Goethe-Gymnasium Goethe-Gymnasium: Ein Pickel im Wunschbild
Roßlau/MZ. - "Sie wählen, wir gebären, was kann ich für sie tun", fragt Miss Goldwyn (Janet Ruhmer) routiniert ins Telefon mit jener unverrückbar bestimmenden Höflichkeit, die jeden Misserfolg außer Frage stellt. Miss Goldwyn verkauft Kinder, kleckerfreie Nachkommen für gut betuchte Eltern. Auf der Bühne in der Aula hat sie ihr Büro für reichlich eine halbe Stunde bezogen.
"Quality Kids" heißt das Stück der Theatergruppe des Goethe-Gymnasiums, das am Donnerstag Premiere hatte. Frei nach der Vorlage von Hans-Georg Kraus und unter der Regie von Petra Schäfer wird der omnipotente Markt und das klinisch reine Glücksstreben karikiert. Karikiert? Eigentlich nicht. Denn die Blüten, die hier spritzig spaßig blühen, sind so fern nicht.
Was geschieht? Miss Goldwyn arbeitet. Ein Ehepaar bestellt sein Wunschkind. Man kalkuliert. Samenspender und Mietgebärende werden in Augenschein genommen. Die Kreuzung macht's möglich und verspricht nebst gewünschter Augenfarbe Intelligenz und Traumkörper mittels Selektion.
Ins Verkaufsgespräch platzt, ein Horror für jeden Verkäufer, eine Reklamation. Pickel im Gesicht. Beine zu kurz. Die Ware geht retour. Laut Vertrag muss die Mietgebärende Reklamationen zurücknehmen, während sich das saubere Institut schadlos hält.
Über weite Strecken spiegelt das Stück die Idiotie des Marktes, der Verkäufer und Käufer.
Dann blitzt Menschlichkeit auf. Sie spricht Akzent, ist mittellos und hat die Ware zu liefern. Die Frucht unterm Herz, möchte eine Frau ihr Kind behalten. Doch Vertrag ist Vertrag. Dann gibt es noch ein Vorstellungsgespräch einer Bewerberin, die ihre Gebärmutter fürs Institut arbeiten lassen möchte. Außerhalb der Zucht wird Abstinenz gefordert, und fürs nötige Kleingeld wächst auch die Bereitschaft, Zwillinge reifen zu lassen.
Das ist alles dick und doch nah an der Wirklichkeit. Miss Goldwyns herrlich unterkühlte Höflichkeit, ihr kalt kalkuliertes Management trägt die Inszenierung, die über weite Strecken doch recht flüssiges Sprechtheater bleibt mit Hang zur polternden Posse. Diesen Part besorgen etwa ein durchaus witzig blödelnder Professor oder der missratene Sohn, empfangen und geboren auf traditionelle Art - welch Risiko.
Die Bühne wurde, wie der Text, von der Gruppe erarbeitet. Ein miefiges Sofa und niedliche Babyporträts: Das karikiert und dekoriert, ein wenig unentschlossen und vielleicht den Möglichkeiten geschuldet, die sonst so sterile Leere glitzernder Bürotempel mit possierlichen Wunschbildern. Wahn und Wirklichkeit aber gehen längst Hand in Hand.
Dieser Spiegel verzerrt letztlich nicht viel. Der Pickel bleibt die Lücke im System. Mag er blühen.