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"Dessau Dancers" "Dessau Dancers": Premiere mit Breakdance-Veteranen Regisseur und Schauspielern

Von Ute König 17.04.2015, 18:47
Ein ausverkauftes Kino und die Breakdancer von einst in der ersten Reihe: „Dessau Dancers“ feierte am Donnerstag Premiere.
Ein ausverkauftes Kino und die Breakdancer von einst in der ersten Reihe: „Dessau Dancers“ feierte am Donnerstag Premiere. RUTTKE Lizenz

Dessau - Der Medienrummel war groß. Zwei Stunden lang gaben Schauspieler Gordon Kämmerer, Sonja Gerhardt, Sebi Jaeger alias „B-Boy Killa Sebi“ und Regisseur Jan Martin Scharf fast ununterbrochen Interviews. Sie mögen nicht zu den größten Stars gehören und ihr Film ist auch kein Meisterwerk. Aber in der Stadt Dessau, die im Film-Namen „Dessau Dancers“ auftaucht, war das am Donnerstagabend zur Premiere in der UCI Kinowelt egal.

„Dessau Dancers“ ist ein Film über die Breakdance-Szene der DDR, der zumindest inhaltlich in Dessau spielt. Und es hatte einfach einen besonderen Charme, diese Ost-Komödie in der namensgebenden Stadt gemeinsam mit dem Filmteam zu schauen. Auch zahlreiche Veteranen der echten Dessauer Breakdancer aus den 1980er Jahren wollten sich dieses Ereignis nicht nehmen lassen. „Ihr“, sagte einer, „habt da ja unsere Jugend auf die Leinwand gebracht.“

Sebi Jaeger war bereits Deutscher Breakdance-Meister

Gut ein dreiviertel Jahr hatten sich Kämmerer, Gerhardt und Jaeger auf ihre Rollen vorbereitet. Ganz neu war ihnen das Tanzen an sich nicht. Sebi Jaeger alias „B-Boy Killa Sebi“ war bereits Deutscher Breakdance-Meister. Kämmerer hatte in seiner Jugend gebreakt. Gerhardt genoss eine Ballett- und Jazzdance-Ausbildung.

In dem Film geht es um den 18-jährigen Frank (Gordon Kämmerer). Er ist wie elektrisiert, als er im Sommer 1985 im Kino zum ersten Mal den Film „Beatstreet“ sieht. Mit gleichgesinnten Freunden gründet er in Dessau die „Break Beaters“. Die Truppe tanzt auf der Straße und bildet bald die Speerspitze der Breakdance-Bewegung in der DDR. Doch schneller als es ihnen lieb ist, wird auch die Staatsmacht auf die Straßentänzer aufmerksam. So wird aus Breakdance „akrobatischer Schautanz“ - und die „Break Beaters“ werden als Vorzeigetruppe aufgebaut, durch das Land geschickt und bald gefeiert wie Rockstars. Doch der Ruhm hat seinen Preis.

Dessau Dancers ist noch bis zum 22. April, täglich (außer Sonntag) um 17.30 Uhr und 20.30 Uhr im Kiez-Kino zu sehen. Auch in der UCI Kinowelt läuft der Streifen täglich mehrmals. Genauere Infos zu den Spielzeiten unter www.uci-kinowelt.de.  

„Für mich war es aber sehr schwer“, gab Sonja Gerhardt im Interview zu. Statt Haltung war plötzlich Lockerheit gefragt. Doch den Schauspielern wurden die aktuellen Breakdance-Größen „Hawk“ und „Storm“ zur Seite gestellt, mit denen sie ihre Choreographien für „Dessau Dancers“ erarbeiteten. Und bei den ganz schwierigen Übungen wurden Kämmerer und Gerhardt durch Doubles ersetzt.

Auch Jaeger, der Deutsche Meister, musste sich für seine Rolle umgewöhnen. In den vergangenen 30 Jahren hat sich der Breakdance deutlich verändert. „Mit der heutigen Sehgewohnheiten wirken die Moves der 80er Jahre nicht mehr so spektakulär“, erklärte Regisseur Jan Martin Scharf. Es galt eine Balance zu finden, den Tanzstil von damals begreifbar zu machen, ohne ihn alt und lächerlich wirken zu lassen. „Wir haben deshalb“, erklärte Scharf, „alte mit neuen Moves kombiniert.“

Aus der Sicht der echten Dessau Dancers ist dieser Balanceakt gelungen. Nachdem die „Crew“ im Film vor der SED-Obrigkeit getanzt hatte, stand deren Urteil schnell fest: „Wir machen diesen Breek-Tanz sozialistisch!“ Und auch die Zuschauer im Dessauer Kino gaben begeisterten Szenenapplaus. Und nicht nur da. Vieles sei sehr nah an der damaligen Zeit, befanden die Originale im Publikum. Der Auftritt einer Breakdance-Gruppe im „Kessel Buntes“ sei beispielsweise genauso abgelaufen. „Wir haben bewusst Zitate aus der echten Szene eingebaut“, sagte Produzentin Jana Velber.

Kritik an der Wahl der Drehorte

Wenig Verständnis gab es allerdings für die Wahl der Drehorte. „Dessau Dancers“ spielt zwar in Dessau, doch keine einzige Szene ist hier gedreht worden. Die Außenaufnahmen entstanden in Halle, die Innenaufnahmen in Köln. „Wir hätten sehr gerne hier gedreht“, betonte Regisseur Scharf. Doch auf der Museumskreuzung, wo sich die Dessauer Breaker damals trafen, sei schlichtweg zu viel Verkehr gewesen. Das Gelände der alten Brauerei hatte noch in der engeren Auswahl gestanden. „Die Backsteinoptik kommt der Bronx sehr nahe, in der der Dokumentarfilm „Beat Street“ spielt und der ja die ganze Bewegung angestoßen hatte“, so Scharf. Doch dort war alles schon zu neu für einen Film, der in der DDR spielt.

Letztlich sei es aber auch nicht darauf angekommen, Schauplätze von damals in den Film zu bringen. „Es ist eine erfundene Geschichte mit erfundenen Figuren“, sagte Scharf, der die Geschichte als Destillat beschreibt. Breakdance-Gruppen gab es damals in sehr vielen Städten. „Und ihre Geschichten und Konflikte ähneln sich.“

Trotzdem brannte den echten Breakdancern von damals so manche Frage unter den Nägeln. „Habt ihr bei den Tanzszenen das Feeling aufgenommen, das wir damals hatten?“, wurden die Schauspieler gefragt. „Klar, in dem Moment, in dem du dich in die Rolle hineinversetzt, spürst du das total“, sagte Gordon Kämmerer. Glaubhaft. Und auch erleichtert, dass der Film gut ankam. Dass die schon ein wenig in die Jahre gekommenen Breaker das Feeling immer noch in sich tragen - das hatten sie schon vor der Vorstellung beim spontanen Breakdance-Battle im Foyer gezeigt. (mz)

Die Helden von früher zeigten, dass sie es noch immer können.
Die Helden von früher zeigten, dass sie es noch immer können.
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