Dessau-Roßlau Dessau-Roßlau: Feuerdrama in Waldersee
Dessau-Roßlau/MZ. - Der junge Morgen ist eiskalt. Aber nicht starr. Unbelebt auch nicht: Am Ortsrand von Waldersee rollt der Zubringerverkehr vorbei am hochwasser-nassen Erdbeerfeld, über die "Betonstraße" radeln einzelne, warm verpackte Männer entlang der Allee durch die Alte Mildenseer Straße. Vor dem Eckgrundstück brummt der Motor eines Feuerwehrautos, reihen sich Polizeifahrzeuge nebeneinander und bezieht der dunkelblaue Transporter mit der hellen Aufschrift "Kriminaltechnik" Stellung. Ein rot-weißes Band signalisiert die Polizeiabsperrung. "Hier hat es in der Nacht gebrannt", bestätigen die Polizisten das Augenscheinliche. Das Einfamilienhaus in der Ziegeleistraße 1 ist seit der Nacht zum Dienstag ein Einsatzort.
Eine Frau in dicker Winterjacke steht still vor der Grundstücksgrenze, schüttelt den Kopf. "Nein, das ist er nicht", habe sie sich immer wieder gesagt, als sie am Morgen die Radionachricht hörte: In einem Walderseer Einfamilienhaus gab es ein Brand mit einer getöteten Person. Die Polizei kann die Identität des Opfers bis zum Nachmittag nicht bestätigen. Für die Frau mit dem brünetten Lockenhaar aber ist jetzt klar: "Das ist mein Schwiegervater. Warum musste es so enden?"
Am Vorabend erst hatten Sohn und Schwiegertochter den Vater aus dem Krankenhaus nach Hause gebracht. Das Haus in der Ziegeleistraße bewohnte der Rentner allein, seit seine kranke Frau vor Jahren im Pflegeheim Am Georgengarten Aufnahme fand. Der 80-Jährige selbst war schwer krank. "Wir hatten nach dem Klinikaufenthalt ab Freitag eine Halbtagspflege für ihn organisiert. Er wollte ja unbedingt nach Hause. Und jetzt macht man sich Vorwürfe." Die Frau presst die Finger in die tränenblinden Augen, spricht aber ruhig und gefasst: "Wir waren doch am Dienstagabend noch hier. Am Morgen wäre eine Schwester gekommen, zum Mittagessen hatten wir Gehacktesstippe vorbereitet. Wer hatte denn überhaupt die Feuerwehr gerufen?"
Die Polizei wurde um 2.08 Uhr durch einen Zeugen über den Brand in Waldersee informiert, meldet die Pressestelle der Polizeidirektion. Neben der Berufsfeuerwehr mit zehn Einsatzkräften eilten auch elf Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Waldersee zum Brandort. Insgesamt rollten sechs Fahrzeuge an.
"Das Wohnzimmer stand voll in Flammen", notiert Einsatzleiter Martin Müller, der um 7 Uhr mit der "Wachablösung" in der Leitstelle den Einsatz übernahm. Zunächst hatten die Feuerwehrleute den Löschangriff von außen gestartet, ehe sie ins Innere des Hauses vorrückten. Das Feuer war gegen 3 Uhr unter Kontrolle und abgelöscht. Ein Übergreifen der Flammen von dem einzeln stehenden Haus auf die Nachbargrundstücke konnte verhindert werden.
Das Haus an der Spitze der Ziegeleistraße war Anfang der 1980er Jahre errichtet worden. Die Familienmitglieder waren als Wirtsleute in der benachbarten, einstigen Konsumgaststätte "Waldeser" dorfbekannt. "Ohne, dass ich ihn persönlich näher gekannt habe: So etwas ist ganz schlimm", drückt Waldersees Ortsbürgermeister Lothar Ehm der Familie sein tief empfundenes Bedauern aus.
Neben dem in Dessau verwurzelten Familienzweig um den Sohn hatten sich die zwei Töchter in den alten Bundesländern ein neues Zuhause geschaffen. Das, was sich der Vater in liebevoller Kleinarbeit aufgebaut hatte, ist in der Nacht zum Dienstag ein Opfer von Flammen geworden.
Zu den Ursachen liegen noch keine Aussagen vor. Doch in dem Wohnzimmer, wo der Brand vermutlich ausbrach, soll ein Heizgerät gestanden haben. Ob das womöglich zum Unglück führte? Die Ermittlungen in den zuständigen Behörden laufen.
