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Hohes Niveau in Dessau Hohes Niveau in Dessau: Preisträger des Violin-Förderwettbewerbs stehen fest

Von Johannes Killyen 18.11.2014, 06:17
Die Preisträgerinnen des Violin-Förderwettbewerbs
Die Preisträgerinnen des Violin-Förderwettbewerbs peter oehlmann Lizenz

Dessau-Roßlau - Es gibt in der Entwicklung sehr begabter junger Musiker einen Zeitpunkt, an dem ihr Instrument aufhört, ein Gebrauchsgegenstand zu sein. Sie stehen dann nicht mehr steif auf der Bühne, im Kampf um richtige Töne. Sondern übersetzen innerste Gefühle in eine ganz selbstverständliche Bewegung, bei der Körper und Instrument miteinander verschmelzen.

Dieses Stadium konnte man im Abschlusskonzert des achten Violin-Förderwettbewerbs der Ostdeutschen Sparkassenstiftung am Sonntag beinahe durchgehend beobachten. Zuvor hatten sich elf junge Geigerinnen und zwei Geiger im Anhaltischen Theater eineinhalb Tage lang einer prominent besetzten Jury (u. a. mit dem Dessauer Generalmusikdirektor Antony Hermus) gestellt. Die sechs Mädchen und jungen Frauen, die es ins Preisträgerkonzert geschafft hatten, konnten sich nicht nur glücklich schätzen, sondern musizierten alle auf bemerkenswertem Niveau. Kindliche Zurückhaltung war im Zuge des Musizierens kaum festzustellen.

Sie können sich nach dem achten Violin-Förderwettbewerb der Ostdeutschen Sparkassenstiftung über ein Meisterinstrument freuen - von links: Clara Shizuko Heise (5. Preis), Charlotte Thiele (1. Preis),

Hilde Jentsch (4. Preis), Paula Borggrefe (2. Preis) und Johanna Schultze (3. Preis) sowie Johanna Müller (ebenfalls 1. Preis)

Doch worum geht es bei diesem Wettbewerb überhaupt? Nicht um Geld jedenfalls, zumindest nicht vordergründig. Die Ostdeutsche Sparkassenstiftung hat, auch als Maßnahme regionaler Wirtschaftsförderung, 15 Meistergeigen bei Geigenbauern in Ostdeutschland in Auftrag gegeben und verleiht diese Instrumente („jeweils im Wert eines gehobenen Kleinwagens“, so Moderator Ronald Müller) an Preisträger des Violin-Förderwettbewerbs, der traditionell am Anhaltischen Theater in Dessau stattfindet. Dieses lässt sich nicht lumpen und lädt seinerseits ausgewählte Teilnehmer zu einem Solokonzert mit Orchester ein. So profitieren alle: Musiker, Geigenbauer, das Theater, das Kurt-Weill-Zentrum als Kooperationspartner – und nicht zuletzt die Sparkasse und ihre Stiftung.

Eigener Stile, individueller Klang

Ein Wettbewerb bringt also alle Teilnehmer weiter, zweifellos. Doch ganz ohne Druck ging es auch hier nicht zu. Paula Borggrefe aus Halle etwa hatte sich beim letzten Wettbewerb eine Meistergeige erspielt. Die wieder hergeben zu müssen, wäre sicher wenig erfreulich gewesen. Doch dieser Fall trat glücklicherweise nicht ein, die 14-jährige Geigerin erhielt sogar einen hervorragenden zweiten Preis. In Fritz Kreislers Kabinettstück „Tambourin Chinois“ zeigte sie eigenen Stil, ließ individuellen Klang hören: Entspannt, süffisant in der Tiefe, leicht und ohne zu forcieren turnten ihre Finger Kaskaden.

Die 18-jährige Johanna Schultze aus Leipzig gewann den dritten Preis und agierte gewichtiger, vielleicht bewusster in einem Satz aus Francis Poulencs bittersüßer Violinsonate. Während die zwölfjährige Hilde Jentsch aus Schkopau mit einer feurigen Interpretation von Béla Bartóks „Rumänischen Volkstänzen“ ihren vierten Preis bestätigte, schien die 15-jährige Clara Shizuko Heise aus Frankfurt an der Oder mit dem fünften Preis etwas gering bewertet. Wie sie die heiklen, so gar nicht stromlinienförmigen expressionistischen Stücke von Anton Webern zelebrierte, das war schlicht herausragend. Freilich hatte sie in ihrem gesamten Wettbewerbsprogramm noch eine Telemann-Fantasie zu spielen und zwei Sätze aus dem Bruch-Konzert – darüber kann hier nichts gesagt werden. Doch spielten Ausdauer und Konzentration sicher eine Rolle.

Das wurde auch bei Johanna Müller aus Halle deutlich, die als eine von zwei ersten Preisträgerinnen auch im Abschlusskonzert viel zeigen musste. Während die 16-Jährige in einem Stück von Karol Szymanowksi ein prächtiges impressionistisches Bild entwarf, litt in Tschaikowskys „Valse – Scherzo“ op. 34 zeitweise ihre Präzision. Doch wer je selbst auf der Bühne musiziert hat, weiß, wie leicht man da ins Wackeln gerät. Müller fing sich wunderbar, zauberte einen fulminanten Schluss – und übergab damit an die andere Siegerin, Charlotte Thiele aus Dresden.

Die erst 14-Jährige spielte sich in Franz Drdlas Carmen-Fantasie in einen veritablen Rausch hinein, an dessen Ende die Zuhörer vielleicht mehr erschöpft waren als sie selbst. Charlotte Thiele war erstmals bei diesem Förderwettbewerb dabei; sie durfte das Anhaltische Theater mit einer großartigen neuen Geige verlassen. Und wird, wenn nicht alles täuscht, bald mit ihr verschmelzen. (mz)