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Trotz Museumstag in Dessau Einzigartiges Strommuseum am Elfufer bleibt zu

Brandschutzbestimmungen und bauliche Gegebenheiten lassen in der Kornhausstraße künftig keinen Besucherverkehr mehr zu. Um Sammlung weiter zu zeigen, rückt jetzt das Technikmuseum in den Blick.

Von Silvia Bürkmann 16.05.2025, 18:00
Dunkle Wolken drohen, das Strommuseum Dessau am Standort Kornhausstraße musste 2025 schließen.
Dunkle Wolken drohen, das Strommuseum Dessau am Standort Kornhausstraße musste 2025 schließen. Foto: T. Ruttke

Dessau-Rosslau/MZ. - „Mensch, da bin ich platt wie eine Wanze“ – so beschreibt Hans-Jürgen Steinbiß seine Gemütslage, wo andere sich vielleicht noch mit einer Flunder verglichen hätten, aber das Gleiche meinen: Fassungslos und erschrocken sind die wenigen verbliebenen Mitstreiter vom Strommuseum in der Kornhausstraße.

Der Hammer fiel nach der Brandschutzbegehung

Denn ihrer einzigartigen Einrichtung – 2003 eröffnet auf dem Gelände und mit Unterstützung der DVV Stadtwerke von einer achtköpfigen, ehrenamtlichen Interessengemeinschaft (IG) initiiert, ausgestattet und betreut – ist seit März 2025 der öffentliche Besucherverkehr untersagt worden. Das hatten die Stadtwerke nach Kontrolle und Neubewertung der Brandschutzauflagen mitgeteilt.

Die baulichen Gegebenheiten am Standort entsprechen nicht mehr den heutigen Sicherheitsanforderungen für Besuchergruppen, bestätigt das Unternehmen auf MZ-Nachfrage, das auch künftig keine Führungen mehr angeboten werden. Somit auch nicht mehr am Internationalen Museumstag, der am kommenden Sonntag auch in Dessau-Roßlau ansteht.

Wertvolle Sammlung über 130 Jahren Industriegeschichte gerettet

Geöffnet hatte das Strommuseum an jedem ersten Mittwoch im Monat. „Die Besuchergruppen bei Führungen hatten wir auch vorher schon auf zehn Leute begrenzt, denn die Räume sind nun mal voll und eng“, so Steinbiß.

Ob und wie die Geschichte der öffentlichen Stromversorgung in Dessau-Roßlau auch künftig anschaulich und faktenreich vermittelt werden kann, dafür interessieren sich weit mehr als die letztverbliebenen „Stromer“ der IG. Die hatte zwar zuletzt mit Uwe Marx und Martin Bläß zwei interessierte und fachkundige Mitstreiter an sich binden können, aber nach dem verordneten Besucherverbot eben auch Führungen absagen müssen für angemeldete Gruppen aus Stadtwerken Wittenberg und der Industriegewerkschaft Bergbau-Chemie-Energie Rodleben.

Dokumente und Schriften nach Sichtung bereits ins Stadtarchiv überführt

Ein endgültiges Aus für das Strommuseum bedeute dies jedoch nicht, wollen die Dessauer Stadtwerke die wertvolle Sammlung nicht aufgeben: Ihr historischer Wert bleibe unbestritten. Sie erzählt über 130 Jahre Stromgeschichte und dokumentiert eindrucksvoll die Entwicklung von Unternehmen, Technik und Infrastruktur in Dessau-Roßlau. Zahlreiche Dokumente, Bücher und historische Zeitschriften des Bestands sind mit dem Leiter des Stadtarchivs Frank Kreißler gesichtet und inzwischen zum Neuen Wasserturm überführt worden.

Die Exponate vom Strommuseum, so heißt es aus der DVV-Zentrale Albrechtstraße, werden derzeit inventarisiert, um sie für eine mögliche Integration in das Technikmuseum „Hugo Junkers“ Kühnauer Straße vorzubereiten.

Technikmuseum will helfen für die Zukunft unter neuem Dach

„Wir danken der Interessengemeinschaft, die sich jahrelang mit Engagement und viel Herzblut um den Museumsbestand gekümmert hat und hoffen, dass die Sammlung an einem neuen Standort in würdiger Form fortgeführt werden kann“, so Fred Kitzing, Geschäftsbereichsleiter Energie der Stadtwerke Dessau.

Im Technikmuseum „Hugo Junkers“ Kühnauer Straße wird die Lage in der Kornhausstraße beobachtet und ein möglicher „Zuwachs“ thematisiert. „Unser Verein will helfen“, so Klaus-Lothar Bebber, Vorsitzender im Förderverein Technikmuseum. Man suche Möglichkeiten und Flächen, um dem Strommuseum eine neue Heimat zu geben. Denn es zeige die Industriegeschichte der Stadt, der man sich selbst verpflichtet fühle.

Die Weichen sind gestellt, übers Geld noch zu reden. „Da müssen alle mitspielen und sollten uns Unterstützer unter die Arme greifen“, ist Bebber dennoch guter Dinge, das Problem zu lösen: „Geht nicht, gibt’s nicht“ – das ist die Devise des Vereinschefs. So führt er den Laden. Das Technikmuseum ist attraktiv und außer am 1. Weihnachtsfeiertag und Neujahr an 363 Tagen im Jahr geöffnet. Und zählt im Schnitt rund 20.000 Besucher.