Grund zur Sorge? Flusspegel in Dessau-Roßlau fast doppelt so hoch wie der jahrelange Durchschnitt
Auch als Wasserstände steil kletterten, war Warnstufe 1 noch weit weg.

Dessau-Roßlau - Aufmerksamen Zeitungslesern ist es nicht entgangen, dass die Flusspegel in der Vorwoche straff nach oben gestiegen sind, den jahrelangen Durchschnitt beinahe um das Doppelte übertrafen. So hatte die Elbe statt 187 mal 383 Zentimeter. Spaziergänger sehen es an der Mulde: Die Nebenflüsschen sind randvoll. War das oder wird das ein Frühlingshochwasser? Die MZ hörte sich bei Experten um.
Deutscher Wetterdienst (DWD) und Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft Sachsen-Anhalt (LHW) schütteln energisch die Köpfe. Nach DWD-Auswertungen lag das Niederschlagsmittel im Elbeeinzugsgebiet für März bei etwa 80?Prozent und für April bei 90 Prozent zur Referenzperiode 1981/2010.
Der Dauerregen vom letzten Wochenende hat die Pegel in die Höhe schießen lassen
Dieses Frühjahr stellt also keine besonders hohen Werte dar, vielmehr waren die vergangenen Jahre extrem trocken, und die Durchschnittspegel deshalb so niedrig. Dominierte damals niederschlagsarmes Hochdruckwetter, sind es 2021 Tiefdruckwetterlagen. „Das bleibt noch mindestens bis zum Wochenende so“, sagt DWD-Sprecherin Cathleen Hickmann in Leipzig.
Der Dauerregen vom letzten Wochenende hat die Pegel in die Höhe schießen lassen, da seien im Raum Dessau „teilweise bis zu 40 Liter Wasser pro Quadratmeter gefallen“. Da es nun in den Vorwochen auch viel geregnet hatte, waren die Flächen satt durchnässt. So kann ein Großteil des Wassers nur allmählich über die Flüsse abgeleitet werden.
Das LHW will bei den derzeitigen Wasserständen nicht von einer Hochwassersituation sprechen
Dauerregen ist augenblicklich nicht in Sicht, aber Tief Lothar sorgt vom Süden Skandinaviens aus weiter für unbeständiges Wetter mit Schauern und Gewittern. Aber nicht im bedrohlichen Maß.
Auch das LHW will bei den derzeitigen Wasserständen (deutlich unter AlarmstufeI) nicht von einer Hochwassersituation sprechen. „Eine Gefahr für die Hochwasserschutzanlagen an Elbe und Mulde besteht nicht, es hat noch keine wirkliche Beanspruchung der Anlagen gegeben“, fasst Mathias Weiland zusammen.
Der Geschäftsbereichsleiter vom gewässerkundlichen Landesdienst bezieht auch die noch nicht sanierten Deichabschnitte ein. So weise der Deich in Kleutsch-Sollnitz zwar bauliche Defizite auf, aber er habe seine Sicherheit gezeigt bei Hochwassern, die ein Vielfaches über derzeitigen Wassermengen lagen. So wie 2002 und 2013.
Dessau-Roßlau am Zusammenfluss von Elbe und Mulde ist hochwassererfahren und -erprobt
Seit 2002 sind im Stadtgebiet Dessau-Roßlau 95 Prozent aller Hochwasserschutzanlagen umfassend saniert worden und auf aktuellem Stand der Technik. „Das bedeutet, dass sie ein hundertjähriges Hochwasserereignis abwehren können“, so Weiland. Und für Kleutsch/Sollnitz sei die Sanierung demnächst geplant.
Gleichermaßen gelassen beobachtet auch die Stadt Dessau-Roßlau selbst die Entwicklung der Pegel von Elbe und Mulde. An den Oberläufen beider Flüsse waren am Mittwoch bereits wieder leicht sinkende Tendenz zu verzeichnen. An der Elbe hatte der Wellenscheitel bereits Torgau passiert, hieß es aus dem Amt für Brand und Katastrophenschutz.
Dessau-Roßlau am Zusammenfluss von Elbe und Mulde ist hochwassererfahren und -erprobt. „Mit Hochwasser muss jederzeit gerechnet werden“, weiß die Stadt, dass viele Faktoren eine Rolle spielen. Der Pegel springt oder sinkt. So gab es nach schneereichem Winter eine intensive Schneeschmelze im Februar, gefolgt vom sehr trockenen März mit kontinuierlichem Wasserrückgang. Bis zu den starken Regenfällen in Sachsen, Thüringen und Tschechien - als Episode. (mz)