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Dessau-Roßlau Dessau-Roßlau: Zwischen Garten und Kunst

Von ULRIKE WOHLFAHRT 19.06.2011, 17:26

DESSAU-ROSSLAU/MZ. - Seit nunmehr fünf Jahren öffnen Familien ihre privaten kleinen und großen Oasen, um anderen Menschen Einblicke zu gewähren, ins Gespräch zu kommen und Neuigkeiten aus der Welt der Pflanzen auszutauschen.

Carmen Kettritz, Axel Köhler und Achim Spieler verbindet die Freude an allem, was blüht. Und sie erdachten eine Möglichkeit, wo Menschen sich in Gärten treffen und miteinander ein paar schöne Stunden verleben können. "Ich finde es einfach schön, wenn sich Leute in Gärten treffen, ihre Erfahrungen austauschen und in lockerer Atmosphäre zusammenkommen. Man nimmt jedes Jahr wieder so viel mit. Die Leute sind alle super gelaunt und selbst lernt man auch nie aus", freut sich Carmen Kettritz, dass die Idee sozusagen ein Volltreffer war.

Natürlich war auch ihr Garten am Sonnabend für Besucher geöffnet. Bei einem Stück selbst gebackenem Erdbeer- oder Pfirsichkuchen gab es tolle Dinge zu erfahren. Neben ganz normalen Pflanzen, Obst- und Gemüsesorten gibt es bei Carmen Kettritz doch tatsächlich Yin und Yang Bohnen. "Die sind zur Hälfte schwarz und zur Hälfte weiß und sehen eben genau aus, wie dieses chinesische Yin und Yang Zeichen. Man kann sie super auf einem Band auffädeln und hat dann eine schicke Kette. Es gibt sogar pinke Bohnen. Es ist wirklich beeindruckend, was die Natur bietet", erzählt Carmen Kettritz begeistert.

Auch Pastinaken und gelbe, rosafarbene und weiße Rüben sind in ihrem Garten zu finden, und aus Stangenbohnen zaubert sie leckerste Gerichte. Ein paar Rezepte hat sie den Besuchern auch verraten. "Mich bei der Arbeit hier zu entspannen, die Jahreszeiten zu erleben, sich zu freuen, wenn neue Pflanzen heranwachsen und auch mal traurig zu sein, wenn eine von ihnen eingeht, das ist für mich der Garten. Eben ein bisschen Urlaub im eigenen Haus". Dafür hat die Kleutscherin in ihrem urigen Garten mit leuchtend blauen Sitzbänken Voraussetzungen geschaffen.

Der Garten von Rosemarie Bahn in der Kleutscher Dorfstraße gleicht einem Kunstwerk. Bereits beim Betreten fühlt man sich hier wohl und möchte am liebsten gar nicht mehr weg. Die Liebe, die in diesem Garten steckt, spürt man in jeder Ecke. Alles hat sie selbst gemacht, nichts ist von der Stange und sogar die Pflanzen erzählen eigene Geschichten. "Letztendlich hat jeder ein Haus voller Geschichte, man muss sie nur zulassen und sich von seinen Gefühlen leiten lassen", meint Rosemarie Bahn.

Kreativ in der Nacht

Der schlangenlinienförmige Weg, der durch den Garten führt, besteht aus Resten, die sie beim Steinmetz erstanden hat. Mit viel Geschick hat sie so eine Verbindungslinie geschaffen, die den Besucher an eine selbst gebaute Feuerstelle mit wunderschöner Sitzecke vorbeiführt, die mit dem Deckel eines alten Waschkessels abgedeckt ist, um dann eine Reihe verschiedenster Gemälde bestaunen zu können, die sowohl Landschaften und Stillleben, als auch Portraits zeigen. Alle hat sie selbst gemacht und das meistens in der Nacht. "Da komme ich dann zur Ruhe und kann kreativ sein", so die Gartenkünstlerin. Vorbei geht es dann an Buchsbäumen, die zur goldenen Hochzeit ihrer Eltern als Dekoration gedient haben und nun zu einem kleinen Irrgarten angelegt worden sind. Der kleine Teich mit den Koikarpfen bekommt das gewisse Etwas durch eine etwas andere Dekoration. "Aus alten blauen und silbernen Keramiksteinen, die ich noch von meinem Theologiestudium übrig hatte, habe ich einfach einen kleinen Rand am Teich farbig gestaltet. Ich finde es schön, wenn alles selbst gemacht ist und Persönlichkeit hat", so Rosemarie Bahn. Ob diese kleine Oase nun noch Garten oder tatsächlich schon Kunst ist, das muss jeder Besucher für sich entscheiden.

Auch Anja Benedix, die vor kurzem ein Grundstück gekauft hat und sich nun ein paar Ideen für den Umbau holen möchte, ist ganz begeistert. "Wir sind hier heute schon gezielt her gekommen, um diesen Tag zu nutzen, die verschiedenen Gärten auf uns wirken zu lassen und mal zu sehen, was so alles möglich ist. Ich habe auch extra die Kamera dabei, um besonders schöne Dinge festzuhalten und dann im eigenen Garten auch das Eine oder Andere umzusetzen. Es ist wirklich toll hier. Ich habe so viele Eindrücke sammeln können und werde auch im nächsten Jahr wiederkommen, weil es einfach schön ist und alle freundlich und offen sind", erzählt sie begeistert.

Bezaubernd individuell

Ein weiteres Highlight: der Garten von Dieter Esser und Kurt Herzog Am Hofsee in Kleutsch. "Nachdem ich vor vielen Jahren schwer erkrankt bin, sind wir beide aus Westdeutschland zurück in die Heimat gekommen. Ich fühlte mich hier einfach besser betreut, was Krankenhäuser angeht. Das Haus, das wir 1999 renoviert haben, sollte ein Rückzugsort und Ruhepol werden, falls es mir schlechter geht. Nun habe ich großes Glück gehabt, und es geht mir immer noch recht gut. Umso mehr genießen wir unsere kleine Oase jetzt", freut sich Dieter Esser. An seinem Lieblingsplatz, unter dem über hundert Jahre alten Apfelbaum, fällt der außergewöhnliche Tisch auf. "Da haben wir einen Mühlenstein zum Tisch umfunktioniert."

Die selbst gezogenen Hecken umrahmen den bezaubernden Garten und der außergewöhnliche Gewürzstrauch und die Rosen verbreiten einen wunderbaren Duft. "Alles, was blüht und schön aussieht, gehört für mich in einen Garten. Er soll nicht aussehen, als wäre er künstlich angelegt, sondern Gemütlichkeit ausstrahlen", erklärt Esser. Deshalb bleiben die Bäume hier auch stehen, solange sie leben. "In den Stämmen leben Käfer, und das ist doch phantastisch, man muss der Natur ihren Lauf lassen und nicht alles zerstören", so Esser. Bei solch einem individuellen Garten wären normale Blumentöpfe fehl am Platz. "Deshalb habe ich einen alten Waschkessel umfunktioniert und nun dient er eben als Übertopf", schmunzelt der Hausherr. Auch einen kleinen Flohmarkt gab es, und da konnten die Besucher dann verschiedenste Mitbringsel aus Frankreich, Spanien oder Österreich erstehen.

Auch bei Dieter Esser und Kurt Herzog waren die Besucher von all den tollen Ideen einfach nur begeistert. Der Wunsch von Carmen Kettritz, dass Menschen sich treffen, sich austauschen und einfach Freude an und in der Natur haben, ist in Erfüllung gegangen.