Bootssteg am Kornhaus Bootssteg in Dessau: Legt bald wieder ein Schiff am Kornhaus an?

Dessau-Roßlau - Was hat Dessau nicht, was Wittenberg, Magdeburg, Naumburg, Schönebeck, Bernburg, Bitterfeld und weitere Städte im Lande haben?
Wer vom Kornhaus aus auf die Elbe blickt, sieht nichts. Seit zwei Jahren schon trifft man am Schiffsanleger kein Fahrgastschiff an. Dessau-Roßlau lässt dennoch in jedem Frühjahr einen Schiffsanleger in die Elbe zu Wasser und begründet das mit einer Vertragsklausel mit dem Fördermittelgeldgeber.
Doch wie geht es weiter nach Lunik, der MS Fürst Leopold und der MS Dessau-Roßlau? Welche Möglichkeiten sieht der Tourismus-Experte Matthias Beyersdorfer? MZ-Redakteurin Annette Gens sprach mit dem Bereichsleiter für touristische Infrastruktur bei der in Magdeburg ansässigen Förderservice GmbH der Investitionsbank Sachsen-Anhalt.
Überall im Lande geht es auf große Fahrt. Nur in Dessau-Roßlau nicht. Müssen wir die Hoffnung nach einem Fahrgastschiff komplett aufgeben?
Beyersdorfer: Ich persönlich sehe Chancen, wieder einen Schifffahrtsbetrieb in der Stadt zu etablieren. Und das nicht nur, weil es hier eine lange Tradition gab.
Was macht Sie so optimistisch?
Beyersdorfer: Seit Kreuzfahrten hoch im Kurs stehen, punktet auch die Fahrgastschifffahrt im Land. Sachsen-Anhalt verzeichnet pro Jahr rund eine halbe Millionen Fahrgäste auf Elbe, Saale, am Bernsteinsee bei Bitterfeld, am Geiseltalsee, in Merseburg oder Bad Kösen. Die Nachfrage ist da, auch wenn sie von Region zu Region noch recht unterschiedlich hoch ist. Die Leute wollen Schiff fahren.
Na dann Leinen los...
Beyersdorfer: Natürlich muss sich ein Investor finden. Und dieser muss sich bewusst sein, dass es heutzutage für einen wirtschaftlichen Erfolg nicht ausreicht, ein Schiff am Kornhaus zu stationieren. Die Leute wollen mehr. Sie wollen auf Schiffen ihren Geburtstag feiern, Sommernachtsfahrten unternehmen oder naturnah die Elbe genießen.
Die Verknüpfung von Schiffsfahrten und Kultur haben Zukunft. Auf der Elbe stimmen dafür übrigens die infrastrukturellen Voraussetzungen. In Magdeburg, in Brambach (privat - die Red.), Breitenhagen, Coswig, Roßlau können Schiffe anlegen. Und auch der Schiffsanleger in Wittenberg ist ja öffentlich und wäre somit für ein Dessauer Fahrgastschiff nutzbar.
Das Land hat einen großen Teil der Schiffsanleger gefördert. Würde es auch die Anschaffung eines Fahrgastschiffes fördern?
Beyersdorfer: Das glaube ich nicht. Das geben die Fördervoraussetzungen nicht her. Die Investitionsbank hat aber eine ganze Reihe von Förderinstrumenten für Unternehmen und Gründer. Auch die Bürgschaftsbank Sachsen-Anhalt bietet Programme für Unternehmen an.
Mal abgesehen vom Schiff, nicht jeder x-Beliebige kann es führen.
Beyersdorfer: Stimmt. Früher gab es noch mehr Kapitäne, die da mitzogen. Ein Patent zu erwerben ist sehr aufwendig aber nicht unmöglich. Es zeigt sich, wer eine solche Unternehmensidee hat, der kann nicht von heute auf morgen Käpten werden. Die Unternehmensgründung muss gut vorbereitet werden.
In die Schiffsanleger wurde viel Geld investiert. Warum muss Dessau-Roßlau jetzt nachträglich Geld in die Hand nehmen, um die Anleger saisonal an der Elbe zu stationieren, obwohl gar kein Schiff kommt?
Beyersdorfer: Ich glaube niemand verlangt ernsthaft, dass Dessau-Roßlau jährlich Geld aufwendet, um den Anleger zur Elbe und zurück zu schaffen, obwohl klar ist dass kein Schiff kommen wird. Und wenn sie die Schiffsanleger zur Elbe bringt, was spricht dagegen, den Anleger auch für den privaten Bootsverkehr freizugeben. Es ist ein schönes Erlebnis für Gäste und Besucher am Kornhaus, Bootsanlegemanöver verfolgen zu können.
Und zweitens fördert das den Tourismus. Ich kann nicht erkennen, weshalb das förderschädlich sein soll. Man müsste aber sicherlich für die Freizeitkapitäne eindeutig kennzeichnen, dass Fahrgastschiffe immer Vorrang haben. Sollte einmal ein Schiff kommen, dürfen Sportboote zu dieser Zeit nicht anlegen.
Was würde passieren, wenn Dessau-Roßlau den Anleger im Winterlager lässt bis sich ein neuer Investor meldet?
Beyersdorfer: Was sollte denn passieren? Mit dem Vertrag will doch der Fördergeldgeber nur sicher stellen, dass der Schiffsanleger ab Anschaffungstermin für mindestens 15 Jahre entsprechend dem Förderziel in der Stadt verfügbar ist. Wer sich nicht sicher ist, der kann sich bei der Investitionsbank in dieser Frage vergewissern. (mz)