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Kampf gegen Leerstand in Dessau Kampf gegen Leerstand in Dessau: Kleingartenverein hat neue Pächter gefunden

Von danny gitter 02.03.2016, 14:01
Jürgen Naumann, Vorsitzender der Kleingartensparte „Heinrich Förster“.
Jürgen Naumann, Vorsitzender der Kleingartensparte „Heinrich Förster“. Lutz Sebastian

Dessau-Roßlau - Er zählt die Tage runter und kann es wie viele seiner Mitstreiter kaum erwarten, endlich wieder Hand anzulegen, endlich den eigenen Garten aus dem Winterschlaf zu holen. „Es juckt einem schon förmlich in den Fingern. Wird Zeit, dass der Frühling kommt und bleibt“, sagt Jürgen Naumann vom Vorstand des Kleingartenvereins „Heinrich Förster“.

Dringend notwendiger Erfolg

Wenn Ende des Monats, Anfang April, die neue Gartensaison endgültig an Fahrt aufgenommen hat, dann würden Jürgen Naumann und die Gartenfreunde der Sparte in Nachbarschaft zum Technikmuseum „Hugo Junkers“ und Finanzamt auch gerne wieder zahlreiche neue Gärtner begrüßen. „23 neue Pachtverträge konnten 2015 unterzeichnet werden“, blickt Naumann zurück. Ein Erfolg. Aber angesichts der 250 Parzellen, einem Leerstand von 42 und einer rasant alternden Gärtnergemeinschaft ist es auch notwendiger denn je, weiterhin neue Mitglieder zu gewinnen.

Nach dem Wende-Blues erleben Kleingartensparten seit den vergangenen Jahren erneut eine schwere Krise. „Ein Garten ist ja heute nicht mehr überlebensnotwendig und dazu noch im Übermaß vorhanden“, weiß der Gartenvorstand um die schweren Zeiten nicht nur in seiner Sparte. Acht Jahre hat Naumann einst mit seiner Familie auf einen Garten gewartet. Als man dann eine Parzelle endlich sein Eigen nennen konnte, wurde gegärtnert, was der Boden hergab. Nach der politischen Wende gab es Obst und Gemüse im Überfluss zu kaufen. Trotzdem entschieden sich auch zu Naumanns Überraschung erstaunlich viele, weiterhin eine Parzelle zu betreiben.

Der Kleingartenverein „Heinrich Förster“ in der Nähe des Finanzamtes und des Technikmuseums „Hugo Junkers“ in Dessau-Siedlung wurde 1939 gegründet. Heute zählt die Sparte 250 Gärten, die sich auf einem Gebiet von der Fichtenbreite bis zum Sportplatz an der Neuen Schule in Kleinkühnau sowie von der Kühnauer Straße bis zur Kienheide erstrecken. Die Durchschnittsgröße der Parzellen beträgt 440 Quadratmeter. Einzelne Gärten sind bis zu 680 Quadratmeter groß. 42 Parzellen stehen derzeit leer. Mit dem Gartenlokal „Zur Försterklause“ gibt es auch eine Gastronomie. Sprechstunde im Vereinsheim ist jeden ersten Sonntag im Monat von 10 bis 11 Uhr. (dgi)

Nicht alle halten durch

Doch viele Gärtner sind in die Jahre gekommen. Irgendwann geht es nicht mehr. Die grüne Oase wird aufgegeben. Schön, wenn sich fast nahtlos ein jüngerer Nachfolger findet. Dumm, wenn aus beruflichen Gründen oder Selbstüberschätzung der enthusiastische Gärtner bald wieder die Segel streichen muss. Naumann erlebt das nicht selten. Auch von den 23 neuen Pachtverträgen, die im letzten Jahr unterzeichnet wurden, sind vier schon wieder aufgelöst.

Dann heißt es, trotzdem dranzubleiben und nach Kräften die verlassenen Gärten mit anderen Freiwilligen einigermaßen in Schuss zu halten. In vielen der 42 leerstehenden Gärten in der Gartensparte „Heinrich Förster“ braucht es noch nicht zu viel Fantasie, um Strukturen zu erkennen, um mit ein paar beherzten Handgriffen wieder eine ansehnliche Gartenlandschaft herzustellen. „Vor allem den Zustand der Lauben und Bungalows versuchen wir, so gut wie möglich zu erhalten“, sagt Naumann. Denn Nachlässigkeiten können da schnell sehr teuer werden. Und baufällige Lauben und Bungalows will kaum ein neuer Gärtner haben. Viel Zeit und Kraft investieren der ehemalige Konstrukteur Naumann und andere handwerklich begabte Kleingärtner der Sparte, um die Gebäude in den leerstehenden Gärten in Schuss zu halten.

Abriss für 15 Gärten beantragt

Noch finden sich auch genug Freiwillige, um die verlassenen Gärten zumindest grob zu pflegen. Trotzdem ist es längst kein Tabu mehr, einzelne Gärten auch dauerhaft aufzugeben. Für 15 hat der Verein über den Stadtverband der Gartenfreunde Fördermittel zum Abriss beantragt. Bewilligt wurden sie noch nicht.

Für die Gärten in der Vermietung wird ordentlich die Werbetrommel gerührt. Aushänge in Supermärkten, Werbung in den Schaukästen und Mundpropaganda sollen potenziellen Laubenpiepern das Gärtnerleben schmackhaft machen. „Es gibt doch gerade für Familien mit Kindern kaum was Schöneres als einen eigenen grünen Rückzugsraum zu haben, echtes Bio-Obst und -Gemüse anzubauen und mit einem eigenen Garten noch aktiv Umweltschutz zu betreiben“, ist sich Naumann sicher. (mz)