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Diamantene Hochzeit Diamantene Hochzeit: Ein Leben lang für zehn Kinder hart gearbeitet

Von Ute Hartling-Lieblang 23.01.2003, 17:24

Köthen/MZ. - Es wurde keine große Hochzeit, denn es war 1943. Die Braut trug kein weißes Kleid, der Bräutigam kam in Uniform. Es war eine Kriegstrauung, von der nicht einmal ein Foto existiert. Das große Bild, das bei den Rölerts in der Schlafstube hängt, wurde fünf Jahre später gemacht. Es besteht aus zwei einzelnen Fotografien, die zusammengefügt wurden: Sie im roten Kleid mit Spitzenkragen, er in der Uniform mit "Kälteorden" an den Brust. Den bekam Walter Rölert für seinen Einsatz in Russland.

Die Liebesgeschichte des Paares, das am Donnerstag im Köthener Witwe-Aue-Weg 5 seine Diamantene Hochzeit feierte, zu der auch Landrat Ulf Schindler und Oberbürgermeister Kurt-Jürgen Zander herzlich gratulierten und Ministerpräsident Wolfgang Böhmer Glückwünsche überbringen ließ, ist nur aus der Zeit heraus zu verstehen, in der sie sich kennen lernten. Der gebürtige Hallenser, Jahrgang 1916, war 1941 in Wilkendorf, im Kreis Rastenburg, Ostpreußen, einquartiert. Dort traf er seine Frieda und führte sie zwei Jahre später zum Standesamt. Dazwischen aber lagen immer wieder Monate der Trennung ohne eine Nachricht voneinander. Als 1942 das erste von zehn Kindern geboren wurde, Sohn Frank-Ullrich, da drängte Walter Rölert auf die Heirat. Bis er dann Sonderurlaub von der Front bekam und alle erforderlichen Papiere zusammen hatte, verging noch einige Zeit. Im Januar 1943 durfte er von Neapel nach Ostpreußen reisen.

Erst 1948 bezog die junge Familie ihr erstes gemeinsames Zimmer in Großbadegast, Landkreis Köthen. Frieda Rölert hatte ihre Heimat mit dem Kind verlassen müssen, und Walter Rölert fand sie mit Hilfe seiner Eltern, als er aus dem Krieg heimkehrte. Dann kauften sich beide ein Haus im selben Ort. Walter Rölert verdiente das Brot für die ständig wachsende Familie sehr hart, war u. a. 32 Jahre lang Streckenläufer bei der Deutschen Reichsbahn. "Oft hat er auch noch nach Feierabend was dazu verdient", erzählt Sohn Norbert, fünftes Kind von acht Jungen und zwei Mädchen. Um die große Familie zu ernähren, bewirtschaftete der Vater zwei Morgen Land, baute Kartoffeln an, hielt 60 Kaninchen, etliche Schweine und Hühner. Die Mutter hatte im Haus alle Hände voll zu tun. Manchmal waren 35 Hemden zu bügeln.

Als die Kinder aus dem Haus waren und Walter Rölert zusehends die Wirkungen der acht Kriegsverwundungen in den Knochen spürte, zog man 1985 nach Köthen, erst in die Baasdorfer Straße, später in die Rüsternbreite. Zur Familie gehören heute 18 Enkel und 14 Urenkel. "Mit guter Laune" habe man die 60 Jahre voller Höhen und Tiefen bestanden, sagen Rölerts.