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Dreigroschensongs in Schwarzweiß

Von Thomas Altmann 08.03.2006, 17:46

Dessau/MZ. - Das Kurt-Weill-Fest ist zu Ende, zwei Ausstellungen bleiben. Im Meisterhaus Feininger sind noch bis zum 23. April "Zehn Holzschnitte zu den Songs der Dreigroschenoper" von Hella Guth zu sehen. Nebenan im Haus Muche klingt, ebenfalls bis zum 23. April, das Thema des Festes, "Weill & Brecht", nach. Vom Boxring in Baden-Baden, vom Songspiel "Mahagonny", von der ersten bis zur letzten gemeinsamen Arbeit, der Uraufführung der "Sieben Todsünden" im Théatre des Champs-Élysées am 17. Juni 1933, werden Programmzettel, Bühnenentwürfe und Szenenfotos gezeigt. Caspar Nehers Blätter entlohnen den Blick. Informativ vielleicht, bleibt die Ausstellung doch ein Abriss dessen, was sie hätte seien können und das Kurt-Weill-Fest auch war. Also rüber, ins Haus Feininger.

Gleich das erste Blatt zur "Moritat von Mackie Messer" ist voller Rhythmus, der die Szenen, sprich Strophen synchronisiert und so das Bild zu einem Ganzen macht. Manchmal sind die Szenen auch weniger rhythmisch montiert. Stilistisch vielfältig, erinnert vieles an die Demaskierung der Gesellschaft durch den Realismus. Auch der Versuch des Futurismus, die Bewegung ins Bild zu setzen, scheint nachzuwirken. Ausdrucksstark und sinnlich sind die Blätter ohnehin. Was in die Fläche gelegt wird, hat Tiefe und was man sieht, das meint man auch zu hören.

Hella Guth, geboren 1908 in Böhmen, sah 1929 die Wiener Aufführung der Dreigroschenoper, "eine Erleuchtung". Vier der fünf doppelseitigen, 1932 in Prag geschnittenen Holzstöcke haben das Exil - Guth ging über Polen nach England - überstanden. 1989 gab die Galerie Sfeir-Semler in Kiel acht Nachdrucke und zwei faksimilierte Blätter heraus. Den Anstoß gab die Kuratorin der Dessauer Ausstellung, Irene Below, die auch den Katalogtext verfasste. Die Blätter mögen erzählen und illustrieren, vor allem aber demaskieren sie eine Gesellschaft, in der sich der Mann über die Macht und die Frau über ihren Körper im Blick des Mannes definiert. Nur "Seeräuber-Jenny" steht selbstbewusst im Zentrum und könnte, wie die Malerin zuweilen, Hosen tragen. Neben den Blättern zur "Moritat von Mackie Messer" und zum "Kanonensong" sind auch hier alle Figuren und Gegenstände in den Rhythmus des Bildes eingetaktet.

Wenn der Rhythmus zurücktritt, die Szenen eher spielerisch montiert erscheinen, fällt doch kein Detail aus dem Bild. Demaskierende Blätter voller Kraft, Poesie und Engagement. Songbeleuchtung für Mackie Messer. Die Bettler betteln. Der Schutzmann kehrt dem Bordell den Rücken. Das Automobil des Fabrikanten rollt über einen Menschen. Das Glück sitzt auf dem Jahrmarkt. Und am Ende springt des Königs reitender Bote nebst Pferd über den Galgen. Grüßt da wirklich Charlie Chaplin aus der unteren Ecke des Bildes? Egal woher die Gnade kommt, Hauptsache Theater.