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Stell dir vor, es wär’ Frieden Botschaft auf 26 Metern: Dessauer Graffiti-Künstler setzen unübersehbares Zeichen für Frieden in der Ukraine

Von Silvia Bürkmann Aktualisiert: 21.03.2022, 14:02
Für die Graffiti-Kunst auf 65 Quadratmetern Fläche brauchte es in Summe 30 Farbdosen.
Für die Graffiti-Kunst auf 65 Quadratmetern Fläche brauchte es in Summe 30 Farbdosen. (Foto: Thomas Ruttke)

Dessau/MZ - Das ist ohne Zweifel ein Blickfang. Ein „Eyecatcher“, würden die Macher Jakob Wolf und Till Neuenfels wohl eher sagen: Auf einer alten Mauer entlang der Bitterfelder Straße entrollt sich seit der vergangenen Woche auf 26 Metern Länge mit 2,50 Metern übermannshoch ein Graffito in strahlend-leuchtenden Farben. Und mit einer unmissverständlichen Botschaft. Nicht eine kleine, sondern eine große weiße Friedenstaube entfaltet ihre Flügel vor den ukrainischen Nationalfarben Blau und Gelb.

In dem Fries sagt ein einziges Wort alles: „Imagine“. Entstanden 1971 während des Vietnamkrieges aus Feder und Stimme John Lennons und bis heute ewiger Protestsong und Hoffnungssymbol schlechthin: Stell dir eine Welt ohne Himmel und Hölle vor, ohne Grund für Gier und Hunger, in der nichts lohnt, zu töten oder zu sterben und in der alle Menschen in Frieden leben. Für eine Menschheit in Brüderlichkeit, die sich die ganze Welt teilt. Stell dir vor... Imagine.

Die unzähligen Assoziationen, die dieses eine Wort seit Jahrzehnten immer wieder hervorruft, dient den beiden Graffiti-Künstlern als eindeutiger Hinweis für ihr Antikriegsbild vor dem brennend aktuellem Hintergrund der russischen Invasion in der Ukraine. Entstanden ist das Bild von entschiedener, geübter und schneller Hand. „Unterm Strich haben wir zweimal vier Stunden daran gearbeitet“, sagt Jakob Wolf. Wie auch sein gleichaltriger Mitstreiter Till Neuenfels kam der heute 40-Jährige aus Halle als Design-Student an die Hochschule Anhalt nach Dessau, hat das Bachelor-Studium 2012 abgeschlossen und bis 2015 dann noch den Master aufgesattelt. 2009 bereits ist der Hallenser in Dessau heimisch geworden und seither dem Kulturbetrieb in der Stadt verbunden. Als Illustrator und Gestalter ist er seither freischaffend unterwegs.

Ansage vor  ukrainischen Nationalfarben: Das Graffiti (26 Meter lang,   2,50 Meter hoch) von  Jakob Wolf (l.) und Till Neuenfels   in der Bitterfeld Straße.
Ansage vor ukrainischen Nationalfarben: Das Graffiti (26 Meter lang, 2,50 Meter hoch) von Jakob Wolf (l.) und Till Neuenfels in der Bitterfeld Straße.
(Foto: Thomas Ruttke)

Ehemalige Design-Studenten der Hochschule Anhalt in Dessau jetzt freischaffend unterwegs

Etwa seit Mitte der 1990er Jahre zur Graffiti-Szene gekommen, hatte Wolf in Dessau unter anderem als Auftragsarbeit den Bahntunnel unter der Bahnhofsbrücke mit großflächigen Tierpark-Motiven besprüht. Auch Mit-Sprayer Neuenfels ist nach dem Studium in Dessau geblieben und immer auf der Suche nach kleinen oder größeren Aufträgen.

Das aktuelle Graffito allerdings ist schon durch seine Größe außergewöhnlich. Die Wand an der Bitterfelder Straße hatte die Stadt den Sprayern aus der Jugendkultur schon länger als Fläche freigegeben. Für ihr Großplakat haben Wolf und Neuenfels nun also Werke ihrer Vorgänger aus der Sprayer-Community „übermalt“. „Das allerdings ist in der Szene normal und haben unsere Vorgänger gewusst und akzeptiert“, sagt Wolf.

Till Neuenfels an der Friedenstaube.
Till Neuenfels an der Friedenstaube.
(Foto: Thomas Ruttke)

Verschwunden sind silberchrome, szene-typische Schriftzüge, die auch nur szene-intern gelesen und verstanden werden und für den Außenstehenden bloß kryptisch erscheinen.

Dessauer Streetworker unterstützte Aktion und St. Johannis GmbH spendete Farbdosen

Bei ihrer aktuellen Arbeit haben die freischaffenden Künstler auch Unterstützung von Streetworker Sven Trautwig erhalten. Die St. Johannis GmbH unterstützt die Straßensozialarbeit in diesem Fall mit der Spende von verschiedenen Farbdosen. Die kosten aktuell pro Stück knapp 5 Euro. Und insgesamt haben Wolf und Neuenfalls für die rund 65 Quadratmeter etwa 30 Farbdosen gebraucht.

„Und dabei haben wir ganz gezielt noch Farbe gespart, und die Flächen für das Taubengefieber und die Großbuchstaben IMAGINE vorher mit Weiß gerollt“, ist Jakob Wolf zufrieden. Das Werk wirkt aus der Entfernung. Und die Botschaft versteht jeder.