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Dessau-Roßlau Dessau-Roßlau: Endlich Einzug

Von ANNETTE GENS 26.07.2011, 19:31

DESSAU/MZ. - Stühle rücken, Tische schieben, Regale einräumen, Umzugskisten auspacken: Das ist dieser Tage angesagt in der Wilhelm-Müller-Straße 13. Im Gründerzeitviertel im Dessauer Norden ist die Nummer 13 nicht irgendein Haus. Alleinstellungsmerkmale gibt es viele. Zum Beispiel, dass zu den sechs jungen Familien gleich zwölf Kinder gehören, die momentan das noch sanierungsbedürftige Treppenhaus für sich als Tummelplatz erobern und längst entschieden haben, was ihre Lieblingsplätze sind. Zwischen den Balkons sind zudem Seile gespannt, denn es macht riesigen Feez, Gegenstände auf der Seilbahn, Marke Eigenbau, zum Nachbarn zu befördern.

Das Haus kann mehr als seine Nachbarn, die zwischen 1910 und 1914 errichtet wurden. Seine Energiewerte dürften den ganzen Straßenzug um Längen schlagen. Eine Solaranlage auf dem Dach sorgt im Sommer für warmes Wasser. Das Gebäude ist gedämmt und verfügt über ein spezielles System, mit dessen Hilfe Wärme rückgewonnen werden kann. Dazu haben "wir uns von einem Bauphysiker aus Leipzig beraten lassen", erzählt Bewohner Christoph Erdmenger, Landtagsabgeordneter von Bündnis 90 / Die Grünen, welche Erfahrungen die Bauherren gemacht haben. Längst nicht alle Ingenieure und Architekten seien mit den neuesten bautechnischen Erkenntnissen vertraut.

Viele der neuen Bewohner des Gründerzeithauses arbeiten im Umweltbundesamt. Da liegt sicherlich der Ehrgeiz begründet, aus einem alten Haus ein energieeffizientes Gebäude zu entwickeln - was offenbar gelungen ist. Ein erster Blower-Door-Test - damit wird die Luftdichtheit eines Gebäudes gemessen - ist in der Rohbauphase erfolgt und war erfolgreich. Der zweite steht aus. Er ist Voraussetzung, um Bundesfördermittel in Anspruch nehmen zu können.

Die Bauherren geben ihre Erfahrungen gern weiter, erklären Benjamin Mattern und Michael Billharz. Das sei darüber hinaus Sinn des Projekts, an dem alle sechs Familien mitgearbeitet haben. Die Neu-Dessauer wollen zeigen, dass selbst ein altes Haus so umgebaut werden kann, dass es mit einem Niedrigenergiehaus verglichen werden kann.

Momentan jedoch gibt es durchaus andere Fragen, die nach dem Einzug im Vordergrund stehen und die ganz praktischer Natur sind: Nach der Bauphase will jeder endlich ankommen in den eigenen vier Wänden.

Seit dem Sommer 2009 sind die sechs Neu-Dessauer Familien Besitzer des Mehrfamilienhauses. Fast ein Jahr wurde das Bauprojekt vorbereitet. Das Jahr darauf (2010) gaben sich Handwerker die Klinke in die Hand. Die ersten Eigentümer zogen Ende Mai 2011 ein, die letzten vor wenigen Tagen.

Wenn alle eingerichtet sind, warten weitere Projekte. Für die Gestaltung des Flures gibt es schon Vorstellungen. Und der Garten, in dem sich noch etlicher Bauschutt türmt, soll 2012 umgestaltet werden - ganz bestimmt zu einem Kinderparadies.