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Dessau-Roßlau Dessau-Roßlau: Kellnerschürze hängt längst noch nicht am Nagel

Von DANNY GITTER 07.04.2011, 17:34

ROSSLAU/MZ. - Eine Frage stellte sich für Eva Hinz nie. Irgendwann aufhören zu arbeiten und nur noch Rentnerin sein? Für sie war das nie eine wirkliche Option. Nicht mit 65 und auch jetzt zu ihrem 70. Geburtstag am 19. März nicht. Dafür liebt sie ihren Beruf als Kellnerin im Roßlauer "Braustübl" zu sehr.

Beruf als Berufung

"70 ist kein Alter, sondern nur eine Zahl", philosophiert die Kellnerin keck über das neue Lebensalter. Außerdem sei man ja sowieso immer so jung, wie man sich fühle. Und wenn es danach ginge, könne man ganz getrost mindestens 10 bis 15 Jahre abziehen, so Hinz.

Ihr ganz persönlicher Jungbrunnen ist ihre Arbeit als Kellnerin. 51 Jahre arbeitet sie nun schon in diesem Beruf, über den sie sagt, dass er eine echte Berufung sei. Dabei fanden kurz nach der Schule Hinz und ihre Berufung zunächst erst über Umwege zueinander. Weil die Eltern sich was Handfesteres für die Tochter vorstellten, ging es zunächst in die Konditorenlehre nach Zerbst.

"Ich wusste von Anfang an, dass ich da nicht dabeibleibe", sagt sie heute im Rückblick. "Das hatte weniger mit Menschen als vielmehr mit toten Gegenständen zu tun", erklärt Hinz ihre innere Rebellion gegen die Arbeit als Konditorin. Zwei Jahre arbeitete sie nach der Lehre noch in der Backstube, bis sie sich dann gegen den Willen der Eltern durchsetzte und doch noch Kellnerin lernte.

Hier war Hinz von der ersten Minute an in ihrem Element. Wenige Jahre später kam noch eine Weiterqualifizierung zur Gaststättenleiterin hinzu. So bindet sich die Kellnerin nun schon seit einem halben Jahrhundert die Schürze um und serviert ihren Gästen neben Speisen und Getränken auch manches kurze Gespräch. Denn die Gesellschaft von Menschen und der Umgang mit ihnen ist der Roßlauerin besonders wichtig.

Wo Hilfe gebraucht wird

In vielen verschiedenen Lokalitäten in der Schifferstadt begrüßte Hinz schon die Gäste. Das Gasthaus "Braustübl" am Markt ist seit 16 Jahren ihr Arbeitsplatz. Hier kommt die 70-Jährige noch regelmäßig her, um zu bedienen oder anderweitig zu helfen, wenn Arbeit anfällt. "Ich helfe auch beim Saubermachen oder in der Küche, wenn Hilfe gebraucht wird", so Hinz. Hauptsache es gibt immer was zu tun. Denn was die 70-Jährige am wenigsten mag, ist Stillstand. Volle Gasträume durch Vereinssitzungen und Feste oder geschlossene Gesellschaften habe sie deshalb am liebsten, verrät die Kellnerin. Dann ist voller Einsatz gefragt, sind hungrige und durstige Gäste im Akkord zu bedienen.

Was für andere purer Stress ist, ist für Hinz ein Lebenselixier. Dann blühe sie auf und mache das, was sie am liebsten mache: Viele Menschen um sich haben und diese bedienen. Um diesen ganzen Anstrengungen auch noch mit 70 gewachsen zu sein, halte sie sich regelmäßig mit Sport in den eigenen vier Wänden und Fahrradfahren fit, erzählt Hinz und verrät noch eine ihrer besonderen Philosophien: "Ich habe mein Beruf zum Hobby gemacht." Sie legt viel Wert auf diesen kausalen Zusammenhang. Denn einem Hobby möchte man so viel wie möglich an Zeit und Aufmerksamkeit widmen. Es lässt einen mitunter nicht mehr los und rückt berufliche Notwendigkeiten wie Arbeitsanforderungen und Geld verdienen in den Hintergrund der Betrachtung.

Es sind aber auch das Arbeitsklima und die Kollegen, die Hinz noch immer motivieren zu arbeiten. "Die Kollegen sind wie Kumpels. Wir sind eine große Familie", erzählt die Kellnerin mit einem freudestrahlenden Gesicht. Immer ein offenes Ohr für den anderen zu haben, ist dabei das Gebot der Stunde, sagt sie.

Offen für Neues

Offen ist die 70-Jährige auch für Ratschläge und neue Eindrücke, was ihren Beruf betrifft. Hier betätigt sich dann und wann die Enkelin, die als Restaurantfachfrau in Berlin arbeitet, als Mentorin. "Es ist schön, wenn man auch von jungen Menschen noch was lernen kann", so Hinz. Denn schließlich möchte sie noch so lange wie möglich in ihrem geliebten Beruf arbeiten.