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Immobilie im Bauhausstil Historisches Arbeitsamt in Dessau wird Museum - Arbeitsagentur will Gebäude mieten

Der historische von Walter Gropius entworfene Bau am Bebelplatz soll an die Arbeitsagentur vermietet werden.Die hat großes damit vor. Das Ordnungsamt müsste dafür allerdings ausziehen.

Von Oliver Müller-Lorey 10.08.2022, 12:00
Die alte und verwitterte Schrift deutet noch darauf hin, wofür das Gebäude ursprünglich gebaut wurde.
Die alte und verwitterte Schrift deutet noch darauf hin, wofür das Gebäude ursprünglich gebaut wurde. Foto: Thomas Ruttke

Dessau/MZ - In wohl keiner anderen Stadt gibt es beim Warten auf einen Termin beim Ordnungsamt, auf den Führerschein oder das neue Autokennzeichen so viel zu entdecken wie in Dessau. Denn seit 2003 sitzt das städtische Ordnungsamt in einem ganz besonderen Gebäude am August-Bebel-Platz: Dem historischen und von Star-Architekt Walter Gropius 1927 entworfenen Arbeitsamt, das wegen seiner Bauhaus-Geschichte regelmäßig auch von Touristen besucht wird.

„Schulungs und Dokumentationszentrum“ am Bebelplatz

Doch die Tage als Verwaltungsstandort sind offenbar gezählt. Die Stadt will das Arbeitsamt an die Agentur für Arbeit vermieten, die dort ein „Schulungs- und Dokumentationszentrum“ einrichten will. Ordnungsamt und Zulassungsbehörde sollen ausziehen und in eine andere Immobilie wechseln, die die Stadt mietet. Einen entsprechenden Antrag billigte der Stadtrat im vergangenen Monat.

Dem Papier zufolge soll die Verwaltung Verhandlungen über die Konditionen mit der Agentur führen. Dabei gibt es offenbar genaue Vorstellungen von einem Mindestbetrag: Die Miete, die die Stadt für das Arbeitsamt einnimmt, soll auf keinen Fall unter dem Betrag liegen, den sie für die neuen Gebäude für Ordnungsamt und Kfz-Behörde ausgibt. So sollen der Stadt durch den Wechsel keine Kosten entstehen. In einem ersten Konzept, das der MZ vorliegt, ist die Rede von 250.000 Euro jährlich als Nettokaltmiete. Nach MZ-Informationen müssen die Nutzer aber mit sehr hohen Nebenkosten rechnen, da das Gebäude schlecht isoliert ist. Interesse hat die Behörde, die ihren Hauptsitz im bayerischen Nürnberg hat, an dem Dessauer Gebäude offenbar auch, weil beide Städte durch die A 9 und die Bahn gut miteinander verbunden sind. Die Fahrzeit beträgt zwischen 2,5 und drei Stunden.

Arbeitsagentur bestätigt Pläne, aber nicht die Mietsumme

Die Mietdauer soll bis zu 20 Jahre betragen. Während der Nutzung des Arbeitsamtes soll die Arbeitsagentur zudem für die Instandhaltung der Immobilie aufkommen. Ob sie damit einverstanden ist, werden jedoch erst die kommenden Verhandlungen zeigen.

Gegenüber der MZ bestätigte die Agentur das Vorhaben. Man arbeite an einem Konzept, um die „Liegenschaft für die Aufgaben und Arbeit der Bundesagentur zu nutzen“, sagte ein Sprecher. In diesem Zusammenhang werde auch über die Nutzung einiger Räume für eine Dauerausstellung zur Geschichte der Arbeitsverwaltung nachgedacht. Den avisierten Mietpreis wollte die Agentur nicht bestätigen.

Veranstaltungen mit bis zu 150 Personen

Mehr Aufschluss gibt das Konzept, das der MZ vorliegt. Darin heißt es etwa, das Atrium eigne sich wegen seiner Größe und Helligkeit für Veranstaltungen. Den Planern schweben Arbeitgeberbörsen, Vortrags- und Informationsveranstaltungen, kleine Messen und Versammlungen vor. „Im Atrium könnten bei einer Konzertbestuhlung etwa 60 bis 75 Personen, bei einer Ausstattung mit Stehtischen etwa 100 bis 150 Personen untergebracht werden“, heißt es im Konzept. Durch die unmittelbar an das Atrium angrenzende Teeküche könne auch eine Bewirtung mit Getränken, Fingerfood und ähnlichem gewährleistet werden.

Veranstaltungen fanden immer mal wieder im historischen Arbeitsamt statt.
Veranstaltungen fanden immer mal wieder im historischen Arbeitsamt statt.
Foto: Ruttke

Für die Büros - Gropius ordnete die Büros in zwei Ringen, einem inneren und einem äußeren, an - schwebt den Planern zweierlei Verwendung vor. In die außenliegenden Räume sollen „Themenräume zur Darstellung der Historie seit der Einführung der Arbeitsverwaltung in Deutschland“ ziehen. Rund 20 Zimmer könnten so, wie in einem Museum, den Wandel der Arbeit über die verschiedenen Epochen hinweg anschaulich machen.

Die innenliegenden Büros sind zu klein, um sie für den Publikumsverkehr zu öffnen. Außerdem besitzen sie keine Fenster und erhalten Tageslicht nur durch die gläserne Decke. Sie sollen als Lagerfläche dienen.

Arbeitsamt könnte auch Ausweichquartier für Behörde in Weimar werden

Der Bau hat eine prägnante Form. Die Büros sind in einer Art Ring einmal innen und einmal außen angeordnet.
Der Bau hat eine prägnante Form. Die Büros sind in einer Art Ring einmal innen und einmal außen angeordnet.
Foto: Thomas Ruttke

Offenbar soll das Historische Arbeitsamt aber nicht nur als Veranstaltungs- und Ausstellungslocation, sondern auch für die eigentliche Arbeit der Behörde dienen. Im Konzept ist die Rede davon, den Arbeitgeber-Service, die Lebensbegleitende Berufsberatung im Erwerbsleben oder die derzeit in den Räumen der Agentur für Arbeit Dessau-Roßlau-Wittenberg eingerichtete Weiterbildungsagentur unterzubringen.

Die Räume könnten auch als „Außenstelle“ der in Weimar eingerichteten „Bildungs- und Tagungsstätte“ der Arbeitsagentur dienen, falls die Auslastung dort zu groß ist. In Weimar, das ebenfalls eng mit dem Bauhaus verbunden ist, betreibt die Agentur eine Schulungsstätte in einer Ende der 30er Jahren für die Nazis errichteten Villa.

Wohin das Ordnungsamt der Stadt Dessau-Roßlau ziehen wird, ist noch unklar.