Dessauer Heimatgeschichte Dessauer Heimatgeschichte: Bau des ersten Y-Hauses sorgt nicht nur für Freude

Dessau-Roßlau - Dessau-Roßlau im Wandel der Zeit: Geblättert in alten Zeitungen und zurückgeschaut auf die Ereignisse vor 100, 70, 50 und 25 Jahren.
Vor 100 Jahren
Was heute selbstverständlich scheint, war im Juni 1920 noch etwas Besonderes und einem Reporter des „Volksblatt für Anhalt“ eine Reportage in schwelgenden Worten wert. „In bunten Bildern zog heute das Marktleben an den Besuchern vorbei. War bisher der Markt immer noch spärlich mit Waren aller Art beschickt worden, so brachen heute die Stände fast unter der Wucht der Waren zusammen.
Das anscheinend recht fruchtbare Jahr 1920 hat zum ersten Male sein Füllhorn ausgeschüttet und die Gaben sind nicht schlecht gediehen. Buntheit beherrschte, wie gesagt, den Markt. Zwischen dem Grün und Rot der verschiedensten Schattierungen der Frühgemüse, Salate, Radieschen, Suppen- und Gewürzkräuter, leuchteten in allen Farben Rosen und Nelken, der blutigrote Mohn, das strahlende Blau der Kornblumen und schillerten hier und da die zarten Farben der Wicken“.
Wo viel Licht, ist aber bekanntlich auch viel Schatten. Wo auf dem Markt ein Überfluss herrschte, gab es anderswo einen gravierenden Mangel. „Die Wohnungsnot droht sich zur Katastrophe auszuwachsen. In Dessau sind etwa 1.000 Wohnungssuchende vorhanden, für die keine Wohnungen zu beschaffen sind“, beschrieb ein Artikel am 29. Juni 1920 im „Volksblatt für Anhalt“ ein zunehmendes Problem der damals boomenden Industriestadt Dessau, deren Bevölkerung Jahr um Jahr anstieg.
Als eine Ursache wurde der Wucher mit Baustoffen ausgemacht, der die Baupreise in extreme Höhen schnellen ließ. „Deutsche Bauarbeiter, Mieter, Siedler, Kleingärtner! Wir erwarten, dass ihr allesamt die Versammlung am 1. Juli, abends 8 Uhr, im Tivoli, besucht und zu einer Massenkundgebung gegen die heutige Wohnungsnot und für die Inangriffnahme der Sozialisierung macht.“, schrieb das Blatt weiter.
Vor 70 Jahren
„Baut auf, baut auf“ - diese musikalische Losung setzte die Roßlauer FDJ im Sommer 1950 in die Tat um. In beengten Verhältnissen, in einen ehemaligen Schuhmacherladen, fand bisher die Vereinsarbeit statt.
„Das wird jetzt anders werden. Auf Vorschlag des Rates unserer Stadt erklärte sich vor einiger Zeit die Vereinigung Volkseigener Betriebe bereit eine unbenutzte massive Baracke auf dem Gelände der früheren Fassfabrik Kohl einschließlich eines größeren Geländestreifens der FDJ zu überlassen“, schrieb die „Freiheit“ in ihrer Ausgabe vom 14. Juni 1950. Schon wenige Tage später wollten sich die jungen Leute voller Elan ihrer schönen Aufgabe zum Ausbau ihres neuen Domizils widmen, wie die Zeitung weiter berichtete.
Auf der anderen Elbseite sorgte das sowjetische Mossejew-Ensemble „mit seiner Tanzkunst in höchster Vollendung“ in diesem Monat für Begeisterungsstürme bei den Dessauern, wie die „Freiheit“ am 20. Juni 1950 zu berichten wusste. 60.000 Zuschauer auf dem Friedensplatz vor dem Theater wollten sich laut Presse dieses Spektakel nicht entgehen lassen.
Vor 50 Jahren
Sie prägen bis heute die Stadtsilhouette von Dessau - die drei Y-Häuser am Rande des Stadtparks. Mitte Juni 1970 wurde der erste 14-Geschosser montagemäßig fertiggestellt, nachdem am 20. März desselben Jahres mit dem Bau begonnen wurde.
Doch statt das in Rekordzeit Geschaffene mit großem Jubel zu würdigen, ließ die „Freiheit“, in ihrer Ausgabe vom 19. Juni 1970 ungewöhnlich viel Freiraum für kritische Töne. Ausführlich kam der Bau-Brigadier Paul Rabe zu Wort: „Wir können auf das Erreichte nicht stolz sein, wenn wir feststellen müssen, dass der Terminplan so weit überzogen wurde“, stellte der Brigadier fest. Einen Absatz weiter wird die Mängelliste offen gelegt. „Kranausfälle, mangelnde Vorbereitung und Leitungstätigkeit und nicht zuletzt schlechte Materialanlieferungen ließen uns den Block nicht, wie im Ablaufplan vorgesehen, am 27. Mai montagemäßig beenden“, monierte ganz offen der Brigadier.
Diese Kritik sollte laut Zeitung Ansporn sein, es bei den beiden anderen Blöcken besser zu machen. 1971 wurde das Ensemble im Stadtpark vollendet.
Bei hitzigen Diskussionen und bei heißen Temperaturen generell hilft immer eine Abkühlung. Die lieferte auch im Sommer 1970 wieder die Dessauer Getränke KG. „40 000 Flaschen pro Tag“ betitelte die „Freiheit“ am 19. Juni 1970 ihren Artikel über die Dessauer Getränkeproduktion.
An hochmodernen Anlagen wurden im Akkord vor allem alkoholfreie Getränke wie Club-Cola abgefüllt und in der Region dann als gefragter Durststiller an das Arbeiter- und Bauernvolk verkauft.
Vor 25 Jahren
Ihr Revier ist selbstverständlich die Autobahn und zwar auf rund 65 Kilometern die A9, zwischen der Landesgrenze Sachsen-Anhalt/Brandenburg bis zur Anschlussstelle Landsberg. Um ihre Arbeit noch effektiver als bis dato durchführen zu können, überreichte am 9. Juni 1995 der damalige Landesinnenminister Manfred Püchel offiziell die Schlüssel für das neue Domizil der Dessauer Autobahnpolizei in der Sollnitzer Allee 2 in Mildensee, wie die „Mitteldeutsche Zeitung“ am 10. Juni 1995 berichtete.
65 Polizisten und fünf Angestellte zogen von der Kühnauer Straße in das neue Objekt, unweit der Autobahn-Anschlussstelle Dessau-Ost. (mz)
