Kostenfalle Schlüsseldienst Kostenfalle Schlüsseldienst: Auch in Dessau gibt es schwarze Schafe

Dessau-Rosslau - Die Tür ist zu, der Schlüssel liegt drin - und der Mieter steht draußen. Diese Notsituation nutzen unseriöse Schlüsseldienste aus und kassieren extrem hohe Preise - immer mehr auch in Dessau-Roßlau.
Beim letzten Fall im November hatte sich eine 63-Jährige ausgesperrt und musste für die Türöffnung 2.000 Euro zahlen. Zwei Wochen vorher traf es einen 45-Jährigen in Dessau-Süd: Er zahlte 639 Euro. In beiden Fällen stellte eine Firma aus Essen die Rechnung. Wie sie auf die hohen Summen kommt, ist unklar.
Es gibt mehrere Fälle im Monat
„Inzwischen werden fast wöchentlich Anzeigen wegen Betruges gegen Schlüsselnotdienste gestellt“, sagt Sebastian Opitz vom Dessau-Roßlauer Polizeirevier. „Die Dunkelziffer dürfte höher sein, weil viele keine Anzeige erstatten.“
Genaue Zahlen gibt es nicht, weil solche Fälle nicht in einer eigenen Kategorie erfasst werden, sondern unter Betrug laufen. Auch in der Dessauer Verbraucherzentrale häufen sich die Beschwerden. „Die Fälle zu Schlüsseldiensten nehmen stetig zu“, sagt Anne Neumann. In Dessau sei es mindestens einer pro Monat, in ganz Sachsen-Anhalt sind bislang etwa 100 Fälle in diesem Jahr bekannt. „Aber das ist nur die Spitze des Eisbergs.“
Anbieter täuschen vor ortsansässig zu sein
Die Masche sei ähnlich: Anbieter täuschen durch einen „geschickten Eintrag“ auf Internetseiten oder in Telefonbüchern vor, ortsansässig zu sein. Sie firmieren unter gekauften Vorwahlen und falschem Namen, manchmal wird auch ein bekannter Straßenname der Stadt angegeben.
In anderen Fällen werden statt Ortsvorwahl 0800-Nummern hinterlegt. Tatsächlich landet der Anrufer bei einer Zentrale eines Großanbieters im Umland oder gar einem anderen Bundesland. Der vergibt den Auftrag an meist selbstständige Monteure, die zum Teil kilometerweit anfahren. In den horrenden Preisen enthalten sind hohe Pauschalen für den Arbeitseinsatz, überteuerte Ersatzteile und Zeit-Zuschläge.
Verbraucherberaterin Anne Neumann: „Uns ist bekannt, dass eine Firma aus Essen in Dessau agiert“
„Uns ist bekannt, dass eine Firma aus Essen in Dessau agiert“, so Verbraucherberaterin Neumann. Im Internet finde man die Firma unter dem Namen auf der Rechnung nicht. „Mit ihrer Masche ist sie leider auch kein Einzelfall.“ Die Bundesnetzagentur hat inzwischen reagiert und im Sommer angeordnet, dass 52.000 Rufnummern abgeschaltet werden, mit denen Unternehmen Ortsnähe vortäuschten.
Anne Neumann rät einen Festpreis am Telefon zu vereinbaren
Neumann rät Kunden, vor einem Auftrag genau nachzufragen, woher der Schlüsseldienst kommt. Vereinbart werden solle am Telefon auch ein Festpreis. Eine Türöffnung innerhalb von 15 Minuten koste maximal zwischen 75 und 100 Euro plus Fahrtkostenpauschale von 36 Euro und womöglich Zuschläge an Wochenenden, Feiertagen oder für Nachteinsätze.
„Es sollte eine detaillierte Rechnung verlangt und auch nur das gezahlt werden, was vereinbart war.“ Die Aufforderung zur sofortigen Zahlung sollten Kunden ablehnen, so Neumann. „Baut der Handwerker Druck auf - Nachbarn oder Polizei rufen.“ Ist die Rechnung aber bezahlt, ist eine Strafverfolgung schwierig. „Außergerichtlich gibt es kaum Chancen, zu viel bezahltes Geld zurück zu bekommen.“
Kunden können Vertrag wegen Wucher oder arglistiger Täuschung anfechten
Das bestätigt Sebastian Opitz vom Dessau-Roßlauer Polizeirevier. Es werde zwar ermittelt und auch die Staatsanwaltschaft prüft, ob eine Straftat besteht. „Aber wenn der Vertrag unterschrieben und Geld gezahlt wurde, gibt es kaum Möglichkeiten.“
Kunden könnten höchstens den Vertrag wegen Wucher oder arglistiger Täuschung anfechten, weil eine falsche Telefonnummer Ortsansässigkeit vortäuscht. „Allerdings gibt es ohne gerichtliche Auseinandersetzung mit einem Urteil auch keine Rückzahlung.“
Urteil wegen Wucher in Köthen
Am Amtsgericht in Köthen aber ist in dieser Woche ein Schlüsseldienstanbieter aus Gelsenkirchen verurteilt worden - zu 2.400 Euro wegen Wucher. Er hatte für die Türöffnung einer 89-jährigen Köthenerin am Ostersonntag fast 1.200 Euro verlangt. Für Anfahrt und Öffnung berechnete er 189 Euro. Für neues Schloss und Zylinder wurden 370 Euro fällig, zudem 189 Euro pro angebrochene Viertelstunde Arbeit. Ortsansässige Schlüsseldienste erklärten vor Gericht aber: Für Öffnung und Schlössertausch seien an einem Feiertag nur zwischen 200 und 400 Euro üblich.
Beim Dispatcher der DVV Stadtwerke kann der Schlüsselnotdienst in Dessau-Roßlau erfragt werden unter 0340/ 8 99 20 00. (mz)