Kleingärten Kleingärten: Habseligkeiten im Container

Dessau/MZ - Die Situation? „Sauschlecht“, sagt Dieter Röder. Das Hochwasser hat sich zwar zurückgezogen aus der Anlage „Eschenweg“, deren Vorsitzender er ist. Aber nun stehen die Kleingärtner mit leeren Händen da - wie auch an den Stillingen oder am Landhaus.
Mannshoch klebt der Schlamm an den Bäumen und Sträuchern. Auf den Beeten ist nur noch zu erahnen, was hier einmal angepflanzt wurde. Wenn überhaupt noch etwas wächst und nicht erstickt ist. Wie die Rosen, deren Blüten sich über den Rosenbögen der Sonne entgegenrecken. Fast so, als sei nichts passiert.
Viele Gartenhäuser sind schon leer geräumt. Das Wasser hat darin nur Sperrmüll hinterlassen, der sich jetzt am Zaun der Anlage sammelt. Zu gebrauchen ist nichts mehr. Unermüdlich fahren Gartenfreunde wie Achim Großheim, Gottlieb Philipps und Egon Kurt mit Fahrradanhängern und Schubkarren hin und her, um die Habseligkeiten zu entsorgen.
Die kommen in Container, die auf dem Parkplatz zwischen den Anlagen Eschenweg und Stillinge stehen. Hier haben Marco Föhse und Uwe Hosang aus der Gartensparte Stillinge das Zepter zugeteilt bekommen, stapeln unermüdlich, damit kein Platz vergeudet wird, sondern so viel Müll wie möglich hineinpasst. „Wir haben viele alte Leute, die krank sind und nicht mehr können“, sagt Hosang, warum er so kräftig zupackt. „Außerdem muss man zusammenhalten. So wie es doch sein sollte.“
Resignation trifft auf Aufbruchstimmung. „Landschaftlich sind wir doch hier im Paradies“, findet Margitta Richter, Vorsitzende der Gartensparte Stillinge. Dass das freilich innerhalb von elf Jahren zweimal überschwemmt wurde, und nun so schlimm wie nie zuvor? Doch Richter will vor allem eines: nach vorne schauen.
„Mit den Containern hat es toll geklappt“, lobt sie den Stadtverband. Aber die Container müssen auch gefüllt werden. Warum, fragt Dieter Röder, hat man nach dem Katastrophenfall nicht unbürokratisch Ein-Euro-Jobber hier einsetzen können? Oder ob hier nicht auch andere, nicht betroffene Gartenvereine helfen könnten, fragt Margitta Richter. „Wir brauchen dringend Hilfe in Form von Muskelkraft“, sagt sie. Denn viele Gartenfreunde seien betagt, schaffen das Aufräumen nicht mehr.
„Die Vorsitzenden spannen sich überall vor den Karren“, zieht Klaus Ludolf, der Vorsitzende des Stadtverbandes der Gartenfreunde in Dessau den Hut. „Sie und die Vorstände packen nicht nur tatkräftig zu, sondern sie geben auch psychologische Hilfe“, ergänzt Geschäftsführer Joachim Ulrich. „Wir sind stolz auf unsere Kleingärtner, dass sie versuchen weiterzumachen und aufzuräumen.“
Die Container werden vom Stadtpflegebetrieb in Absprache mit dem Stadtverband bereitgestellt. Bezahlt wird die Entsorgung vom Land, weil Dessau-Roßlau den Katastrophenfall ausgerufen hatte, so Ludolf. Doch so schnell, wie die Container gefüllt sind, können sie gar nicht abtransportiert werden. An den Seiten sammeln sich schon die nächsten Sperrmüllhaufen. Doch das, hoffen Ludolf und Ullrich, spiele sich mehr und mehr ein. Anfangs freilich gab es viel Unmut in den Sparten.
Doch wie geht es überhaupt weiter in den Vereinen, die im Überflutungsgebiet liegen? „Sie müssen sich entscheiden“, erklärt Ludolf. Er weiß, gerade ältere Gartenfreunde haben die Nase voll. Andere wollen weitermachen - in der eigenen oder in anderen Anlagen, die nicht vom Wasser betroffen sind. Der Stadtverband, sagt Ulrich, helfe da gerne beim Vermitteln.
Auch im Eschenweg steht am Wochenende die Entscheidung an. „Eigentlich hätten wir am Samstagnachmittag unser Garten- und Kinderfest gefeiert“, sagt Dieter Röder. Er zeigt auf die Fläche, auf der sonst so viel los war. Nun liegt sie brach. Für immer?
