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Kommunale Friedhöfe  Kommunale Friedhöfe in Dessau: Eine unordentliche letzte Ruhe?

Von Heidi Thiemann 07.07.2016, 10:42
Der Pflegezustand des Friedhofs in der Berliner Straße ist in ihren Augen verbesserungswürdig.
Der Pflegezustand des Friedhofs in der Berliner Straße ist in ihren Augen verbesserungswürdig. Lutz Sebastian

Dessau-Roßlau - Wenn sie das Grab ihrer Eltern, ihres Bruders und ihres Schwagers auf dem Roßlauer Friedhof an der Berliner Straße besucht, dann ist Monika Osadchi auch enttäuscht. „Wir pflegen die Grabstelle selbst, doch egal, wie man sich müht, es sieht einfach schlimm aus.“

Kein schöner Ruheplatz

Osadchi, ihre Schwägerin Ramona Lucas und Neffe Justin Wünsche führen die MZ in einen entlegenen Teil des Friedhofs zu den Grabstellen, deuten hier nicht nur auf ungeschnittene Hecken, auch auf viel Laub, das hinter die Gräber unter Bäume geschoben wurde, sowie Baumschnitt, der nicht beräumt worden ist.

Im Gegensatz zu den Grabstellen an den gepflegten Hauptwegen, stellen die Frauen fest, ist das kein schöner Ruheplatz mehr. Die Natur rückt immer näher an die Gräber heran. Zum Teil sind die Gräber auch abgesackt.

60 Hektar Fläche

Der Roßlauer Friedhof II gehört zu den insgesamt 14 Friedhöfen, die in kommunaler Trägerschaft sind, erklärt Sabine Moritz, Leiterin des Stadtpflegebetriebs.

Neben ihrer Hauptfunktion als Bestattungsplätze sind sie auch Teil des städtischen Grünsystems. Und das umfasst immerhin eine Fläche von etwa 60 Hektar. „Wenn man 14 Friedhöfe hat, muss man schauen, wie man mit öffentlichen Mitteln haushaltet. Wir können nicht alle mit gleicher Intensität pflegen“, macht Moritz deutlich.

Trotzdem fielen im vergangenen Jahr 800.000 Euro Pflegekosten an. Rund 35 Prozent davon werden von der Stadt getragen - für die Pflege des öffentlichen Grüns. Auch die Pflege von 1.767 Kriegsgräbern mit über 2.300 Kriegstoten wird von der Stadt finanziell unterstützt. Der Großteil der Pflegekosten aber wird über die Grabnutzungsentgelte erwirtschaftet.

Es mangelt an Arbeitskräften

Auf dem Zentralfriedhof in Dessau arbeiten neun Mitarbeiter in Voll- und zwei in Teilzeit, auf dem Friedhof III vier Vollzeitkräfte und ein geringfügig Beschäftigter, erklärt Heidrun Willfeld, Leiterin der Friedhofsverwaltung.

In Roßlau wird die Pflege auf dem Friedhof von der Grünpflegeabteilung des Stadtpflegebetriebs unterstützt. Hinzu kommen auf den Friedhöfen noch insgesamt vier Bundesfreiwillige (einer in Roßlau) und sieben Ein-Euro-Jobber (zwei in Roßlau). Letztere werden aber nur in Arealen eingesetzt, wo es keine Nutzungsrechte mehr gibt.

„In Spitzenzeiten hatten wir über 20 Kräfte über den zweiten Arbeitsmarkt beschäftigen können“, sagt Moritz. Diese Zahl aber hat sich mehr als halbiert.

900 Bestattungen im Jahr

Das mache sich bei der allgemeinen Pflege bemerkbar. Denn die Angestellten auf den Friedhöfen kümmern sich ja nicht nur um das Grün, erklärt Grit Dickoff, Vorarbeiterin der Friedhofspflege.

Es gibt 900 Bestattungen im Jahr. Diese müssen vorbereitet und in den normalen Ablauf mit eingeplant werden. „Alles andere muss sich danach richten“, sagt Heidrun Willfeld. Für eine Erdbestattung werden zum Beispiel vier Träger gebraucht.

Das sind keine Extra-Mitarbeiter, sondern die des Friedhofs. Auch die jeweilige Trauerhalle (es gibt insgesamt 18 Hallen) wie auch das Umfeld der Grabstätten herzurichten, gehört zu ihren Aufgaben. Ebenso die Baumpflege und im Winter das Beräumen der Wege. Bänke und Tore sind in Schuss zu halten wie auch Brunnen.

„Es ist sehr vieles zu schultern“, erklärt Willfeld. Und manches, wie das Schneiden der Hecken, sei nur einmal im Jahr schaffbar.

Niemand will seinen Friedhof aufgeben

Die Leiterin der Friedhofsverwaltung weiß, niemand in der Stadt wolle seinen Friedhof aufgeben. Auf dem Friedhof in Kleinkühnau finden keine Bestattungen mehr statt, der Friedhof Naundorf soll entwidmet und dort keine Nutzungsrechte mehr vergeben werden.

In Großkühnau wiederum hat sich ein Förderkreis gefunden, der die Pflegemaßnahmen unterstützt. Was die Friedhofsmitarbeiter sehr entlaste. Rodleben wiederum habe den Friedhof in eigener Pflege.

„Mit Kritik und Beschwerden“, betont Willfeld, „gehen wir sensibel um. Wir bemühen uns die Probleme abzustellen.“ Auch das der Leserin in Roßlau.

Insgesamt 14 kommunale Friedhöfe gibt es in Dessau-Roßlau: Friedhof III, Friedhof I, Friedhof Ziebigk, Friedhof Alten, Friedhof Jonitz, Friedhof Kochstedt, Friedhof Kleinkühnau, Friedhof Großkühnau, Friedhof Naundorf, Friedhof Kleutsch, Friedhof Neeken und der Ehrenfriedhof im Ortsteil Dessau sowie die Friedhöfe Roßlau II und Meinsdorf. (mz/hth)

Als Waldfriedhof angelegt

Der Roßlauer Friedhof ist in den 1920er Jahren auf einem 6,5 Hektar großen Areal als Waldfriedhof angelegt worden. In vielen Grabreihen sind die Nutzungsrechte abgelaufen, aber es bleibt die Fläche zu pflegen, sagt Antje Schönwitz, die bei der Friedhofsverwaltung in Roßlau die Ansprechpartnerin ist.

Mit den Mitarbeitern eine noch intensivere Pflege zu gewährleisten, sei nicht machbar. Für die Angehörigen umliegender Grabstellen sei das freilich unangenehm. „Wenn wir mehr Leute einstellen“, sagt Sabine Moritz zu einer Möglichkeit, „explodieren die Friedhofsgebühren.“ Und dies wolle auch niemand.

Viele Grabstellen bleiben leer

Insgesamt habe sich in den vergangenen Jahren die Bestattungskultur geändert. Viele Bestattungen finden nunmehr auf der grünen Wiese, in der Urnengemeinschaftsanlage oder in Kolumbarien statt. Was auch erklärt, weshalb viele traditionelle Grabstellen, wie in Roßlau, leer bleiben.

Bei der Verleihung neuer Nutzungsrechte, erklärt Willfeld, wird deshalb darauf orientiert, diese zu konzentrieren. Dabei werde auch darauf geschaut, dass die Außenbereiche nach und nach wegfallen.

Bei Problemen und Anmerkungen, aber auch für Beratungen, verweisen die Mitarbeiterinnen, könne sich Bürger stets an die Friedhofsverwaltung wenden. Diese sind auf dem Zentralfriedhof sowie auf dem Friedhof II in Roßlau zu finden.

Mehr Informationen zur Friedhofsverwaltung im Internet unter www.stadtpflege.dessau.de

(mz)

Ramona Lucas, Monika Osadchi und Justin Wünsche (v. li.) an den Gräbern ihrer Familienangehörigen.
Ramona Lucas, Monika Osadchi und Justin Wünsche (v. li.) an den Gräbern ihrer Familienangehörigen.
Lutz Sebastian