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Dessau-Roßlau Dessau-Roßlau: Briefmarken als Zeitdokumente

Von silvia bürkmann 06.02.2012, 17:11

dessau/MZ. - Die blitzsaubere, gelbschwarz leuchtende Postkutsche im Mittelblock des Rathauscenters ist fraglos ein Blickfang auch für die in schier endlosen Wogen heran- und vorbeirauschenden Kundenströme. Eine Ausstellungsfläche nebenan kündigt eine Sonderpostfiliale an. Hier wird am Donnerstag anlässlich des Jubiläums "Anhalt 800" in der Zeit von 9 bis 20 Uhr vom Team "Erlebnis-Briefmarken" der Deutschen Post AG eine Gedenkganzsache feilgeboten. Das Sonderpostamt ist dann bis Sonnabend, 11. Februar, geöffnet.

Das ist für die Briefmarkenfreunde in Dessau-Roßlau ein ganz besonderes Ereignis. "Pro Jahr gibt die Deutsche Post etwa 50 Briefmarken heraus. Aber weniger als zehn Ganzsachen. Das ist ein enorm umkämpftes Privileg." Stolz präsentiert Vereinsvorsitzender Hans-Jürgen Till das neue philatelistische Schmuckstück. Er zeigt einen grafisch gestalteten Briefumschlag mit eingedruckter Marke. Die Briefmarke zeigt das Sonderpostwertzeichen für 55 Cent über die Bauhaus-Meisterhäuser in Weimar und Dessau. Der Briefumschlag beschreibt 800 Jahre Anhalt mit Abbildern von Albrecht, dem Bären, dem Venustempel im Dessau-Wörlitzer Gartenreich, Sonnenkollektoren aus Solar Valley und einer Ju 52.

"Ein wirksames Mittel, Geschichte, Tradition und Verdienste des Bundeslandes Sachsen-Anhalt bekannt zu machen und zu würdigen", so wurde die Idee der Ganzsache beworben. Beim Bundesfinanzministerium und von keinem Geringeren als dem ehemaligen Ministerpräsidenten Wolfgang Böhmer. Der nämlich schickte im September 2009 den Brief aus der Magdeburger Staatskanzlei ins damals Peer Steinbrück unterstehende Ministerium in Berlin. "Und ohne diese Fürsprache des Landesvaters wären wir nie zu einer Ganzsache gekommen", schmunzelt Till, als er sich daran erinnert, wie Böhmer beim 105. Philatelie-Kongress in Wernigerode mit einem Fachvortrag beinah aus dem Stegreif überzeugte. "Die ausgefeilten Redebeiträge waren in der Eile irgendwie in Magdeburg liegengelassen worden. Und der Ministerpräsident entpuppte sich als passionierter Briefmarkenfreund und -sammler." Natürlich ist es den Dessau-Roßlauer Sammlern daher eine große Ehre, dass gerade Wolfgang Böhmer am Donnerstag den postalischen Gruß für "Anhalt 800" selbst vorstellen wird: um 12 Uhr in der Rotunde im Rathaus-Center.

Genau dort neben der Postkutsche ist seit Montag auch die Ausstellung der Briefmarkenfreunde zu sehen. Insgesamt 14 Sammlungen können bestaunt werden. Neben den Philatelisten aus Dessau-Roßlau gestatten Sammler aus Köthen, Zerbst und Blankenburg Einblicke in ihre Schatzkammern.

Neben Briefmarken gezeigt werden auch unschätzbare Dokumente der Zeitgeschichte. So Briefe und Postkarten mit historischen, unwiederbringlich verloren gegangenen Stadtansichten. Und genau das macht für Hans-Jürgen Till und die 30 Briefmarkenfreunde im Verein den anhaltenden Reiz der Postgeschichte bis in die Neuzeit aus: Briefe sind Zeugnis und Dokument zugleich von Kommunikation unter Menschen. Gleich, ob da Lady Gomm 1847 auf Mauritius zum großen Ball einlud, der Soldat im Stalingrader Kessel noch einen letzten Feldpostbrief in die Heimat schickte oder eine Familie im Osten Deutschlands im Oktober 1990 eine Karte erhielt, die am letzten Lebenstag der DDR abgestempelt wurde: Die schriftliche Nachricht an den Adressaten hat Bestand.