Gruppenvergewaltigung in Dessau Gruppenvergewaltigung in Dessau: Abschiebung nach rechtskräftigem Urteil möglich

Dessau - Einmal acht Jahre Freiheitsentzug, einmal sieben Jahre und zwei Jugendstrafen über sechs Jahre: Das Landgericht Dessau hat am Dienstag vier der Vergewaltigung angeklagte Eritreer verurteilt. Damit endete nach fünf Monaten der Prozess über ein Verbrechen, das vor gut einem Jahr für Aufsehen und Aufregung nicht nur in Dessau-Roßlau gesorgt hatte.
In den späten Abendstunden des 15. August war am Rande der Dessauer Innenstadt eine Mittfünfzigerin von vier Männern vergewaltigt worden. Spekulationen und Gerüchte machten die Runde, der Polizei wurde in sozialen Medien Untätigkeit vorgeworfen, doch konnte die schon nach kurzer Zeit vier Tatverdächtige festnehmen. Junge Männer um die 20, nach eigenen Angaben aus Eritrea geflohen und teils Monate, teils erst wenige Wochen in Deutschland lebend.
Es ist ein Fall, der kriminalistisch schnell klar war und vor allem wegen der besonderen Brutalität und der Herkunft der Täter diskutiert wurde. Wohl nicht zuletzt deshalb verlangte die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer hohe Strafen: Es müsse ein Signal von Dessau ausgehen. Diese Aussage bestätigten mehrere Sitzungsteilnehmer aus der geschlossenen Verhandlung am Montag. Die Öffentlichkeit musste an diesem Tag wie bei der Vernehmung des Opfers außen vor bleiben.
Die vier Männer zogen dem Opfer Hose und Slip herunter, ein langes Martyrium begann
Dessen Schilderungen wurden durch die Urteilsbegründung erstmalig teilweise publik. Danach hatte die Mittfünfzigerin nahezu täglich ausgedehnte Spaziergänge unternommen und dabei Flaschen gesammelt. Als die Frau am 15. August vorigen Jahres auf die jungen Männer aus dem Nordosten Afrikas traf, unterhielt sie sich mit dem einzigen Deutsch Sprechenden unter ihnen.
Die jungen Männer tranken Bier, sie fragte nach den leeren Flaschen, durfte welche mitnehmen. Es wurden ihr die übrigen versprochen, wenn sie später zurückkehre. Es gab wohl zu diesem Zeitpunkt schon einige Anzüglichkeiten. Die Dessauerin, so Richterin Siegrun Baumgarten, habe diese „zurückgewiesen“ - und sei arg- und ahnungslos gegen 22.30 Uhr an den Dessauer Schloßplatz zurückgekehrt.
Eine halbe Stunde wartete sie, dass die Bierflaschen geleert werden. Dann wurde sie völlig überraschend von den Männern festgehalten. Man zog ihr Hose und Slip herunter, ein langes Martyrium begann. Am Ende urinierte einer der Männer auf sie, ein anderer filmte, wie sie bedroht wurde, bloß nichts zu sagen. Sich zu wehren oder auch nur zu schreien, hatte das Opfer angesichts der vier Täter nicht gewagt.
Noch in der Nacht wurden erste Spuren am Tatort und am Opfer gesichert
Die Männer verließen anschließend fluchtartig den Tatort. Die Frau ging nach Hause - und kurz darauf mit ihrem Mann zur Polizei. Noch in der Nacht wurden erste Spuren am Tatort und am Opfer gesichert. Später wurde dort mehr oder minder deutliche DNA der vier jetzt Verurteilten nachgewiesen.
Die hilft im späteren Gerichtsverfahren – wie auch die umfangreichen Geständnisse von drei der Angeklagten. Lediglich einer will nur dabei gewesen sein, aber nichts gemacht haben. Das bestreiten sowohl die Frau als auch die Mitangeklagten. Das Gericht wird ihn zu einer sechsjährigen Jugendstrafe verurteilen.
Die kann unter Umständen bei Tätern zwischen 18 und 21 Jahren verhängt werden, wenn ihre geistige Entwicklung dem biologischem Alter hinterherhinkt, was nach Meinung des Gerichts auf zwei der Angeklagten zutraf. Ein anderer hatte eingeräumt, älter zu sein, beim vierten hielt sich das Gericht an das von ihm beauftragte Gutachten und bestellte nicht, wie vom Verteidiger gefordert, eine neues. Auf beide wurde das übliche Erwachsenenstrafrecht angewandt.
Ist eine Abschiebung nach dem Urteil möglich?
Nach diesem konnten Strafen zwischen fünf und 15 Jahren, nach Jugendrecht zwischen einem halben und zehn Jahren verhängt werden. Gemessen an Urteilen in ähnlichen Fällen, liegen die Dessauer Strafen im oberen Bereich des üblichen. Darüber hinauszugehen, wie von der Staatsanwältin gefordert, lehnte die Kammer ab. „Wir haben keine deutliche Zunahme dieser Straftaten“, kommentierte Siegrun Baumgarten, man müsse deshalb nicht gegensteuern.
Zudem habe sie den Eindruck, dass Straftaten von Ausländern eher Schlagzeilen machten, als wenn es sich um deutsche Täter handele. Genau diesen Umstand hatte sich die Staatsanwaltschaft als Argument zu Eigen gemacht: Man müsse besonders harte Strafen verhängen, weil solche Taten die Rechten stärken würden.
Trotz der niedrigeren Strafen dürfte es unwahrscheinlich sein, dass sich die Staatsanwaltschaft zur Revision entschließt. Seitens der Angeklagten könnte das anders sein, wenigstens bei dem, der eine Tatbeteiligung bestritten und dessen Anwalt Freispruch gefordert hatte. Sollte das Urteil rechtskräftig werden, könnten die Männer nach dem Aufenthaltsgesetz abgeschoben werden, selbst der eine von ihnen, der als Flüchtling anerkannt ist. (mz)