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Dessau-Roßlau Dessau-Roßlau: Syrer holt Angehörige aus Bürgerkrieg

Von gina apitz 05.12.2012, 17:39

dessau-rosslau/MZ. - Es war ein harter Kampf mit der deutschen Bürokratie. Ob er zu Ende ist, weiß Mazin Ali noch nicht. Der 42-jährige Deutschsyrer, der in Roßlau einen Autohandel betreibt, versucht derzeit seine Mutter und seine Schwester aus seinem vom Bürgerkrieg zerrütteten Heimatland zu holen. Doch einfach machte es ihm die Dessauer Ausländerbehörde nicht. Mazin Ali fühlt sich "diskriminiert" und ist "mit den Nerven fix und fertig".

Um seine Verwandten aus dem Kriegsgebiet holen zu dürfen, muss Ali der Behörde beweisen, dass er für den Lebensunterhalt seiner Mutter und seiner Schwester aufkommen kann. Nur dann unterschreiben die Mitarbeiter eine so genannte Verpflichtungserklärung, die Voraussetzung für ein Visum ist.

Anfangs war die Dessauer Behörde jedoch davon überzeugt, dass Alis Einkommen nicht ausreiche und weigerte sich, das Dokument auszustellen. Zu groß sei die Gefahr, dass die Stadt für die Versorgung der beiden Syrer selbst aufkommen müsse.

Auch Mazin Alis Bitte an Oberbürgermeister Klemens Koschig wurde zunächst abgewiesen. In einem Schreiben begründet Koschig, dass die Stadt "solche Verpflichtungen, die uns finanziell belasten würden, nicht eingehen" könne. "Insbesondere vor dem Hintergrund unserer prekären Haushaltslage, aber auch unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes, ist mir dies untersagt."

Doch Ali versichert, dass er niemals um Geld gebeten habe. "Meine Mutter und meine Schwester sollen hier auf meine Kosten leben, nicht auf Kosten der Stadt." Er verweist auf sein angespartes Vermögen von 20 000 Euro, mit dem er deren Lebensunterhalt für die Dauer des dreimonatigen Besuchsvisums bestreiten könne. Alis Mutter muss regelmäßig zur Dialyse. Dafür habe er mit einem Krankenhaus eine Absprache getroffen und würde alle Kosten übernehmen, sagt er.

Weil die Ausländerbehörde nicht nachgab, schaltete sich schließlich Stefan Krabbes, Mitglied der Grünen, ein. Der 25-jährige Dessauer ist Büroleiter für den grünen Landtagsabgeordneten Christoph Erdmenger und versuchte zwischen Ali und der Behörde zu vermitteln - zunächst ebenfalls ohne Erfolg. Die Entscheidung konnte Krabbes nicht nachvollziehen.

Schließlich hätte Herr Ali "alles richtig gemacht." Er schlug vor, dass Ali eine Sicherheitseinlage von 3 000 Euro an die Stadt überweist. In Nürnberg beispielsweise ist das gängige Praxis. Doch auch dieser Vorschlag wurde zunächst abgelehnt.

Stefan Krabbes glaubt, dass die Behörde damit rechnet, dass Alis Mutter einen Asylantrag stellen wird. "Das sind aber zwei getrennte Paar Schuhe."

Nach einem Gespräch Krabbes mit Koschig wird die Sachlage aber tatsächlich neu beurteilt. Die Ausländerbehörde ist nun doch davon überzeugt, dass Ali seine Mutter und seine Schwester versorgen kann. Als Begründung heißt es: "Da Herr Mazin Ali zwischenzeitlich ausreichende finanzielle Mittel für die Behandlung und den Unterhalt seiner Mutter nachgewiesen und beigebracht hat, wurde durch die Stadt Dessau-Roßlau unter Berücksichtigung humanitärer Aspekte die Einzelfallentscheidung getroffen, ihm die Verpflichtungserklärungen abzunehmen."

Als Sicherheitseinlage soll er 13 000 Euro an die Stadt überweisen. Wie sich diese Summe zusammensetzt, kann die Behörde nicht erklären. Sie beziehe sich auf "die voraussichtliche Aufenthaltsdauer der Mutter". Der Dessauer Rechtsanwalt Rolf Bumann findet es eigenartig, dass "überhaupt ein Betrag an die Stadt gezahlt wird" und hält die Praxis Geld einzubehalten für "sehr, sehr fraglich."

Außerdem muss Ali eine Erklärung unterschreiben, in der steht, dass seine Mutter und seine Schwester in Deutschland kein Asyl beantragen werden. Bindend sei diese Erklärung aber nicht, sagt der Dessauer Rechtsanwalt Christoph Kunz, der sich auf Asylrecht spezialisiert hat. "Sie können das trotzdem beantragen."

Kunz ist jedoch skeptisch, ob die deutsche Botschaft in Ankara die Visa für Alis Mutter und seine Schwester ausstellen wird. Ali versichere zwar, dass beide wieder nach Syrien zurückkehren wollen. Doch angesichts der schwierigen Lage bezweifelt er, dass "die deutsche Botschaft das glaubt". Ali ist trotzdem in die Türkei geflogen, um seine Mutter und seine Schwester nach Deutschland zu holen.