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Cool mit altem Linienbus Dessaus Nahverkehrsfreunde bieten ab 24. Juli Stadtrundfahrten an

Bei der Premierentour staunen viele über besondere Einblicke und Informationen.

Von Thomas Steinberg 20.07.2021, 16:17
Der oben offene Doppeldeckerbus gibt ungewohnte Perspektiven bei der Stadtrundfahrt.
Der oben offene Doppeldeckerbus gibt ungewohnte Perspektiven bei der Stadtrundfahrt. (Foto: Steinberg)

Dessau-Roßlau/MZ - Ein BWM-Cabrio? Kann man vergessen. Wer in diesem Sommer cool sein will, also richtig cool, der fährt jetzt einen Herrmann. Herrmann, Baujahr 1977, elfeinhalb Meter lang, zweieinhalb Meter breit, vier Meter hoch und gelb lackiert.

Bei Herrmann handelt es sich um einen MAN-Doppelstockbus. Jahrelang war der im Berliner Linienbetrieb unterwegs gewesen. Im Jahr 2005 erhielt er ein Cabriodach, kutschierte einige Jahre Touristen durch Berlin und wurde 2019 vom Verein Nahverkehrsfreunde Dessau erworben, die momentan noch einen zweiten Oldtimerbus betreiben und vier weitere aufbereiten.

Niklas Grigo ist es, der Herrmann am vergangenen Donnerstag kreuz und quer durch Dessau steuert. An Bord ein Dutzend Männer und Frauen, Gästeführer zumeist und Mitarbeiter der Touristinfo. Die meisten haben sich einen Platz auf dem Oberdeck gesucht und amüsieren sich, wenn wieder einmal Zweige von Straßenbäumen durch das offene Dach streifen. Passanten bleiben stehen, staunen und freuen sich.

Die Bustour startete am Donnerstag an der Hauptpost in Dessau.
Die Bustour startete am Donnerstag an der Hauptpost in Dessau.
(Foto: Steinberg)

Bislang konnte Dessau-Roßlau keine Stadtrundfahrten für Touristen anbieten

Bislang, sagt Franziska Staude, Leiterin der Stadtinformation, hat Dessau-Roßlau keine Stadtrundfahrten angeboten. Das soll sich nun ändern - dank des Engagements des Vereins der Nahverkehrsfreunde.

Die Tour am Donnerstag startet vor der Dessauer Hauptpost, und Dirk Edelmann kommentiert als Vereinsvorsitzender höchst selbst, was es links und rechts des Weges zu sehen gibt. Von Beruf Straßenbahnfahrer, hat er einen ganz eigenen Blick auf die Stadt.

Er weiß, dass früher, als das Rondell etwas südlich der Museumskreuzung tatsächlich noch rund war, die Gleise im Bogen herumführten oder vor Verlängerung der Straßenbahnlinie die Fahrgäste vom Schaffner mit den Worten informiert wurden: „Friedhof drei, Endstation, bitte alle aussteigen.“ Engelmann muss es wissen, schon sein Vater war Straßenbahnfahrer und gelegentlich mit historischen Fahrzeugen unterwegs und dann in Personalunion Stadtbilderklärer.

Vereinschef Dirk Edelmann sprach am Donnerstag selbst ins Mikro.
Vereinschef Dirk Edelmann sprach am Donnerstag selbst ins Mikro.
(Foto: Steinberg)

1,3 Millionen Kilometer hat Herrmann schon zurückgelegt

Überhaupt ist dies ein Unterschied zu vielen anderen Stadtführungen - die Engelmannsche ist sehr stark im Alltag verhaftet und weniger an geschichtlichen Höhepunkten und den üblichen Anlaufpunkten für Touristen orientiert. Klar, das Bauhaus und die Siedlung Törten kommen bei ihm vor, aber ebenso das Dessau-Center als „Hartz-IV-Center“ oder der erste Plattenbau vom Typ WBS 70, in dem der einstige Chef der Verkehrsbetriebe wohnte und über schiefe Böden klagte. Seine teils eifrig mitschreibenden Gäste erfahren auch, dass man einst nicht an der Museumskreuzung umstieg - sondern wegen einer dort befindlichen Gaststätte an der Stadt Rom.

Rund 110 Minuten steuert Grigo seinen Herrmann durch die Stadt, einen Bus, der äußerst robust ist und an dem der Fahrer beide Hände am Lenkrad haben muss. Nichts ist schick. Das Armaturenbrett ist pragmatisch eingerichtet und auf dem Oberdeck warnen Schilder, bei offenem Verdeck sich anzuschnallen und „keine Arme, Beine oder Gegenstände“ aus dem Bus zu halten, was zumindest mit den Beinen ein gewisses artistisches Geschick erfordern würde. 1,3 Millionen Kilometer hat Herrmann schon zurückgelegt, und Edelmann freut sich: „Der läuft wie ein Bienchen.“

Niklas Grigo steuert den Bus.
Niklas Grigo steuert den Bus.
(Foto: Steinberg)

Ab 24. Juli soll Hermann regelmäßig an den Wochenenden durch die Stadt fahren

Den Bus haben die Nahverkehrsfreunde weitgehend auf sein ursprüngliches Berliner Erscheinungsbild getrimmt, an der Seite prangt das BVG-Logo und auch Grigo trägt eine BVG-Uniform. All das trägt bei zum rustikalen Charme der Dessauer Rundfahrt. Und die Aussicht vom geöffneten Oberdeck lässt selbst alteingesessene Dessauer die Stadt aus einer neuen Perspektive erleben.

Ab 24. Juli soll Hermann regelmäßig an den Wochenenden durch die Stadt fahren, dann auch mit anderen Kommentatoren an Bord als Engelmann. Die Tour kostet 15 Euro, ermäßigt 13 Euro, Karten gibt es in der Touristinfo, oder im Webshop der Nahverkehrsfreunde.

Alte Technik macht den Bus speziell.
Alte Technik macht den Bus speziell.
(Foto: Steinberg)

Mehr Infos gibt es im Internet auf www.nahverkehrsfreunde-dessau.de