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Feuerwehr Mosigkau Feuerwehr Mosigkau: Günter Körnig war 52 Jahre im Feuerwehrdienst der Stadt Dessau-Roßlau

Von Annette Gens 27.10.2020, 15:04
Oberbrandmeister a.D. Günter Körnig. Im August zog er mit 69 die Reißleine.
Oberbrandmeister a.D. Günter Körnig. Im August zog er mit 69 die Reißleine. Thomas Ruttke

Mosigkau - Fast zwei Monate hängt die Ruhestandsjacke nun schon an der Garderobe. Seinen besten Freund, den Pieper hat Günter Körnig, gegen einen Entlassungshelm eingetauscht. Trotzdem: Wenn die WhatsApp-Gruppe der freiwilligen Feuerwehr Mosigkau Nachrichten austauscht, dann läuft Körnig manchmal noch zum Hoftor, um zu testen, wie viel Zeit die Truppe benötigt, um auszurücken. „Naja“, hört er sich dann manchmal sagen: „Läuft doch“.

Zum ersten September hat ein Mosigkauer Urgestein mit 69 Jahren den aktiven Feuerwehrdienst bei der freiwilligen Feuerwehr Mosigkau quittiert. Überrascht darüber waren einige.

„Wir hatten gehofft, dass der Günter noch ein weiteres Jahr dranhängt“, sagte Wehrleiterin Carina Guntern, denn der Mann, den manche nur mit dem Spitznamen „Pampel“ kennen, wird sehr geschätzt. Nicht nur, dass die meisten Jüngeren mit Körnig großgeworden sind. „Es ist seine ruhige Art, die uns unheimlich fehlt“, sagt die junge Wehrleiterin.

Dass Günter Körnig Feuerwehrmann geworden ist, das ist kein Zufall

Dass Günter Körnig Feuerwehrmann geworden ist, das ist kein Zufall, sondern der heute 69-Jährige hat die Feuerwehrluft früh schnuppern dürfen. Körnigs Vater war Mitglied der Berufsfeuerwehr, und später gehörte er der Betriebsfeuerwehr der Gärungschemie an. Für den kleinen Günter war es ein Höhepunkt vieler Wochenenden, wenn die Familie zum Kaffeetrinken in Richtung Gärungschemie unterwegs war und „wir Kinder nachmittags in den Autos rumkrabbeln durften“.

Mit 18 kehrte der gebürtige Mosigkauer nach Mosigkau zurück. Beim Bierchen in der Kneipe wurde er gefragt, ob er mit zur Feuerwehrversammlung komme. „Warum nicht“, erwiderte Körnig. Das war seine Eintrittskarte.

Er hat sich vom einfachen Feuerwehrmann bis zum Oberbrandmeister hochgedient, übernahm zwischendurch einige Jahre mit einem leitenden Posten Verantwortung, 2007 zog er zum ersten Mal die Reißleine, er wollte, dass Jüngere die stellvertretende Wehrleitung übernehmen. Aber eines konnte und wollte er auf keinen Fall: sich komplett zurücknehmen.

„Günter war der älteste aktive Feuerwehrmann in der Doppelstadt“

Der Pieper war - solange die Feuerwehr mit dieser Technik arbeitet - immer dabei. Nachts auf dem Nachttisch, im Bad beim Rasieren. Selten lag die Technik nicht in Griffnähe, schilderte Körnigs Ehefrau Helga, die noch heute über verschiedene Situationen schmunzeln muss: Als er sich zum Beispiel gerade rasierte, und der Pieper tönte, er den Rasierschaum grob aus dem Gesicht wischte und aufs Moped stieg in Richtung Gerätehaus. Seine Helga hatte da schon längst das Hoftor für die Abfahrt geöffnet. „Sie kann Dreiseitensperrung vom feinsten“, feixt Körnig, und will ungesagt festhalten, dass hinter jedem starken Mann eine starke Frau steht.

Mit 69 Jahren den aktiven Feuerwehrdienst zu quittieren, das ist eigentlich schon ein Rekord. Das sieht auch der Stadtverband der Feuerwehren so. „Günter war der älteste aktive Feuerwehrmann in der Doppelstadt“, heißt es beim Stadtfeuerwehrverband und auch, dass er 52 Jahre lang seine Erfahrungen in die Wehr eingebracht hat.

Mosigkaus Feuerwehr hat nach dem Ausscheiden Günter Körnigs noch zwölf aktive Mitglieder. Darunter sind laut Wehrleiterin Carina Guntern einige die über 60 und manche, die sogar über 65 Jahre alt.

In diesem Jahr konnte ein Mitglied der Jugendfeuerwehr in den aktive Abteilung übernommen werden. Kinder- und Jugendfeuerwehr sind gut aufgestellt. Elfe Kinder und 13 Jugendliche erlernen dort das Feuerwehr-Einmaleins.

Der Pieper schweigt seit zwei Monaten. Fehlt er?

Dümmer ist er durch die vielen Fortbildungen nicht geworden. Sehr viel Wissen konnte er auch Zuhause gut gebrauchen, schilderte er die Vorteile, die man als Aktiver hat.

Körnig gehörte zu denen, die instinktiv sehr häufig vorangegangen waren. Er erzählt, wie er mal zurecht gewiesen wurde, als der Rettungsdienst eine Tragehilfe angeforderte und er sofort zupacken wollte. „Alterspräsident, lass mal die jungen Kollegen ran“, mahnte ein Sanitäter.

Der Pieper schweigt seit zwei Monaten. Fehlt er? Günter Körnig sieht das pragmatisch. Die Situation sei jetzt so ähnlich wie die, als der Hobbymusiker Körnig nach einigen Jahrzehnten das Musikemachen an den Nagel gehängt hat. Viele Jahre war er Mitglied des Duos „Die lustigen Anhaltiner“, die gibt es länger schon nicht mehr. Jetzt sei es die Feuerwehr, die ohne ausrückt.

Geblieben ist ihm der Schlüssel für das Feuerwehrgerätehaus, den hat Körnig behalten, um nach dem rechten zu schauen: Einmal Feuerwehrmann, immer Feuerwehrmann. (mz)