"Kein Mensch will die Bons" Ein Jahr nach Einführung: Was wurde in Dessau-Roßlau aus der Bon-Pflicht?

Dessau-Rosslau - Er hatte sich Ende 2019 mit Kassenbonrollen eingedeckt. Denn wer Brötchen und Brot verkauft, der werde sie ab Januar 2020 dringend benötigen. Doch Bäckermeister Oliver Schieke lag falsch. Nur einen Monat drückten seine Verkäuferinnen die Bontaste, und in der Folge wanderten unzählige Papierbons in den Abfall, weil die Käufer gar keinen Verkaufsbeleg wollten. Dann führte er den Umweltbon ein.
„Damit habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht“, sagt der Dessauer, der in Ziebigk ein Unternehmen mit Tradition führt. Mit dem Umweltbon wird eine Menge Papier gespart, erklärt Schieke. Wer mag, der bekommt den Beleg direkt aufs Handy. Eingeführt hat er das System mit Hilfe seines Anbieters für Registrierkassen.
Zum 1. Januar 2020 hatte die Bundesregierung in Deutschland eine sogenannte Belegausgabepflicht eingeführt. Sie soll zu einer besseren Transparenz im Kampf gegen Steuerbetrug beitragen und besagt, dass jeder Kassenbon ausgegeben werden muss. Viele Händler störten sich mit Einführung dieser Vorschrift zum Jahresbeginn 2020 an dieser Regelung. Doch ein Weg führte damals wie heute nicht daran vorbei. Welche Erfahrungen gibt es?
Auch auf dem Wochenmarkt wollen Kunden ihre Kassenbons „zu 95 Prozent gar nicht haben“
Auf dem Wochenmarkt, so erzählt Dessau-Roßlaus Marktmeister Stephan Spitschka, gebe es im Moment andere Probleme. Zum Beispiel, dass ein Blumenhändler wegen des Lockdowns seine Ware auf dem Wochenmarkt nicht verkaufen darf, dieser aber zusehen müsse, wie in den Einkaufsmärkten Blumen an den Mann gebracht werden und er um seine Existenz bangen müsse.
Es ginge auch darum, dass Kunden ihre Maskenpflicht auf dem Wochenmarkt einhalten. Spitschka beobachtet aber auch, dass die Käufer auf den Wochenmärkten in Dessau, Roßlau und Ziebigk ihre Kassenbons „zu 95 Prozent gar nicht haben wollen“. Und dass dies im Moment den Händlern trotzdem keine Probleme bereite. Der Fleischer habe auch vor der Regelung schon mit Kassenbons gearbeitet. Andere Händler ebenfalls. „Doch die meisten Käufer wollen keinen Bon.“
So ähnlich erlebt das auch Elke Fuß, die in der Zerbster Straße ein kleines Spezialitätengeschäft für Käse führt. „Jeder Bon wird auf den Ladentisch gelegt“, sagt sie. Es sei eine Selbstverständlichkeit, dass er zur Ware gereicht werde. Ihre Kasse sei entsprechend eingestellt.
„Kein Mensch will die Bons“
Der Zahlungsvorgang könne nicht ohne Bonausdruck abgeschlossen werden. Elke Fuß findet das auch in Ordnung. Es gebe einige, die den Bon einstecken, aber die meisten ließen ihn liegen, sodass ihr Mülleimer zu einem Viertel mit Bons gefüllt sei. Was Fuß in Filialen größerer Handelsunternehmen auffällt: Auf den Bons sind jetzt auch Barcodes gedruckt. „Das alles ist nicht umweltfreundlich.“
Im Dessauer Schlemmerhouse in auf der Zerbster Straße läuft im Moment der Außer-Haus-Verkauf von Speisen. Und natürlich bekommt man dort immer die Kassenbons, so sie genommen werden, versichert Matthias Brief, der die Gastronomie zusammen mit Manfred Hesse führt. Die beiden führen darüber hinaus eine Betriebskantine, wo bargeldlos gezahlt wird, allerdings Bons ausgedruckt werden müssen. „Kein Mensch will die Bons“, sagt Brief und schränkt ein: Für den Fall, dass es sich um Geschäftsessen handelt und dieses abgerechnet werden soll.
Zurück zu Bäcker Schieke und dem Umweltbon. Das geht ganz einfach, erklärt er. Der Kunde kann diesen QR Code mit seinem Smartphone einscannen und sich den Beleg schnell und einfach auf seinem Smartphone anzeigen lassen. Dafür ist nicht einmal der Download einer App erforderlich. Der Beleg wird als PDF auf dem Smartphone angezeigt und steht dort zur freien Verfügung. Ganz ohne Papier. (mz)