Historisches Dessau-Roßlau Historisches Dessau-Roßlau: Vor 50 Jahren bekommt Dessau ein Großforschungszentrum

Dessau-Roßlau - Dessau-Roßlau im Wandel der Zeit: Geblättert in alten Zeitungen und zurückgeschaut auf die Ereignisse vor 100, 70, 50 und 25 Jahren.
Vor 100 Jahren
Ein schlimmer Verdacht machte im Herbst 1919 in Roßlau die Runde. Schiffern wurde unterstellt, dass sie Methylalkohol rot färbten und dann als teure Spirituose für 25 Mark je Liter unter das Volk brachten. „Nach dem Genuß von Methylalkohol treten schwere Vergiftungserscheinungen auf, es kann Blindheit eintreten, ja nicht selten ist der Tod die Folge“, warnte der „Anhalter Anzeiger“ seine Leser in der Ausgabe vom 16. November 1919.
Am 24. November wurde in der Zeitung eine Neuheit in Dessau mit Überschwang begrüßt. Die Stadt richtete eine Elternberatungsstelle ein. Sprechstunden sollten für Mütter und Väter von Kindern vom 2. Lebensjahr an durchgeführt werden, die Fragen zum richtigen Umgang mit ihrem Nachwuchs hatten. „Hilfesuchend hat sich gewiß schon mancher Vater und manche Mutter umgeschaut, wenn ihnen bezüglich der Erziehung ihrer Lieblinge Rätsel aufgegeben wurden“, so der „Anhalter Anzeiger“.
Vor 70 Jahren
Mit der neuen Poliklinik in der Puschkinallee 11 kam laut „Freiheit“ vom 10. November 1949 eine technische Einrichtung in die Stadt. Vom Keller bis zum Dach war das Haus mit damaliger Hightech-Medizin ausgestattet. Vom Röntgengerät, über Ultraschall bis zum zahntechnischen Labor wurde alles getan, „damit es gar nicht mehr wehtut“.
Stolz auf die „Dessauer Rasse“ waren die Redakteure der „Freiheit“ in ihrer Ausgabe vom 25. November. Es handelte sich um eine in der Hefefabrik in der Elisabethstraße gezüchtete Hefeart mit guter Vermehrung, langer Lebensdauer und großer Triebkraft. Sachsen-Anhalt, Thüringen, Brandenburg und Berlin wurden mit diesem Dessauer Premiumprodukt 1949 beliefert.
Vor 50 Jahren
„Baut auf, baut auf...“, Dessau expandierte in den 60er Jahren und brauchte ständig neuen Wohnraum. Nicht nur im Zentrum, auch im Süden waren Bagger und Kräne im Einsatz. 1969 wurde das Gebiet zwischen Peterholzstraße, Grazer Straße und Bahnlinie Dessau-Leipzig erschlossen. 570 Wohnungen vom Typ „Brandenburg“ entstanden im heutigen „Österreich-Viertel“. In 380 Wohnungen wurden laut „Freiheit“ vom 12. November „Loggien für die sonnenhungrigen Hausbewohner“ verbaut.
Am 15. November schaffte es der Chemie-Ingenieur H. Bergmann in die Zeitung. Als einer von sieben verdienten Erfindern der DDR wurde der Dessauer, der bei der Gärungschemie arbeitete, vom Minister für chemische Industrie ausgezeichnet. Dem Ingenieur gelang es in der Abteilung „Destillation“, den Dampfverbrauch erheblich zu senken, was bis zu 258.000 Mark pro Destillation für Spiritus einsparte.
Chemie lag der Stadt im Blut. Deshalb war der 30. November 1969 für die „Freiheit“ ein besonders schöner Tag der Berichterstattung. So konnte vermeldet werden, dass Dessau ein Magnetbandwerk für Datenaufzeichnungsmaterial sowie ein Großforschungszentrum bekam. Der Bedarf war nicht nur in der DDR immens. Auch andere sozialistische Staaten und die Sowjetunion sollten aus Dessau beliefert werden. Tausende Arbeitsplätze winkten durch das geplante Werk und das Großforschungszentrum, das Magnetbänder und Mikrofilme entwickeln sollte.
Vor 25 Jahren
Frieren ade: Rechtzeitig vor dem Winter 1994 haben die Stadtwerke ihr Heizwerk Ost auf dem ehemaligen Schlachthofgelände in Nord in Betrieb genommen, wie die „Mitteldeutsche Zeitung“ am 18. November 1994 zu berichten wusste. Es wird immer dann zugeschaltet, wenn der Wärmebedarf am höchsten ist. Drei Grundaufgaben sollte das 10,9 Millionen D-Mark teure Werk erfüllen. Ganzjährig wurde das damalige Waggonbauwerk Dessau vom Heizwerk Ost versorgt. Zu Spitzenzeiten wurde es zugeschaltet, um das Kraftwerk an der Brauereibrücke zu entlasten.
Bei Sanierungen an der Hauptpost entdeckten Handwerker in der Turmkugel eine Urkunde prophetischen Inhalts von 1951: „Daß die Grenzen bald fallen/ ist der Wunsch von West und Ost. Das ist Kampfziel von uns allen - dafür kämpft die Deutsche Post! (mz)
Das Stadtarchiv Dessau-Roßlau, Heidestraße 21, verfügt über eine umfangreiche Zeitungssammlung sowie über ein Fotoarchiv mit etwa 70.000 historischen und zeitgeschichtlichen schwarz-weiß Fotos, Farbfotos, Digitalfotos, Dias, Glasnegativen, Ansichtskarten sowie über laufende stadtgeschichtliche Bilddokumentationen.
Zu finden sind im Stadtarchiv der Anhalter Anzeiger und seine Vorläufer (1763-1945), das Volksblatt für Anhalt (1892-1933), die Freiheit/Mitteldeutsche Zeitung (ab 1945), die Mitteldeutsche Neueste Nachrichten/Tageblatt (1952-1991), die Liberal-Demokratische Zeitung (1959-1979) und die Dessauer Zeitung (1962-1971).