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Dessauer Innenstadt Dessauer Innenstadt: Ist der Stadtpark eine Problemzone?

Von Sylke Kaufhold 14.06.2016, 17:26
Nicht zu übersehen: Die Polizei zeigt Präsenz im Dessauer Stadtpark.
Nicht zu übersehen: Die Polizei zeigt Präsenz im Dessauer Stadtpark. Lutz Sebastian

Dessau - Mit Vollgas rasen Samstagabend Polizeiautos in den Stadtpark und stoppen dort mit quietschenden Reifen. Was ist los? Ist schon wieder etwas passiert? Seit dem Mord an der Chinesin Yangjie Li und nach Meldungen über heftige Auseinandersetzungen, Schlägereien und Anzeigen wegen sexueller Belästigungen am und im Stadtpark in den Wochen zuvor sind die Dessauer verunsichert. „Ich habe ein ungutes Gefühl, wenn ich durch den Park gehe und den Eindruck, dass der Zustand immer schlechter wird“, schildert Peter Pietsch, Mitglied im Stadtbezirksbeirat für Mitte/innerstädtisch Süd sein Empfinden. Er wohne direkt am Stadtpark und beobachte regelmäßig kiffende Jugendliche unter seinem Balkon, Rabatz, Dreck und Müll.

Stadtpark mit zwei Seiten

Basketball spielende Jugendliche auf dem Bolzplatz des Parkes, Kinder an der Spielebox und am beliebten Spielplatz im hinteren Teil des Parkes oder Domino und Schach spielende Herren am Schachfeld nahe dem Springbrunnen: Das ist das andere Bild, das der Stadtpark in diesen Tagen zeigt. Die Veranstaltungen, die 2016 im Park stattfanden wie Grillseminar, Familienbrunch und das Chöresingen hätten alle weit mehr Besucher als im vorigen Jahr gehabt, sagt Dessaus Stadtparkmanager Olaf Bülow. Es sei ein „buntes Leben vieler Kulturen“, das sich derzeit im Stadtpark abbilde. Was wiederum bestimmte Aufgaben für die Stadt hervorbringe, bewertet Bülow die Situation im Park.

Es sei in der Tat so, bestätigt Markus Loichen, Leiter Zentrale Aufgaben im Polizeirevier Dessau-Roßlau, dass der Stadtpark der größte multikulturelle Treffpunkt in der Stadt ist. „Und mit der Zahl der Beteiligten aus unterschiedlichen Kulturkreisen steigt auch das Konfliktpotenzial.“ Loichen nennt beispielhaft Auseinandersetzungen, die auch schon mal mit Messern geführt würden.

Streetworker berichten von "blühendem Drogenhandel"

Als besorgniserregend schildern auch die Streetworker der Stadt die Entwicklungen. „Das bunte einladende Bild trügt etwas“, wandten sie sich mahnend an das Polizeirevier. Es geht um junge deutsche, etwa 14- bis 16-jährige Mädchen, die sich abends im Park treffen, es geht um einen „blühenden Drogenhandel“ und um Sex, es geht aber auch um rassistische Beschimpfungen der Stadtparknutzer untereinander.

„All das war für uns Anlass, die Polizeipräsenz im Stadtpark zu erhöhen“, erklärt Markus Loichen. Vordergründiges Ziel sei es dabei, das subjektive Sicherheitsempfinden der Bürger zu erhöhen, Gefahren abzuwehren, aber natürlich würden auch Straftaten verfolgt. „Wir wollen den Stadtpark als Ort des friedlichen, multikulturellen Miteinanders erhalten.“

Was bei den meisten Dessauern mit Freude und Erleichterung zur Kenntnis genommen wird, findet bei den Gruppen im Stadtpark wenig Verständnis. Im Gegenteil. „Die Beamten, die Präsenzstreife durch den Park laufen, wurden schon zweimal von den dort Anwesenden beleidigt und beschimpft, so dass sie Verstärkung anfordern mussten“, schildert der Leiter Zentrale Aufgaben und macht aus seinem Ärger darüber keinen Hehl.

Stadtparkmanager warnt vor überhöhter Problematisierung

Einstellen wird die Polizei ihre verstärkte Präsenz deshalb natürlich nicht, betont Loichen. Zusätzlich zu den regelmäßigen Streifen vom Nachmittag bis in die Nacht würde immer wieder auch der Regionalbereichsbeamte präsent sein. „Wir wollen keinen Aktionismus verbreiten, sondern initiieren langfristige Maßnahmen für einen dauerhaften Effekt.“

Im Blick hätten sie dabei sowohl die wieder zugenommene Drogenproblematik als auch das Gebaren der minderjährigen Mädchengruppe. „Wir nehmen diese Hinweise sehr ernst und bleiben da dran.“

Bei Stadtparkmanager Olaf Bülow stößt die Initiative der Polizei auf große Zustimmung. „Ich finde dies gut, wichtig und notwendig“, lautet seine Wertung. Dennoch warnt er vor einer überhöhten Problematisierung der Situation. „Es ist ein lebendiger urbaner Begegnungsort im Freien, darauf müssen wir uns einstellen.“ Gut fände es der Stadtparkmanager in diesem Zusammenhang, wenn der in den 90er Jahren aktive Arbeitskreis Sicherheitspartnerschaft wiederbelebt würde. Die dort aktiven Partner von Polizei, Ämtern, sozialen Einrichtungen und Vermietern würden eine „schnelle und effektive Kommunikation“ und in der Folge ein zügiges gemeinsames Handeln ermöglichen.

Immer wieder in der Kritik ist auch die Ordnung und Sauberkeit im Stadtpark. Hier ist das Ordnungsamt gefragt. Im Stadtbezirksbeirat wurde in diesem Zusammenhang nach den rechtlichen Befugnissen des Stadtordnungsdienstes gefragt. „Es wäre schön, wenn die Mitarbeiter an Ort und Stelle Auflagen erteilen würden“, findet nicht nur Karin Rieche.

Gemeinsame Streife mit der Stadt

Für eine schnelle Reaktion und Ahndung vor Ort führe der Stadtordnungsdienst seit Jahren gemeinsame Streifen mit der Polizei durch, die einmal wöchentlich stattfinden, macht Stadtsprecher Carsten Sauer aufmerksam. Der Stadtordnungsdienst allein ist sogar noch öfter vor Ort.

Das Amt registriere seit dem Einsatz des Regionalbereichsbeamten als konkretem Ansprechpartner eine nochmalige Verbesserung der guten Zusammenarbeit, wie sie auch mit dem Stadtparkmanager praktiziert werde, sagt Sauer. Die angesprochenen Probleme verwundern ihn: Vermehrte kritische Hinweise habe es in letzter Zeit nicht gegeben.

(mz)

Immer gut besucht: das Sportfeld im Stadtpark.
Immer gut besucht: das Sportfeld im Stadtpark.
Lutz Sebastian