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Dessau-Roßlau Dessau-Roßlau: Kulturabgabe oder Bettengeld für Hotels?

Von STEFFEN BRACHERT 27.04.2010, 17:12

DESSAU-ROSSLAU/ MZ. - Köln hat den Anfang gemacht. Ende März war es, als der rot-grün dominierte Stadtrat der Millionenstadt am Rhein eine Kulturförderabgabe beschloss - und damit auf das reagierte, was die Bundesregierung ein "Wachstumsbeschleunigungsgesetz" nannte, was aber ein Gesetz war, das allein der Stadt Köln Einnahmeverluste in Höhe von 30 Millionen Euro bescherte.

Entlastung für Hoteliers

Um diese auszugleichen, will die Stadt bei denen hinlangen, die am meisten von dem Gesetz profitieren: bei den Hoteliers, die dank des Gesetzes auf Hotel-Übernachtungen statt 19 nur noch sieben Prozent Mehrwertsteuer zahlen müssen. Vor allem die FDP hatte das gefordert. Mit Folgen: Es hatte ihr den Beinamen "Mövenpieck-Partei" eingebracht, weil August von Finck, Miteigentümer der "Mövenpieck"-Hotelgruppe, den Liberalen im Wahlkampf eine Millionen-Spende hatte zukommen lassen.

Köln aber ist nun angetreten, sich ein Teil des Verlustes zurückzuholen. Künftig will die Stadt fünf Prozent eines Zimmerpreises für sich, für das Vorhalten des immensen Kulturangebotes verbuchen. "Unsere Abgabe ist keine zusätzliche Belastung für die Hotellerie", hat Kölns Stadtkämmerer Norbert Walter-Borjans den umstrittenen Schritt verteidigt. "Wir verringern lediglich den Vorteil, den die Hotels aus der Mehrwertsteuersenkung ziehen." Statt zwölf Prozentpunkten Ermäßigung bleibe eben nur noch knapp die Hälfte übrig. Köln wäre damit geholfen. Mit einem 500 Millionen Euro großen Defizit im städtischen Haushalt geplagt, erhofft sich die Stadt von der Kulturförderabgabe zusätzliche Einnahmen von maximal 21,5 Millionen Euro.

Begehrlichkeiten geweckt

Dass solche Summen Begehrlichkeiten wecken, ist klar. Augsburg, Bochum, Erfurt, Essen, Freiburg, Heidelberg, Stuttgart: Das sind nur einige Städte, die sich für den Kölner Weg interessieren. Montag im Theaterausschuss forderte nun auch Ulrich Plettner (FDP) ein Dessau-Roßlauer "Bettengeld" von 50 Cent pro Bett und Nacht - und bekam Unterstützung von Oberbürgermeister Klemens Koschig. "Die Kämmerei hat schon den Auftrag, das in die Konsolidierung einzuarbeiten."

Im Dessauer Rathaus liegt die Kölner Satzung seit etwa zwei Wochen vor - und wird intensiv diskutiert. Denn die Kulturförderabgabe hat ihre Tücken. Kölns Fünf-Prozent-Regelung beispielsweise hält der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband für verfassungswidrig. Kommunen dürften nur Steuern erheben, die nicht mit Bundessteuern vergleichbar sind. Die Bettensteuer entspreche aber einer Umsatzsteuer. Erste Klagen sind schon angekündigt.

Andere Städte diskutieren deshalb eine Einmal-Abgabe pro Übernachtung. Doch auch die ist nicht einfach durchzusetzen. Eine "Betriebliche Tourismusabgabe" ist im Kommunalabgabengesetz des Landes Sachsen-Anhalt geregelt. Die Abgabe verlangt Gästeübernachtungen pro Jahr, "die in der Regel das Siebenfache der Einwohnerzahl übersteigt". Dessau-Roßlau hat knapp 90 000 Einwohner und müsste damit auf deutlich über 500 000 Übernachtungen kommen. Tatsächlich sind es weit weniger als die Hälfte.

Rathausintern wird an einer Dessau-Roßlauer Variante gearbeitet - und der Aufwand untersucht, der notwendig ist, das Geld einzutreiben. Denn reich wird die Stadt mit der neuen Einnahme nicht: Bei knapp 200 000 Übernachtungen, die es in Dessau-Roßlau jedes Jahr gibt, und einem "Bettengeld" von 50 Cent pro Bett und Nacht, geht es um eine jährliche Mehreinnahme von etwa 100 000 Euro. Das hört sich bescheiden an, muss die Stadt doch gerade ab 2013 jährlich 13,5 Millionen Euro zusätzlich einsparen (oder eben die Einnahmen erhöhen). Trotzdem will Finanzdezernentin Sabrina Nußbeck nur ungern auf dieses Geld verzichten.

Sorgen, dass Dessau-Roßlaus Kulturförderabgabe sich negativ auf den Hoffnungsfaktor "Tourismus" auswirkt, hat die Stadtverwaltung aber nicht. Den Grund dafür liefert Weimar: Die Stadt in Thüringen hatte 2003 eine Übernachtungssteuer eingeführt, diese nach heftigen Protesten aber wieder ausgesetzt. 2005 wurde eine Kulturförderabgabe für Hotelübernachtungen beschlossen, die einer Kurtaxe in Badeorten oder einer Strandgebühr an der Ostsee vergleichbar ist. Die Abgabe beträgt bei Hotels bis 49 Zimmern ein Euro je Nacht und Zimmer. Ab 50 Zimmer sind zwei Euro je Nacht und Zimmer zu zahlen. Die Übernachtungszahlen sind trotzdem gestiegen. Allein 2009 brachte das Weimar 504 000 Euro Einnahmen.

Entgelt für Eintritte

Das macht im übrigen erfinderisch: Seit einigen Jahren verlangt die Stadt von Goethe, Schiller und Bauhaus auch noch eine Kulturförderabgabe für Eintrittsentgelte in Museen und Konzerte. Diese liegt pro Ticket zwischen 50 und 90 Cent. Darüber haben die anderen Kommunen im Land noch gar nicht gesprochen.