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Getriebetechnik Dessau Getriebetechnik Dessau: Gelungener Neustart

Von Steffen Brachert 08.01.2015, 19:02
Rainer Dressel (li.) und Klaus-Dieter Arndt stehen vor der neuen CNC-Verzahnungsmaschine, die im Februar in Betrieb gehen soll.
Rainer Dressel (li.) und Klaus-Dieter Arndt stehen vor der neuen CNC-Verzahnungsmaschine, die im Februar in Betrieb gehen soll. Sebastian Lizenz

Dessau - Der letzte Artikel erschien vor zweieinhalb Jahren. Rainer Dressel schaut auf den mitgebrachten Ausdruck, verzieht kurz das Gesicht und schmunzelt dann. „Da stand doch dieser Satz drin?!“ Genau. Jamshi Yektai hatte gerade die Gießerei, die Schmiede, den Kranbau-Zulieferer und das Getriebeteilwerk der insolventen AD Industry Group übernommen und zum Einstieg klare Worte gesagt. „Was ich hier übernehme, ist zum Teil Schrott.“

Großgetriebe ausgeliefert

War das falsch im Juni 2012? Rainer Dressel winkt ab. „Das war vor meiner Zeit.“ Seit drei Monaten ist der Mann aus Köthen jetzt Vertriebschef der Getriebetechnik Dessau GmbH und vermeldet voller Stolz die Auslieferung eines sechs Meter langen und 17 Tonnen schweren Großgetriebes für die Eimerkette eines mitteldeutschen Abraumbagger. „Zwei Monate haben wir daran gearbeitet“, sagt Dressel. „Vom alten Getriebe haben wir eigentlich nur noch das Unterteil wiederverwendet.“ Ein Großauftrag, der wichtig war. „Der hat zehn Prozent unseres Jahresumsatzes ausgemacht.“

Die AD Steel Forge hatte Ende 2011 Insolvenz angemeldet. Die Banken und die Versorger hatten Kredite und Rechnungen fällig gestellt. Aufgrund eines Haftungsverbundes waren nach und nach die Produktionsbereiche Stahlbau, Kranbau und die Gießerei zahlungsunfähig, geriet die AD Industry Group ins Wanken.

Ende 2011 hatte die 260 Mitarbeiter zählende AD Industry Group Insolvenz angemeldet. Wegen unbezahlter Rechnungen in siebenstelliger Höhe hatten die Dessauer Stadtwerke ganz am Ende Strom und Gas abgedreht und damit einem Stück Dessauer Industriegeschichte ein vorläufiges Ende bereitet. Am Standort Kabelweg gab es eine 135-jährige Maschinenbau-Tradition, zu DDR-Zeiten unter dem Namen Abus. Dem halleschen Insolvenzverwalter Lucas Flöther gelang es zwar, die Produktion wieder hochzufahren, doch vor dem Verkauf mussten 70 Beschäftigte gehen, ehe die Stabilisierung des Unternehmens gelang.

„Er lebt Getriebe“

Yektai ist ein erfahrener Unternehmer. „Er lebt Getriebe“, lobt Dressel seinen Chef, der aus dem Iran kommt, in Ulm und München Maschinenbau studierte, Manager beim Stahlkonzern Krupp war und 1989 von Krupp den Getriebebauer Siebenhaar kaufte. Siebenhaar Antriebstechnik gilt als führendes Unternehmen im Bereich Seilwinden, Freifallwinden, Dreh- und Schwenkwerke und Getriebe. Der Standort Dessau ergänzt das Portfolio heute um den Groß- und Sondergetriebebau. „Wir“, sagt Dressel, „fertigen auch die Stückzahl 1.“

Yektai hat nach der Übernahme die Trennung der Firmen aufrecht erhalten. Die Schmiedetechnik Dessau, die Gusstechnik Dessau und die Getriebetechnik Dessau zählen zusammen etwa 100 Mitarbeiter. Gerade erst wurden neue Konstrukteure eingestellt. Es gibt zwei Auszubildende. Ab September 2015 sollen sechs weitere junge Leute im Unternehmen anfangen.

„Wir wachsen kräftig und ordentlich“, sagt Dressel und freut sich schon, wenn im Februar die neue Verzahnungsmaschine in Betrieb geht. Eine knappe Million Euro wurde investiert. „Wir können Verzahnungen bis zu einem Durchmesser von 6,30 Meter anfertigen“, sagt Dressel. Gerade für Zementmühlen ist das eine wichtige Größe - und für die Dessauer Firma ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal.

In fünf Branchen ist die Getriebetechnik Dessau aktiv: Energieerzeugung/Windkraft, Zement, Förder- und Tagebautechnik, Schiffsbau und allgemeiner Maschinenbau. Das ist ein Vorteil in unsicheren Zeiten.

Braunkohle und Russland

Wenn Konzerne wie RWE und Vattenfall sich komplett aus dem Braunkohlegeschäft zurückziehen wollen, bereitete das auch in Dessau Sorgen. Vor allem, wenn man gerade ein großes Getriebe ausgeliefert hat, der Kunde sehr zufrieden war und eigentlich Folgeaufträge angekündigt hat. „Im Braunkohlegeschäft sinkt gerade etwas die Investitionsbereitschaft“, sagt Dressel.

Und auch dass der russische Rubel derzeit kräftig an Wert verloren hat, beschäftigt den Vertriebschef. „Einige Interessenten hat das zuletzt etwas zögerlich gemacht“ Und trotzdem ist Dressel optimistisch. „Die Technik muss ja laufen. Ein Zementwerk oder einen Abraumbagger legt man nicht eben still“, sagt der Manager. „Wir reden gerade auch über zahlreiche neue Aufträge.“

Wie neu: das überarbeitete Großgetriebe.
Wie neu: das überarbeitete Großgetriebe.
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