünf Beamte und eine Angestellte gehören zum Team. Zunächst nur für ein viertel Jahr gebildet, wurde die Tätigkeit nun noch einmal um drei Monate verlängert. Ende April soll dann endgültig entschieden werden, ob die Fahndungsgruppe weiter besteht oder wieder aufgelöst wird. Für Bergmann und Hamplewski ist klar: Die Gruppe sollte weiter bestehen, die Erfolge sprächen für sich.
Nahe der Spar-Kaufhalle hält Bergmann das Fahrzeug an. "Wir suchen eine Frau." Ihr soll per Gerichtsbeschluss ein Bescheid über eine Geldstrafe zugestellt werden. Der Bescheid ging aber postwendend ans Gericht zurück. Das Gericht will nun von der Polizei wissen, wo die Frau überhaupt wohnt. Wie sich nun heraus stellte, ist die Gesuchte erst kürzlich umgezogen. Die Polizisten haben zuvor beim Einwohnermeldeamt die neue Adresse erfahren und prüfen nun, ob die Frau auch tatsächlich dort wohnt. Und sie haben Glück: Schon nach dem ersten Klingeln öffnet sich die Tür.
Pech hingegen hatten sie knapp fünf Minuten zuvor in Roschwitz. Der dort Gesuchte, war nicht anzutreffen. Ein Nachbar gab aber Auskunft, dass er tatsächlich noch dort wohnt: "Ich habe ihn doch heute Morgen erst noch gesehen." Weiter geht es Richtung Könnern. Eine Verhaftung steht auf dem Programm. Die Kripo hat einen Tipp bekommen: Der zur Fahndung ausgeschriebene Mann soll sich dort aufhalten. Sein Fahrzeug wurde beobachtet. Aber auch hier haben die Polizisten diesmal kein Glück: Vom Auto keine Spur, das Grundstück ist verwaist. "Manch einer taucht über Wochen und Monate unter. In Einzelfällen kann eine Fahndung auch Jahre dauern. Aber irgendwann kriegen wir jeden. Das ist nur eine Frage der Zeit", meint Bergmann.
Was die Fahndungsgruppe so erfolgreich macht, ist einerseits, dass sie hauptsächlich mit Ermittlung und Fahndung vor Ort beschäftigt ist. "Wir haben hier im Revier keinen Termindruck mit Vernehmungen oder Vorladungen", erklärt Kriminaloberkommissar Torsten Hendrich, der Leiter der Operativen Fahndungsgruppe. Großes Plus der Truppe ist ihr flexibler Einsatz. "Wir können sofort auf eine neue Lage reagieren." Ist nicht der sofortige Einsatz gefordert, arbeiten die Kriminalisten ihre Schwerpunktaufgaben ab: die Sach- und Personenfahndung.
Die Sachfahndung ist auch das nächste Anliegen von Bergmann und Hamplewski. Es geht um gestohlene Fahrräder. Über Schleichwege nähert sich das Dienstfahrzeug den Asylbewerberunterkünften. "Wir kontrollieren gleich das Gelände nach verdächtigen Personen", erklärt Bergmann. Das Gebiet um die Asylbewerberunterkünfte ist als jugendgefährdender und verrufener Ort gekennzeichnet. Tatsache ist, dass hier mit Drogen gehandelt wird. Jugendliche, die sich hier aufhalten, stehen im Verdacht, sich Drogen besorgen zu wollen. Am frühen Nachmittag ist aber alles ruhig.
"Das Rad hier ist neu." Unter den etwa 20 Fahrrädern an der Unterkunft fiel der Blick von Hamplewski sofort auf das grau-blaue Mountainbike. Ein Großteil der anderen Fahrräder ist zum Radeln unbrauchbar - entweder die Kette ist abgesprungen oder ein Rad hat einen Platten. Der Polizeihauptmeister notiert die Rahmennummer des verdächtigen Rades. Die Nummer wird in die Zentrale der Fahndungsgruppe weitergegeben. Dort wird geprüft, ob eine Diebstahlsanzeige vorliegt.
Von dort kommt Entwarnung: es liegt nichts vor. Also stellen die Polizisten das Rad wieder auf seinen Platz. Wäre das Rad als gestohlen gemeldet, "hätten wir das Rad sofort mitgenommen und sichergestellt", erklärt Bergmann. Dies wäre nicht das erste Mal gewesen. Eine Chance, den Dieb zu ermitteln, gebe es aber praktisch nicht, wenn das Rad vor dem Haus angeschlossen steht.
"Fahrraddiebstähle sind kein Kavaliersdelikt. Wir nehmen diese Sache sehr ernst", meint Hendrich. Die Polizei hat in der jüngsten Zeit ihre Fahrradkontrollen verstärkt. "Das spricht sich rum."
Während Bergmann und Hamplewski weiter im Landkreis unterwegs sind, nimmt ihre Kollegin Susann Schrödter eine Anzeige auf. Bei einer Ausstellung in der Talstadt wurden zwei übermannsgroße Engelsfiguren aus Metall gestohlen. Das Dumme an der Sache: Die Tat liegt schon einige Zeit zurück. Der Veranstalter hatte die Tat damals nicht angezeigt. Klar ist nur eines: Zum Abtransport des Diebesgutes muss ein Transporter genutzt worden sein. Zum Wegtragen waren die Figuren wohl zu schwer.
Dass eine Frau zur Operativen Fahndungsgruppe gehört, macht durchaus Sinn. So dürfen beispielsweise bei der Verhaftung von Frauen die Durchsuchungen der Person nur Frauen vornehmen. "Bei Sexualdelikten fällt es weiblichen Opfern leichter, mit einer Frau über die Tat zu sprechen", zählt die Kriminalobermeisterin noch einen Fall auf, wo speziell eine Frau gefragt ist. Ansonsten aber macht Susann Schrödter den selben Dienst wie ihre männlichen Kollegen. Natürlich auch nachts und an den Wochenenden, wenn ein Einsatz ansteht.
Und so fing der Arbeitstag der Fahndungsgruppe in aller Frühe diesmal mit einer Durchsuchung an. "Wir waren gerade fertig, da bekamen wir einen Tipp, dass ein zur Fahndung stehender Mann beim Betreten des Sozialamtes gesehen wurde", berichtet Bergmann.
Widerstandslos ließ sich der Mann festnehmen und wurde zur ersten Vernehmung ins Polizeirevier gebracht. Monatelang war er untergetaucht, hielt sich in einem anderen Bundesland auf. Gefahndet wurde nach ihm, da er eine Geldstrafe nicht bezahlt hatte. Und da er auch jetzt die Strafe nicht bezahlen kann, wird er ins Gefängnis gebracht und muss die ersatzweise verhängte Gefängnisstrafe absitzen.
Für die Operative Fahndungsgruppe geht der Tag mit Routinearbeit weiter: Aufenthaltsermittlungen, Vollzug von Haftbefehlen. Am nächsten Tag müssen einige der Kriminalisten früh aufstehen: eine Durchsuchung ist geplant.