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Freier Blick auf Konsum Freier Blick auf Konsum: Bauhaus-Gebäude in Dessau soll wieder mehr zu Geltung kommen

Von Heidi Thiemann 13.10.2018, 10:00
Die Freifläche vor dem Konsumgebäude soll umgestaltet werden - dafür sollen auch die Bäume fallen.
Die Freifläche vor dem Konsumgebäude soll umgestaltet werden - dafür sollen auch die Bäume fallen. Lutz Sebastian

Dessau - „2019 sollen die Bauhaus-Gebäude in der Stadt sichtbarer werden“, sagt Werner Möller, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Stiftung Bauhaus und Kurator der Bauhausbauten. 2019, wenn das Bauhaus auf 100 Jahre zurückblickt.

Dann soll auch das Konsumgebäude in der von Walter Gropius entworfenen und 1926 bis 1928 gebauten Siedlung Törten in Dessau-Süd wieder mehr zur Geltung kommen. Doch bei Anwohnern regt sich Widerstand gegen einen Teil der Pläne - weil Bäume fallen sollen.

280.000 Euro will die Stadt für das Welterbe in die Hand nehmen, um die Freifläche vor dem 1928 errichteten Konsumgebäude zu gestalten. Die jetzige Grünfläche soll eine ebene Fläche werden, die Entwässerung wird neu angelegt. Die Straße vor dem Konsumgebäude soll verschwinden, stattdessen wird es einen Weg geben. Auch Busparkplätze in der Nähe sind geplant.

Dass dafür aber Bäume fallen sollen, „ist nicht vermittelbar“, meint etwa Siedlungsbewohner Bernd Eichhorn. Vieles habe sich in den 90 Jahren der Siedlungsgeschichte verändert, stellt er fest, „da bringt das geplante Fällen von sechs Bäumen vor dem Konsumgebäude die historische Ansicht auch nicht zurück“.

Das Wesen und die Besonderheit der Bauhausarchitektur soll wieder erlebbar werden

Zumal auch das Konsumgebäude selbst gelitten hat, wie Eichhorn feststellt. Ein Teil der Laderampen ist abgebrochen und auf Schaufensterausbauten zugunsten des Innenraumes wurde verzichtet. Nun aber sollen Türkische Pflaume, Trompetenbaum, Walnussbaum, Baumhasel, Mandschurischer Ahorn und Götterbaum fallen. Für Eichhorn allerdings haben sie ihre Existenzberechtigung. „Über Klimawandel und die Bedeutung von Grünflächen braucht man doch wohl nicht zu diskutieren“, erklärt er.

„Das Konsumgebäude war das geometrische Zentrum der Siedlung“, hält Möller entgegen. „Es stand weithin sichtbar im Freien.“ Das sei heute nur noch auf historischen Aufnahmen zu sehen. Die leeren Räume - ohne Bäume - seien für die Gestaltung der Siedlung, für die Idee, die dahinter steht, wichtig. Vieles, gibt er den Kritik übenden Anwohnern recht, habe sich im Laufe der Jahrzehnte verändert.

Es gebe nur noch wenige historische Zeugnisse. „Doch wir möchten das Wesen und die Besonderheit der Bauhausarchitektur wieder erlebbar machen“, begründet er, warum die Umgestaltung notwendig sei. Die Pläne dazu seien gemeinsam mit der Stadt abgestimmt worden, die für die Umsetzung zuständig ist.

„Leider ist es notwendig, den vorhandenen Bewuchs direkt vor dem Gebäude zu entfernen“

„Leider ist es notwendig, den vorhandenen Bewuchs direkt vor dem Gebäude zu entfernen“, bestätigt auch Carsten Sauer, Pressesprecher der Stadtverwaltung, auf Anfrage. Die Bäume stammen nicht aus der Entstehungszeit der Siedlung, „sie wurden in den 1970er Jahren gepflanzt“.

Nur durch deren Rodung könne die großzügige Rasenfläche mit dem Blick auf das Gebäude wieder hergestellt werden. „Auch die Busstellplätze sowie der Behindertenparkplatz sind deshalb nicht unmittelbar vor dem Gebäude, sondern im weiteren Verlauf der Damaschkestraße geplant.“ Neue Bäume sollen im Umfeld gepflanzt werden.

Wenn der Blick auf das Konsumgebäude wieder frei ist, sagt Möller, werde im Idealfall auch wieder der historische Schriftzug „Konsumverein für Dessau und Umgebung“ zu lesen sein. Das zu realisieren, liege aber am privaten Hauseigentümer. Die Stiftung Bauhaus, versicherte er, gebe diesem Unterstützung, auch in Abstimmungsfragen mit der Stadt. Denn die Flurstücksgrenze der Stadt endet an der Treppenanlage des Konsumgebäudes. (mz)

Das 1928 nach einem Entwurf von Direktor Walter Gropius errichtete Konsumgebäude ist nicht nur durch seine Lage und Höhe, sondern auch durch seine Funktion ein Zentrum der zwischen 1926 und 28 entstandenen Siedlung im Süden der Stadt.

Der Bauhausbau, der Wohnen und Geschäfte kombiniert, beherbergte einen Kolonialladen, ein Café, später ein Kurzwaren- und Lebensmittelgeschäft, nach der Wende eine Drogerie. Vor gut zehn Jahren wurde das Gebäude, das sich in privater Hand befindet, saniert. 2011 eröffnete die Stiftung Bauhaus in der früheren Ladenzeile einen Informationspunkt mit einer Dauerausstellung. Er ist Anlaufpunkt für Besucher der Siedlung und Ausgangspunkt für Führungen.

Das Konsumgebäude zur Entstehungszeit.
Das Konsumgebäude zur Entstehungszeit.
Stiftung Bauhaus