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Zentrale im Covid-Kampf In Roßlau laufen in Sachen Kontaktnachverfolgung, Statistik und Quarantäne alle Fäden zusammen

Wie sieht die Arbeit für das Gesundheitsamt aus und wer arbeitet hier?

Von Oliver Müller-Lorey Aktualisiert: 29.4.2021, 12:22
Elisabeth Kaluza arbeitet im Dessau-Roßlauer Gesundheitsamt in der Kontaktnachverfolgung.
Elisabeth Kaluza arbeitet im Dessau-Roßlauer Gesundheitsamt in der Kontaktnachverfolgung. (Foto: Thomas Ruttke)

Roßlau - Wer in Dessau-Roßlau einen Anruf von Angela Welhöner bekommt, den erwartet leider keine gute Nachricht. Obwohl die Dessauerin im Finanzamt angestellt ist, geht es nicht um einen Fehler in der Steuererklärung, einen nachzureichenden Beleg oder eine Betriebskostenprüfung. Grund ihres Anrufs ist die Nachricht, dass sich der Angerufene mit dem Coronavirus infiziert hat.

Welhöner arbeitet, wie derzeit 18 Personen, in einem der Kontaktnachverfolgungs-Teams des Gesundheitsamtes in der Roßlauer Gustav-Bergt-Straße. Nachdem eine der beiden ebenfalls in dem großen Gebäude arbeitenden Amtsärztinnen einen PCR-Test ausgewertet und ein positives Ergebnis bescheinigt hat, kommt ihr die Aufgabe zu, die Betroffenen über die weiteren Schritte zu informieren. „Manchmal wissen die Leute es schon, manchmal muss ich aber auch die schlechte Nachricht überbringen“, sagt Welhöner.

„Ich wurde schon bedroht. ,In zehn Minuten stehe ich in deinem Büro’ hat mal einer gesagt.“

Die Reaktionen seien dabei ganz unterschiedlich. „Ich wurde schon bedroht. ,In zehn Minuten stehe ich in deinem Büro’ hat mal einer gesagt.“ Aber es gibt auch ganz andere Telefonate. Welhöner, die im November wegen des großen Personalbedarfs vom Finanzamt nach Roßlau ins Gesundheitsamt wechselte, erinnert sich an ein Gespräch, das sie an einem Freitag mit einer Seniorin führte.

„Sie war völlig aufgelöst, sagte, dass ihre Kinder und Enkel in Quarantäne sind und sich niemand um sie kümmern kann“, erinnert sie sich. Nach dem Wochenende, an dem ihr der Fall keine Ruhe ließ, rief sie wieder bei der Frau an, doch sie meldete sich nicht. „Ich habe dann herausgefunden, dass sie ins Krankenhaus auf eine Covid-Station verlegt wurde.“ Das seien emotional aufwühlende Momente, sagt Welhöner, die dennoch froh ist, mit ihrer Arbeit in der Pandemie helfen zu können.

Bundeswehrsoldaten, Beamte aus anderen Ämtern, aus dem Stadtmarketing und aus der Privatwirtschaft helfen beim Gesundheitsamt aus

Wie sie sind derzeit viele Fachfremde Personen im Gesundheitsamt eingesetzt: Bundeswehrsoldaten, Beamte aus anderen Ämtern, aus dem Stadtmarketing und aus der Privatwirtschaft. „Rund 45 Prozent sind ursprünglich Mitarbeiter des Gesundheitsamtes“, sagt Mario Wegener, der selbst eigentlich im Jugendamt arbeitet, wegen seiner Führungserfahrung aber für den Aufbau der Corona-Abteilung im Gesundheitsamt abgestellt wurde. „Hier arbeiten sechs Teams: jeweils eines für die Hotline, die Statistik, die Testung und die Befundmitteilung sowie zwei Teams für die Kontaktnachverfolgung.“ Von 37 Stellen seien derzeit 33 besetzt.

Bürger, die weder infiziert noch Kontaktperson sind, dürften am häufigsten Kontakt mit der Hotline des Gesundheitsamtes haben. In den vergangenen Wochen kamen dort vor allem viele Fragen zum Thema impfen an. Ausgangspunkt für die Arbeit der Kontaktnachverfolgung ist dagegen ein PCR-Test, der meist in der Fieberambulanz genommen wird. Für nicht-mobile Personen gibt es auch noch Torsten Müller, eigentlich Schulzahnarzt. In der Pandemie fährt er durch die Stadt und nimmt Abstriche.

Eine Mitarbeiterin pflegt, derzeit noch per Hand am Computer, Listen, in denen die Infizierten und ihre Kontaktpersonen aufgeführt sind

Fällt ein Test positiv aus, kommt ein Mitglied des Kontaktnachverfolgungs-Teams ins Spiel. Es muss herausgefunden werden, mit welchen anderen Personen der Infizierte zuletzt Kontakt hatte - und das möglichst schnell. Seitdem die englische Mutante in Dessau-Roßlau grassiert, muss die Kontaktnachverfolgung innerhalb von 48?Stunden abgeschlossen sein. Recht einfach ist es, die Telefonnummer eines Freundes oder Kollegen aufzutreiben. Doch bei schwierigen Fällen, etwa wenn sich Kollegen von Zeitarbeitsfirmen, die sich kaum kennen, infizieren, gleicht die Arbeit der eines Detektivs.

Eine Mitarbeiterin pflegt, derzeit noch per Hand am Computer, Listen, in denen die Infizierten und ihre Kontaktpersonen aufgeführt sind. In Zukunft soll ein spezielles, „Sormas“ genanntes, Programm das vollautomatisch machen. (mz)

Daten von Kontaktpersonen werden zum Teil auf Papier vermerkt und archiviert.
Daten von Kontaktpersonen werden zum Teil auf Papier vermerkt und archiviert.
(Foto: Thomas Ruttke)
Mario Wegener (l.) baute die Struktur des Corona-Teams mit auf. Sein Kollege Frank Lange ist Amtstierarzt. Im Veterinärwesen muss die Arbeit weitergehen.
Mario Wegener (l.) baute die Struktur des Corona-Teams mit auf. Sein Kollege Frank Lange ist Amtstierarzt. Im Veterinärwesen muss die Arbeit weitergehen.
(Foto: Thomas Ruttke)