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Jobcenter in Dessau-Roßlau Jobcenter in Dessau-Roßlau: Chance für junge Mutter

Von sylke kaufhold 13.08.2014, 18:29
Britta Grahneis und Jens Krause schauen Stephanie Claußen über die Schulter.
Britta Grahneis und Jens Krause schauen Stephanie Claußen über die Schulter. sebastian Lizenz

dessau/MZ - Ruhig und freundlich spricht Stephanie Claußen an Telefon mit dem Kunden und erklärt Einzelheiten des Auftrags, den ihr Unternehmen - die Tischlerei Körting GmbH & Co KG - ausführen wird. Erlebt man die junge Frau an ihrem Arbeitsplatz, könnte man meinen, sie sei ein „alter Hase“ in ihrem Job.

Mit Aktionstagen will das Jobcenter auf die arbeitssuchenden Eltern aufmerksam machen. So findet am 26. August von 9.30 bis 13 Uhr im Mehrgenerationenhaus ein Familien-Aktionstag statt. Eltern können sich hier zu den Themen Arbeit, Kinderbetreuung und unterstützende Angebote informieren. In Vorträgen gibt es Infos zur Jobbörse oder ein Bewerbungstraining.

Am 3. September startet der Aktionstag „Einstellungssache“ Jobs für Eltern, bei dem Vermittlungskräfte arbeitssuchende Mütter oder Väter zu Vorstellungsgesprächen begleiten.

Weit gefehlt! Seit Montag erst sitzt die 29-Jährige im Büro der Firma in der Polysiusstraße. Bis Ende des Monats wird sie hier eine Trainingsmaßnahme des Jobcenters absolvieren, ehe sie am 1. September eine zweijährige Umschulung zur Bürokauffrau beginnt. „Vom Profi bin ich also noch weit entfernt“, wehrt Stephanie Claußen diesbezügliches Lob ab. „Aber ich will unbedingt ein Profi werden“, hat sie ein klares Ziel vor Augen.

Die junge Frau ist alleinerziehende Mutter eines einjährigen Töchterchens. Und gelernte Köchin. Vor ihrer Schwangerschaft hat sie in der Gastronomie gearbeitet, als Serviererin, im Eventmanagement. „Aber als alleinerziehende Mutter ist Gastronomie nicht machbar“, weiß sie.

Die Elternzeit hat Stephanie Claußen deshalb intensiv genutzt, um eine neue berufliche Perspektive zu finden. „Ich wollte auf jeden Fall wieder mit Menschen zu tun haben.“ In der Tischlerei Körting fand sie das, was sie suchte. Und bei Geschäftsführerin Britta Grahneis ein offenes Ohr. Weder die Tatsache, dass sie junge Mutter noch dass sie Hartz IV-Empfängerin ist, hielt die Unternehmerin ab, mit ihr einen Ausbildungsvertrag zu schließen. „Ich gebe jedem eine Chance, wenn er bereit ist, sich dafür zu engagieren“, erklärt Britta Grahneis ihre Maxime. Außerdem hätten ältere Auszubildende den Vorteil, dass sie schon erwachsener, reifer und damit engagierter seien als Jugendliche, die gerade von der Schule kommen. „Warum also nicht auch sie ins Team holen.“ Stephanie Claußen ist bereits die zweite Auszubildende im Unternehmen, die vom Jobcenter kommt. Ein junger Mann hat im vorigen Jahr eine Ausbildung zum Tischler begonnen. „Auch das passt prima“, so die Chefin.

Jobcenterchef Jens Krause wünschte sich mehr solche Unternehmer, gerade im Handwerk. „Leider ist Frau Grahneis ein Einzelfall.“ Viele hätten Vorurteile den Jobcenterkunden gegenüber und versuchten es gar nicht erst.

Die Ausbildungskosten übernimmt vollständig das Jobcenter. Stephanie Claußen erhält in dieser Zeit ihre Grundsicherungsleistungen weiter.

Die junge Frau ist glücklich, dass sie diese Chance bekommen hat und damit in absehbarer Zeit für ihre kleine Familie selbst sorgen kann. „Sicher wäre es einfacher ohne, das wird stressig werden“, erklärt sie ihre Motivation. „Aber ich denke in die Zukunft, dafür will ich etwas tun. Denn ich möchte meinem Kind etwas anderes vorleben, als vom Amt zu leben, und ich möchte ihm etwas bieten können.“

Die ersten drei Tage stimmen sie hoffnungsvoll. „Es macht Spaß und es tut mir gut, wieder unter Menschen zu sein.“