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Helmut Kohl in Dessau Helmut Kohl in Dessau: Drei Einwohner erinnern sich an die Besuche des Altkanzlers

24.06.2017, 12:00
Im September 1990 sprach Helmut Kohl auf dem Dessauer Marktplatz: Zehntausende wollten den Kanzler  sehen.
Im September 1990 sprach Helmut Kohl auf dem Dessauer Marktplatz: Zehntausende wollten den Kanzler  sehen. Stadtarchiv

Dessau-Roßlau - Vier Besuche von Helmut Kohl in Dessau sind in Erinnerung geblieben. 1990 und 1994 sprach der Bundeskanzler vor dem Rathaus in der Zerbster Straße. 1990 vor Zehntausenden.

1996 tagten die Fraktionschefs aus Bund und Ländern von CDU und CSU in Dessau. Es entsteht ein besonderes Foto. 2004 nahm Kohl am Neujahrsempfang der Dessau-Roßlauer CDU im Technikmuseum teil. Drei Dessau-Roßlauer erinnern sich.

Lothar Ehm erinnert sich an Kohl-Besuch

Lothar Ehm: Nicht als Politiker, sondern als Städtepartner hat der Dessau-Roßlauer Stadtratsvorsitzende Lothar Ehm (CDU) den Ludwigshafener Helmut Kohl in frühester Erinnerung.

Kontakte zwischen Rhein und Elbe  gab es seit Mitte der 80er Jahre. Im Vier-Augen-Gespräch sollen 1987 Bundeskanzler Kohl und DDR-Staats- und Parteichef Erich Honecker die Städtepartnerschaft von Ludwigshafen und Dessau verabredet haben, die 1988 geschlossen und seit 1990 intensiv gelebt wurde. 

Mit viel Hilfe nach der  Jahrhundertflut 2002 in Dessau, wie sich der Walderseer Ehm dankbar erinnert.

Besuch in Partnerstadt Ludwigshafen

Persönliche Erinnerung verknüpft Ehm mit dem Christen  Helmut Kohl. Die katholische Pfarrei Peter&Paul Dessau ist seit langem der Pfarrei Heilige Cäcilia Ludwigshafen verbunden.   

„Und als die Dessauer die Partner im Ludwigshafener Stadtteil Friesenheim besuchten, hat sich der Oggersheimer Helmut Kohl regelmäßig Zeit genommen, zu uns zu kommen: zur gemeinsamen Erbsensuppe an der  Bierzeltgarnitur.“

Der Machtmensch Kohl zeigte sich im persönlichen Umgang „doch sehr warmherzig mit sehr menschlichen Zügen“.

Udo Gebhardt traf Helmut Kohl im Jahr 1996

Udo Gebhardt:  „Das war einen Tag später Stadtgespräch“, erinnert sich Udo Gebhardt an seine persönliche Begegnung mit  Helmut Kohl.

Am 14. Mai 1996 standen sich der Hüne aus der Pfalz und der im Vergleich geradezu schmale Dessauer Gewerkschaftsfunktionär vor dem damaligen Steigenberger-Hotel gegenüber: Auge in Auge, wie es die Kameras und Videos mit ihren Aufnahmen der Nachwelt überlieferten.

Demo gegen die Sparmaßnahmen

Die dem Osten versprochenen blühenden Landschaften waren nicht aufgegangen.  Der Kanzler hatte  eben einen harten Sparkurs verordnet.

Der sah Nullrunden in den Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst vor und einen Kahlschlag bei den Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im Osten.

„Diesen Protest wollten wir mit  einer Demonstration dem Kanzler direkt  vor Augen führen“, erinnert sich der damalige DGB-Kreisvorsitzende.

Kanzler lehnte das Gespräch ab

„Drei Leute dürfen kurz mit dem Kanzler sprechen“,  wurde den Versammelten verkündet. „Ich wurde ausgewählt“, so Gebhardt.  Die Staatskarosse kam.

Und dann stand der Gewerkschafter plötzlich   allein vor  Helmut Kohl. „Herr Bundeskanzler, kann ich Ihnen mal was sagen, so wollte ich auf unsere drängenden Probleme  hinweisen“, suchte Udo Gebhardt  die  Aufmerksamkeit des Einheitskanzlers.

„Und was machte er? Sah sich um, wies auf ein noch vor dem Hotel hängendes Wahlplakat der PDS und sagte: Solange Sie mit denen da ins Bett gehen, rede ich mit Ihnen kein Wort.“

Christoph Göring traf Kohl beim CDU-Neujahrsempfang

Christoph Göring:  Das Versprechen hatte Christoph Göring zur 750-Jahr-Feier von  Dessaus Partnerstadt Ludwigshafen erhalten. Helmut Kohl hielt  Wort  - und fuhr im Januar 2004 zum Neujahrsempfang der Dessauer CDU im Technikmuseum vor. Schlecht gelaunt.

Es regnete. „Er hat  nicht mal Guten Abend gesagt“, erinnert sich Göring, damals keine 30, an den brummigen Altkanzler. Als ein paar Autogrammsammler nach vorn traten, sagte Kohl: „Das ist doch hier keine Signierstunde.“ Und: „Wenn Minister mehr beten würden, hätten wir besseres Wetter.“

Jubelnd in Dessau empfangen

Drinnen aber hob sich die Laune von Kohl. Über 1.000 Leute empfingen ihn mit „Helmut, Helmut“-Rufen. Der Parteispendenskandal spielte keine Rolle. „Da war er plötzlich wie ausgewechselt.“ Eine Stunde sprach der Kanzler.

24 Beifallspausen notierte das Protokoll.  Kohl war versöhnt - und blieb danach noch eine Weile sitzen. „Es gab Wildgulasch“, sagt Göring. Der Dessauer CDU-Mann Siegfried Wachter hatte das Wild geschossen. 

Einladung nach Berlin

„Wir haben aus Plastegeschirr gegessen, es hat keinen gestört.“ Kohl übrigens hat den freundlichen Empfang nicht vergessen. Zu seinem 75. Geburtstag erhielten Göring und seine Frau eine Einladung nach Berlin ins Deutsche Historische Museum. „Es war eine besondere Feier.“ (mz)

Helmut Kohl vor vielen Jahren beim Neujahrsempfang der Dessauer CDU im Technikmuseum. Nun wird nach ihm eine Straße benannt.
Helmut Kohl vor vielen Jahren beim Neujahrsempfang der Dessauer CDU im Technikmuseum. Nun wird nach ihm eine Straße benannt.
Stadtarchiv
Ein Stück Zeitgeschichte: Udo Gebhardt trifft den Bundeskanzler, der nicht reden will.
Ein Stück Zeitgeschichte: Udo Gebhardt trifft den Bundeskanzler, der nicht reden will.
Stadtarchiv