Jugendgerichtshilfe Jugendgerichtshilfe: Vorschlag für Strafmaß bei Gerichtsverhandlung
Bernburg/MZ. - Die Mitarbeiter der Jugendgerichtshilfe werden immer dann tätig, wenn ein Jugendlicher angeklagt wird. "Nach der Anklageerhebung laden wir die Angeklagten zu einem Gespräch ein." Bei unter 18-Jährigen werden auch die Eltern eingeladen. Ziel ist es, sich von der Entwicklung der Jugendlichen ein Bild zu machen. "Wir achten auf Besonderheiten in der Entwicklung, auf mögliche Auffälligkeiten im familiären und schulischen Bereich und versuchen, Hinweise zu finden, die das Verhalten, das zur Straftat führte, vielleicht erklärbar machen." Ein oder mehrere Gespräche sind dafür nötig. Als Resultat darauf wird ein Jugendgerichtshilfebericht erstellt, der zur Gerichtsakte gelegt wird.
Nicht nur das Gespräch mit dem Jugendlichen selbst wird geführt. "Als ich vor ein paar Jahren einen Mordfall zu bearbeiten hatte, habe ich auch viel im sozialen Umfeld des Jugendlichen recherchiert und mit vielen Leuten gesprochen."
Die Aktivität der Jugendgerichtshilfe ist an die freiwillige Mitarbeit der Straftäter gebunden. "Wir können niemanden zwingen, mit uns zu sprechen." Allerdings sind die Jugendlichen gut beraten, das Gesprächangebot anzunehmen. Hamel: "80 Prozent der Eingeladenen kommen auch." Denn der Vertreter der Jugendgerichtshilfe ist bei den Verhandlungen anwesend und gibt dort den Eindruck wieder, den er aus dem Gespräch gewonnen hat. "Wir machen dabei auch einen begründeten Sanktionsvorschlag." In der Regel, so Hamel, folgen die Gerichte den Vorschlägen der Jugendgerichtshilfe. Lehnt ein Straftäter die Zusammenarbeit ab, muss sich der Mitarbeiter der Jugendgerichtshilfe während der Verhandlung ein Bild von dem Angeklagten machen.
"Auch nach der Verhandlung sind wir für den Jugendlichen da", sagt Hamel. Dabei arbeitet der Landkreis mit dem Verein Rückenwind zusammen. Je nach Strafmaß werden beispielsweise gemeinnützige Arbeitsstunden fällig. Die werden von Rückenwind vermittelt, die Jugendlichen werden dabei weiter betreut und auch überwacht. Ist das Strafmaß erfüllt, gibt es einen schriftlichen Bericht an die Jugendgerichtshilfe bzw. das Gericht.
Wird eine Jugendstrafe verhängt, "machen wir in regelmäßig Haftbesuche, sprechen mit unseren Jugendlichen über Probleme." Geholfen wird auch bei der anstehenden Haftentlassung - wenn es darum geht, eine Ausbildungsstelle oder eine Wohnung zu finden. Jugendliche Straftäter aus Bernburg sitzen derzeit in den Jugendanstalten Raßnitz und Halle ein.
"Bei uns landen wirklich nur die Fälle, bei denen Anklage erhoben wird", erklärt Hamel. Im Jahr 2002 war dies bei 427 Jugendlichen der Fall. Das sind 6,5 Prozent aller Jugendlichen im Landkreis. Und natürlich gibt es auch Jugendliche, die öfter von der Jugendgerichtshilfe zum Gespräch geladen werden. "Eine gewisse Rückfallquote ist da und leider ist sie nicht gering."
Meist positiv, so Hamel, sei die Bereitschaft der jungen Leute zur Mitarbeit. "Wir sind in unserer Beurteilung aber strikt neutral - weder für noch gegen den Angeklagten." Doch verstehe sich die Arbeit der Jugendgerichtshilfe auch als Hilfe für die Betroffenen. Dies werde oft auch so verstanden. "Und so passiert es, dass ich von Jugendlichen, die ich einmal bei einem Gerichtsverfahren betreut hatte, auch auf der Straße angesprochen werde. Sie berichten, was aus ihnen geworden ist oder kommen manchmal auch mit einem Problem."